Ankunftszentrum für Flüchtlinge

Mannheim vertagt die Entscheidung

Die CDU-Fraktion scheiterte mit Resolutions-Antrag im Gemeinderat - Oberbürgermeister Kurz will warten, "bis das Land eine konkrete Planung vorlegt"

25.07.2017 UPDATE: 26.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden

Als erste Wahl ist Coleman in Mannheim im Gespräch. Das Areal wird derzeit noch von den US-Streitkräften genutzt. Foto: Gerold

Von Alexander Albrecht

Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet: Der Landesrechnungshof empfiehlt, das zentrale Registrierungszentrum für Flüchtlinge in Baden-Württemberg im Heidelberger Patrick Henry Village (PHV) weiterzuführen. Nun ist der "Rat" der Finanzaufseher aber erstens politisch nicht bindend, und zweitens gibt es eine feste Zusage der Landesregierung, das ehemalige Gelände der US-Streitkräfte zu räumen. Innenminister Thomas Strobl will sich an das Versprechen halten und favorisiert weiter die Coleman Barracks in Mannheim als künftigen Standort. Dort ist die Army allerdings noch zugange - Zukunft offen.

Freunde hat sich Strobl bei seinen Parteikollegen in der Quadratestadt nicht gemacht. Die CDU fordert am Dienstag im Gemeinderat erneut, das Flüchtlingsdrehkreuz per Resolution abzulehnen. Und stößt mit dem Antrag wie vor einer Woche im Hauptausschuss auf breite Ablehnung. Stattdessen folgt eine große Mehrheit OB Peter Kurz, der sich dafür ausspricht, das Thema zu vertagen - "bis das Land eine konkrete Planung vorlegt". Zugleich lässt er Gefallen für ein Ankunftszentrum auf Coleman durchblicken. Kurz hat Signale aus Stuttgart empfangen, wonach die Stadt in diesem Fall Flüchtlinge nicht dauerhaft unterbringen muss. Für den OB ein klares Privileg.

Kurz nennt konkrete Zahlen: In der sogenannten Anschlussunterbringung würden Mannheim monatlich 70 bis 100 Menschen zugewiesen. Das sind zwischen 2000 und 2500 Flüchtlinge in zwei bis zweieinhalb Jahren, für die die Stadt letztlich auch dezentral gelegene Wohnungen suchen muss. Der Immobilienmarkt ist allerdings stark angespannt; hinzu kommt, dass sich Mannheim mit Blick auf die Integration von mehr als 10.000 Zuwanderern aus Bulgarien und Rumänien am Anschlag sieht. "Deshalb sollten wir ein Angebot aus Stuttgart sorgfältig prüfen", appelliert Kurz. Nikolas Löbel kann er damit nicht überzeugen. Der CDU-Fraktionsvize hält Kurz vor, keinen Einfluss auf die Entscheidung nehmen zu wollen, die Tür für das Ankunftszentrum "sperrangelweit" offen zu lassen. Löbel argumentiert ebenfalls mit den Migranten aus Südosteuropa und erinnert daran, dass Mannheim in der Hochphase der Flüchtlingskrise zeitweise mehr als 15.000 Menschen aufgenommen hat: "Als weltoffene, tolerante Stadt sollten wir auch künftig Geflüchtete bei uns willkommen heißen", sagt Löbel, "aber mit einem Ankunftszentrum werden wir noch stärker belastet statt dauerhaft entlastet".

Außerhalb der CDU unterstützt nur die Mannheimer Liste den Resolutionsvorstoß. Ihr Fraktionssprecher Achim Weizel wertet einen möglichen Umzug vom PHV auf Coleman als "finanzielle Katastrophe" für das Land, das das Drehkreuz betreibt. SPD-Fraktionschef Ralf Eisenhauer wirft dem Bundestagskandidaten Löbel hingegen Wahlkampf vor. Fast schon genüsslich zitiert er aus einem Interview der RNZ mit Peter Hauk. Darin hatte der Vorsitzende der CDU Nordbaden betont, Mannheim würde wie derzeit Heidelberg durch das Drehkreuz bei der kommunalen Unterbringung von Flüchtlingen entlastet. Die Neuankömmlinge würden sich "nur wenige Tage" in der Stadt aufhalten und wären dort "eigentlich nicht präsent". Er hoffe deshalb, "dass die Mannheimer Parteifreunde zu gleichen Erkenntnisse kommen wie der dortige Oberbürgermeister".

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FDP-Stadtrat Volker Beisel ("Wir sprechen über ungelegte Eier") stimmte ebenso für die Vertagung wie die Grünen. Dabei ist auch die Ökopartei gegen ein Ankunftszentrum auf Coleman - aber aus anderen Gründen wie die CDU. Für die Grünen sei die Vorstellung "unerträglich", dass Kriegsflüchtlinge auf einer "aktiven" Kaserne mit Panzern und Militär untergebracht werden, sagt ihr Sprecher Dirk Grunert. Eine entsprechende Resolution zieht die Fraktion zurück. Tatsächlich ist noch völlig unklar, ob und wann die US-Armee Coleman verlässt. Kurz geht davon aus, dass sich vor 2019 nichts tun wird. Die Flüchtlinge bleiben nur wenige Tage bis Wochen im Ankunftszentrum, werden dort untersucht, registriert und stellen den Asylantrag. Anschließend werden sie einer anderen Kommune oder einem Landkreis in Baden-Württemberg zugewiesen.

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