Wer eine Stunde lang im Bereich von Parkscheinautomaten parkt, zahlt bisher 1,50 Euro. Stadt und Gemeinderat wollen die Gebühren erhöhen: Ab dem nächsten Jahr sollen Autofahrer 2,10 Euro berappen, ab 2022 sogar das Doppelte, nämlich drei Euro. Foto: Philipp Rothe
Heidelberg. (hö) Trotz aller Warnungen des Einzelhandels folgte am Mittwochabend eine Mehrheit des Haupt- und Finanzausschusses nach heftiger Debatte dem Vorschlag der Verwaltung. Demnach soll bis 2023 die Gebühr an Parkscheinautomaten schrittweise verdoppelt werden: von bisher 1,50 Euro pro Stunde auf 2,10 Euro schon ab nächstem Jahr auf schließlich drei Euro ab 2023.
In der Debatte machte sich Sven Geschinski die Anliegen der Einzelhändler zu eigen: "Das verschlechtert unsere Wettbewerbsbedingungen. Die Einkäufer fahren dann zu den kostenlosen Parkplätzen nach Viernheim. Hier geht es um Abzocke, es werden die Gebühren ohne Gegenleistung erhöht." Bei der CDU dachte man so ähnlich, tat sich aber mit einer ablehnenden Haltung schwer, wie Jan Gradel zugab: "Wir sind uns noch uneins, wie wir später im Gemeinderat abstimmen werden, daher enthalten wir uns jetzt. Wir sehen zwar die verstärkten Anstrengungen für den Klimaschutz, aber auch die Schwierigkeiten für den Einzelhandel in der Innenstadt. Diese Erhöhung ist einfach zu stark."
Um dem Vorwurf, hier gehe es vor allem um Abzocke, zu begegnen, forderten auch die Befürworter der Gebührenerhöhung, man solle das eingenommene Geld – die Stadt rechnet mit Mehreinnahmen von 400.000 Euro ab 2020 und sogar mit einer Million Euro ab 2023 – nicht einfach so im Haushalt "versickern" lassen. So forderten Christoph Rothfuß (Grüne) und Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke), mit den Mehreinnahmen den Öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen: Rothfuß meinte: "Ich denke da an kostenlose Busse und Bahnen an den Samstagen – und wenn das nicht geht, wenigstens in der Einkaufszeit von 12 bis 18 Uhr."
Update: Donnerstag, 5. Dezember 2019, 20.30 Uhr
Von Timo Teufert
Heidelberg. Stadtverwaltung und Gemeinderat wollen die Gebühren an Parkscheinautomaten erhöhen: Ab kommendem Jahr auf 2,10 Euro pro Stunde, ab 2022 sollen sie sich im Vergleich zu heute verdoppeln und dann bei drei Euro pro Stunde liegen. Grund für die Erhöhung: Man möchte, dass Autofahrer auf Bus und Bahn umsteigen oder mit dem Fahrrad in die Stadt fahren. Beim Citymarketingverein Pro Heidelberg ist man wenig angetan von der Idee und findet den Zeitpunkt der Behandlung in den städtischen Gremien direkt im Weihnachtsgeschäft – heute wird das Thema ab 17.30 Uhr im Haupt- und Finanzausschuss im Rathaus, Marktplatz 10, beraten – für den angeschlagenen stationären Handel mehr als unglücklich.
"Sich nur auf die Autofahrer einzuschießen und keine Alternativen anzubieten, ist der falsche Weg", kritisiert André Wetzel, Filialleiter bei Expert Esch in Heidelberg und Beisitzer im Pro Heidelberg-Vorstand, den Vorschlag der Verwaltung. Das Angebot im öffentlichen Nahverkehr sei dafür nicht attraktiv genug. "Ich habe keine Fantasie, wie Busse und Bahnen mit den jetzigen Kapazitäten noch mehr Menschen transportieren könnten", so Wetzel. Schon heute bekomme er von Kunden und Mitarbeitern die Rückmeldung, dass Busse und Bahnen überfüllt seien und deshalb an Haltestellen einfach durchfahren würden.
"Die Themen Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit sind auch wichtige Themen für den Handel", versichert Nikolina Visevic, Geschäftsstellenleiterin von Pro Heidelberg. Allerdings kämen laut Studien 60 Prozent der Kunden in der Innenstadt aus dem Umland in das Oberzentrum Heidelberg. Und von außerhalb sei es teilweise schwierig, mit dem Nahverkehr anzureisen. "Ich glaube zudem nicht, dass jemand mutwillig mit dem Auto in die Stadt fährt. Es besteht oft genug einfach die Notwendigkeit dafür", so Wetzel.
Schließlich hätten die Händler nicht nur mit den Parkgebühren, sondern auch mit Frequenzrückgängen und dem verstärkten Online-Handel zu kämpfen. "Wir würden uns deshalb wünschen, dass Stadt und Kommunalpolitik den Handel mehr in den Blick nehmen würden", sagt Visevic. Denn von den Heidelbergern allein könnten die Heidelberger Händler nicht leben, unterstreicht Wetzel.
Er betont außerdem, dass es sich bei den Parkplätzen, für die die höheren Gebühren dann fällig werden, vor allem um solche in den Randgebieten, nicht aber in der Innenstadt handle. Denn in der Altstadt gibt es vor allem Parkhäuser, in denen die Kunden parken müssen. "Und in den Randbezirken, die die Erhöhung trifft, haben es die Händler schon schwer genug", findet Wetzel. Gerade in den Stadtteilzentren gebe es viele inhabergeführte Einzelhandelsgeschäfte, für die sich die vielen kleinen Probleme im schlimmsten Fall zu einer Existenzfrage verschärfen würden.
"Wenn die Stadt jetzt das Signal der Gebührenerhöhung aussendet, sind die Kunden schneller im Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim, wo man kostenlos parken kann, als den Händlern lieb ist. Oder sie kaufen gleich online", ärgert sich Wetzel.