Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Einem Löwen tief in die Augen schauen und beim Abendessen der Elefantenbullen dabei sein: 15 RNZ-Leser erlebten den Heidelberger Zoo am Freitag noch einmal ganz anders. Eine halbe Stunde nachdem die letzten "normalen" Besucher den Tiergarten verlassen hatten, öffnete der Zoo seine Türen für die Sommertouristen. Mehr als 200 Leser hatten sich für die Tour beworben, die im letzten Jahr erstmals im Angebot war. Coronabedingt war Kater Tic allerdings das einzige Tier, das sich Streicheleinheiten der Leser abholen konnte.
Als Sandra Dering von der Zoo-Schule die Leser begrüßte, war es zwar noch hell, doch bereits so still, dass das Löwengebrüll gut zu hören war. Los ging’s bei den beiden syrischen Braunbären Martin und Ronja, die sich allerdings in eine Ecke ihres Geheges verzogen hatten. Und auch die Korsakfüchse – ihre Mitbewohner – hatten es sich schon in den vielen Verstecken gemütlich gemacht. Die brauchen sie auch: "Die Bären könnten sie sonst schnell vernaschen", erklärte Dering.
Agiler zeigten sich die Keas in ihrer Voliere. Die aufgeweckten Vögel nehmen gerade an einer kleinen Studie teil, in der sie an Bildschirmen Rätsel lösen. Die Tiere möchten gefordert werden. In ihrer neuseeländischen Heimat seien die Keas fast schon eine kleine Plage, erklärte Dering. Wenn ihnen nämlich langweilig ist, knacken sie zum Spaß gerne Autos auf.
Die Pelikane hatten es sich schon für die Nacht gemütlich gemacht und ihre Köpfe auf den Rücken gelegt, als die RNZ-Leser vorbei kamen. Dabei erfuhren sie von einer Eigenheit des Magens dieser Tiere, die auch für Menschen nützlich wäre: "Sie haben eine Klappe vor dem Magen, die sich verschließt, wenn er voll ist. So können sie sich nicht überfressen", erklärte Dering. Deshalb sieht man Pelikane auch gelegentlich mit einem Fisch im Kehlsack oder Hals. Der passte einfach nicht mehr rein.
Ein Höhepunkt waren natürlich die Elefanten: Obwohl deren Haus im Moment wegen Corona für Besucher geschlossen ist, durften die RNZ-Leser in kleinen Gruppen hinein und den Dickhäutern beim Abendessen zuschauen. Dabei erfuhren sie auch, wie so eine Jungbullen-Wohngemeinschaft funktioniert. Natürlich will auch hier jemand Chef sein. Und RNZ-Patenelefant Ludwig ist zwar der Jüngste, hat allerdings die größten Stoßzähne und Ambitionen, das Sagen zu haben. Allerdings hat sein Führungsanspruch ihn auch die Haare am Schwanz gekostet, die ihm die anderen abgeknabbert haben, um ihn zu ärgern.
Vor dem Elefantenhaus gesellte sich Kater Tic zu den Sommertouristen und zog alle Blicke auf sich. Der rote Kater sorgt für ein mäusefreies Elefantenhaus. Die kleinen Nager stehen im Ruf, den Dickhäutern Angst einzujagen – und das stimmt tatsächlich, so Dering. Weil die Elefanten sich so schlecht umsehen können, macht ihnen alles Kleingetier Angst, das um ihre Füße wuselt.
Nach der Verabschiedung von Kater Tic ging es zu deutlich größeren Katzen: Die beiden Berberlöwen Binta und Chalid sahen es allerdings nicht gern, in ihrer Nachtruhe gestört zu werden. Männchen Chalid kam nah an den Zaun, um den späten Besuchern klar zu machen, dass das sein Revier ist. In der mittlerweile einsetzenden Dämmerung sorgten die schiere Größe des Tiers und sein Gebrüll schon für ein mulmiges Gefühl.
Zum Abschluss ging es untermalt vom Geklapper der Störche zu den gemütlichen Trampeltieren. Allerdings sollte man sich mit denen auch nicht anlegen, verriet Dering. Die Tiere spucken nicht nur. Sie beenden einen Kampf auch damit, dass sie sich auf den Gegner legen, bis der sich nicht mehr rührt.
Die RNZ-Leser, größtenteils eingefleischte Zoo-Fans, teilweise mit einer Jahreskarte, waren begeistert von der abendlichen Führung. "Es ist doch nochmal etwas anderes", sagt Nelly Hahn aus Bammental. Die Löwen würden sich tagsüber eher zurückziehen, jetzt habe man sie "so ganz nah" erlebt.
Die RNZ-Sommertour zu Gast im Zoo Heidelberg