In der Schlierbacher Wolfsbrunnensteige stürzte am Montag ein Radfahrer über die gerade installierten "Kölner Teller". Foto: Alex
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Die "Kölner Teller", die am Montag zum Sturz eines Radfahrers in Schlierbach führten - er verletzte sich lebensgefährlich am Kopf -, bleiben umstritten. Ein betroffener Leser berichtet von seinen schmerzvollen Erfahrungen mit diesen Metalhubbeln auf der Fahrbahn - und auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub rät, auf diese Art der Geschwindigkeitsreduzierung zu verzichten: Sie sei schlicht zu gefährlich.
Schmerzvolle Erfahrungen in der Region: Matthias Kirsch aus Neidenstein ist ein geübter Radler, jedes Jahr reißt er 7000 bis 10.000 Kilometer herunter, zweimal pro Woche geht es per Velo zur Arbeit nach Heidelberg. Normalerweise fährt er die Bundesstraße entlang, aber wegen der Baustelle in Neckargemünd nahm er an einem Julitag die kleinen Straßen jenseits der Bahnlinie. Dort, unweit vom Friedhof, an der Einmündung einer Bahnunterführung auf die B 45, bemerkte er kaum die "Kölner Teller", er konzentrierte sich eher auf die grüne Ampel. Kirsch knallte gegen den Hubbel und stürzte vornüber. Zum Glück hatte er einen Helm auf, aber seine Schulter und seine Rippen hatten schwer gelitten: Fraktur und Prellung - vom blutenden Knie und Ellenbogen mal abgesehen. Er kam ins Krankenhaus und war drei Wochen lang krankgeschrieben. Noch heute hat er Beschwerden in der Schulter, noch immer bekommt er Krankengymnastik - und er hofft sehr, dass keine Beeinträchtigungen zurückbleiben. Den Neckargemünder Fahrbahnnoppen nähert er sich seither mit größtem Respekt: "Ich fahre ganz rechts langsam an ihnen vorbei. Manchmal bin ich ganz dicht dran, doch noch abzusteigen."
Schmerzvolle Erfahrungen anderswo: Über einen ähnlichen Fall aus Weimar berichtete vor drei Jahren die Thüringer Landeszeitung: In der dortigen Damaschkestraße sah ein ebenfalls erfahrener Radfahrer die silbernen Noppen auf der Fahrbahn nicht: Es war dunkel, und die Laternen waren aus. Bei dem Sturz zog sich der Mann einen komplizierten Unterkieferbruch zu. Ein noch schlimmerer Unfall trug sich in Gaulsheim bei Bingen zu: Ein Fahrradtourist aus Niedersachsen fuhr im September 2015 über einen "Kölner Teller", kam ins Straucheln und stürzte. Er wurde lebensgefährlich verletzt. Anwohner berichteten, dass es an der Stelle bereits mehrere, teils schwere Unfälle gegeben habe.
Das sagen die Gerichte: Bereits vor 15 Jahren wies das Frankfurter Oberlandesgericht die Klage eines Radfahrers, der gestürzt war und sich einen Arm gebrochen hatte, nachdem er über einen "Kölner Teller" gefahren war, gegen eine Stadtverwaltung ab. Er hatte argumentiert, die Stadt hätte Hinweisschilder aufstellen müssen, um vor allem Radler zu warnen. Das Gericht urteilte, dass für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer diese Hindernisse gut erkennbar, Warnschilder also nicht nötig seien. Zwar wären die "Kölner Teller" für Radfahrer nicht ungefährlich, räumte der Richter ein: Man könne sie nur sehr langsam überfahren (mit höchstens zehn Stundenkilometern), ansonsten drohe ein Sturz. Dieser Fall ist aber etwas anders gelagert als in Heidelberg oder Neckargemünd: Es handelte sich um eine Einbahnstraße, und zwischen den Hubbeln war ein Meter Platz für die Radler.
Das sagt die Herstellerfirma: Das in Köln ansässige Unternehmen Debuschwitz - daher auch der Name "Kölner Teller" - rät, mindestens einen Meter rechts und links von den Metallnoppen als Fahrradfurt freizulassen. Diese sollte durch eine weiße Markierung von der Fahrbahn getrennt sein und am besten mit einem Radpiktogramm versehen werden.
Das raten die Experten: Michael Fröhlich vom Heidelberger Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) war gestern selbst vor Ort in Schlierbach, um sich ein Bild zu machen. Sein Urteil: "Ich finde zwar prinzipiell eine Geschwindigkeitsdrosselung gut, aber ich bin mir nicht sicher, ob das das richtige Mittel ist." Es gebe zu wenig Platz - auch wegen der Parkplätze -, um an den "Kölner Tellern" vorbeizukommen, er fände Blumenkübel oder die in Heidelberg bereits bekannten "Straßenkissen" probater. Wenn alles nichts helfe, sei es fast sinnvoller, in der Straßenmitte eine Fahrradfurt einzurichten. Oder, noch besser: "Am sinnvollsten fände ich hier eine Einbahnstraßenregelung." Beim ADFC-Bundesverband in Berlin wunderte sich Sprecherin Stephanie Krone, wieso es eigentlich die Metallnoppen noch gibt: "Sie gehören eigentlich aus dem Verkehr gezogen, denn sie sind gefährlich für Fahrrad- und Motorradfahrer. Sogar wenn man langsam unterwegs ist, kann man leicht zu Fall gebracht werden." Generell, so Krone, sollten die "Kölner Teller", wenn überhaupt, nur auf Straßen kommen, die rechts und links einen Extra-Radweg haben.