Schlagabtausch mit deutlichen Worten beim zehnten Peterskirchen-Dialog zum Thema Rüstungsexporte (v.l.): Kiflemariam Gebrewold, Klaus-Dieter Ordemann, Peter Scheben und Martin Dutzmann. Foto: Philipp Rothe
Von Jonas Labrenz
Sie gehören zu den umstrittensten Produkten der deutschen Industrie. Konzerne wie "Heckler & Koch" produzieren Rüstungsgüter nicht nur für die hiesigen Streit- und Sicherheitskräfte, sondern verkaufen sie auch ins Ausland - und sorgen damit für zum Teil heftige Kritik. Der Streit hält schon lange an und wird bei jedem Skandal neu entfacht. Die Positionen und Argumente sind oft nicht vereinbar.
"Es muss nicht das Ziel dieses Abends sein, einen Konsens herzustellen", eröffnete Universitätspfarrer Hans-Georg Ulrichs am Donnerstag die Podiumsdiskussion zum Thema Rüstungsexporte mit Vertretern aus Politik, Industrie und Kirche. Rund 50 Zuhörer hatten sich in der Peterskirche eingefunden. Einen Konsens gab es nicht, dafür viele klare Worte.
"Weder die Produktion noch der Export werden grundsätzlich abgelehnt", stellt Martin Dutzmann von der "Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung" (GKKE) zu Beginn seine Position klar. Die 1973 gegründete Institution "sichtet das Gestrüpp der Zahlen und bereitet die Informationen auf", erklärt Dutzmann. Jedes Jahr veröffentlicht sie dazu einen Bericht. Und diese Zahlen gäben zu denken, meint er. Zwar unterliege der Export Schwankungen, "doch bei alldem gibt es einen anhaltenden Trend - und zwar nach oben", kritisiert Dutzmann. Katar, ein Land, das im Jemen Kriegspartei sei, habe im Jahr 2015 Rüstungsgüter im Wert von 1,6 Milliarden Euro erhalten und sei damit Empfängerland Nummer eins gewesen. Auch deshalb fordert Dutzmann eine Revision der gesetzlichen Grundlagen - und fordert damit seine Kontrahenten heraus.
Peter Scheben vom "Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie" (BDSV) will nicht auch noch eine Gesetzesnovellierung. Er zitiert aus dem Grundgesetz und stellt klar: "Insgesamt sehen wir uns als integralen Bestandteil deutscher Souveränität." Scheben sieht eine Ungleichbehandlung der Rüstungsindustrie: Bis zu eineinhalb Jahre müssten die Unternehmen teilweise warten, bis der Export erlaubt werde. "Das ist auch den Kunden schwer zu vermitteln", gibt er zu bedenken. Größere Transparenz lehnt er mit Verweis auf die "ebenfalls grundgesetzlich geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" ab und zieht sich wieder auf das sichere Terrain zurück. Dabei ist auch ihm klar: "Natürlich stellen wir Waffen her, die auch töten", so der Lobbyist.
Der als Regierungsdirektor im Bundeswirtschaftsministerium im Bereich der Exportkontrolle für Rüstungsgüter zuständige Klaus-Dieter Ordemann ist häufig Schebens Meinung und verteidigt größtenteils den Status quo. "Wir können ja nicht ein Land nicht mehr beliefern, nur weil dort Menschenrechtsverletzungen stattfinden", sagt er und provoziert damit das Gelächter der Zuschauer. "Dann haben wir ein Embargo", verteidigt sich Ordemann. Für ihn ist es wichtig, sich genau anzusehen, welche Güter exportiert würden. Minenräumgeräte oder schusssichere Scheiben seien schließlich auch Rüstungsgüter und würden nicht zum Töten eingesetzt.
Kiflemariam Gebrewold von der Evangelischen Landeskirche Baden bringt nach den Vorträgen und dem kurzen Schlagabtausch wieder Leben in die Runde. Er sagt: "Wir sind das Land der Dichter und Denker. Statt Waffen sollte man etwas Intelligenteres exportieren" - und erntet viel Applaus. Zum Schluss wird dann noch jemand aus dem Publikum unruhig und fragt Scheben, den Waffenlobbyisten, nach seinem Gehalt. Der reagiert gelassen: "Das ist nicht der Durchschnitt, der in Berlin-Mitte bei Verbänden gezahlt wird - eher darunter."