Marlene Schwöbel-Hug stand fast elf Jahre der Evangelischen Kirche in Heidelberg vor. Nun will sie wieder Pfarrerin werden. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Am Donnerstagabend kündigte die Stadtdekanin Marlene Schwöbel-Hug ihren Rückzug zum 30. September an, am Samstag schrieb sie dem Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh. Damit enden im Herbst gut elf Jahre, in denen die 63-Jährige die Evangelische Kirche in Heidelberg prägte. Anfang 2015 war sie für eine weitere achtjährige Amtszeit gewählt worden - auch wenn damals schon klar war, dass sie die nicht würde ausfüllen können, denn evangelische Pfarrer gehen mit 67 Jahren in den Ruhestand.
Schwöbel-Hug, die von sich sagt, sie habe sich "die Entscheidung nicht leicht gemacht", gibt vor allem persönliche Gründe für diesen unerwarteten Schritt an: Sie möchte mit ihrem Mann, der in Oberndorf lebt, nicht länger eine Fernbeziehung führen: "Ich habe mir überlegt, ob ich bis zu meiner Pensionierung Dekanin oder doch lieber wieder Pfarrerin sein will." Und da sie "mit Leib und Seele" Seelsorgerin sei, entschied sie sich, im Kirchenbezirk Offenburg, also ganz nah am Wohnort ihres Mannes Rolf Hug, eine Stelle als Vakanzvertreterin anzunehmen. "Ich werde im Juni 64. Und wenn ich noch drei Jahre arbeiten soll, dann will ich dort eine gute Zeit haben und mir neue Kontakte aufbauen."
Die Evangelische Kirche in Heidelberg, die sie nun verlässt, ist in einer nicht ganz einfachen Situation: Einerseits ist sie durch die einjährigen gelungenen Reformationsfeiern gestärkt, aber gerade die Kirchenleitung plagt sich seit Jahren mit einem gewaltigen Haushaltsdefizit herum. Als besondere Sorgenkinder gelten die Kindergärten, die hauptsächlich für das Minus verantwortlich sind, und die oft zu großen und maroden Immobilien. Und das hat auch an ihr genagt: "Ich bin eine große Verfechterin von kirchlichen Kindergärten, daher liegt mir deren finanzielle Situation schwer auf dem Herzen." Dass die Haushaltslage in den letzten Jahren die Schlagzeilen dominierte, habe sie "sehr belastet": "Dafür hänge ich zu sehr an dem, was eigentlich die Botschaft der Kirche ist. Und dass sie doch ein positives Bild verdient hätte." Aber sie will nicht mit ihrer Bilanz hadern: "Viele Probleme gibt es schon seit langer Zeit. Ich würde mich überschätzen, wenn ich als Person und dazu noch in relativ kurzer Zeit das Knäuel entwirren könnte." Und doch sei "eine ganze Menge geschafft" worden, beispielsweise die Fusion von Kirchengemeinden: "Das war nicht immer ganz einfach, und doch haben wir unser Ziel fast erreicht."
In ihrer Amtszeit gab es auch einige ins Persönliche reichende Debatten - man denke nur an das Gemeindezentrum auf dem Supermarkt, das zu Beginn ihrer Amtszeit, 2007, zwischen den Bergstadtteilen Boxberg und Emmertsgrund geplant war. Und doch geht sie nicht im Unfrieden: "Die Stadt Heidelberg ist mir trotz aller Auseinandersetzungen sehr ans Herz gewachsen - vor allem auch während des Reformationsjubiläums, das auch für mich ein guter Abschluss war."
Wenn es um ihren Nachfolger geht, will sie sich komplett heraushalten: "Ich werde mich weder bei der Suche noch bei der Wahl einmischen - und ich finde das auch klug so." Die Entscheidung liege in den Händen des Landesbischofs und des Oberkirchenrats. Schwöbel-Hug sagt dazu nur, dass es gut wäre, wenn jemand von außen die momentanen "Baustellen" des Dekanats mit einem frischen und distanzierten Blick angehen würde.
Und wie reagierten die Heidelberger - sofern sie von ihrem Rückzug gehört haben - bisher darauf? "Mit großem Verständnis, aber auch mit Traurigkeit. Und das ist ja auch, was zählt - wenn jemand sagt: ,Ich bin traurig, dass Du gehst.’"