Uwe Jakob mit seinem Weißkopfseeadler-Weibchen Mara vor dem Neubau des Königstuhlhotels. Besonders der Anbau, der an das Grundstück der Falknerei grenzt, ist deutlich höher geworden. Vom alten Gebäude war früher über der Hecke nur ein kleiner Teil des Daches zu sehen. Foto: Hentschel
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Der Neubau des Königstuhlhotels war rechtswidrig und hätte in diesen Ausmaßen nicht genehmigt werden dürfen. Durch diese Kernaussage des Petitionsausschusses des Landtages fühlt sich Uwe Jakob bestätigt. Seit fast 20 Jahren betreibt er auf Heidelbergs Hausberg die Falknerei Tinnunculus. Und seit gut vier Jahren ärgert er sich über Baulärm und plötzlich aufgestellte Kräne, die seine Greifvögel irritieren. Vor allem ärgert er sich aber über den nördlichen Anbau, der seit dem Frühjahr 2019 immer mehr in die Höhe wuchs.
"Das ist einige Meter höher als das, was früher hier stand", sagt Jakob und zeigt ein altes Foto, auf dem das Dach des Anbaus gerade noch über seine Hecke ragte. Jetzt sind von der gleichen Stelle aus zwei zusätzliche Stockwerke des fertiggestellten Hotels zu sehen. Als die Mauern im Sommer 2019 immer weiter in die Höhe wuchsen, legte Jakob zunächst beim Baurechtsamt und später beim Regierungspräsidium Karlsruhe Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. "Der dominante, fünfstöckige Bau reicht so nah an mein Pachtgrundstück, dass die Lebensqualität der Bewohner und die Gesundheit der sensiblen Vögel gefährdet sind", schrieb Jakob. Ein Hotel mit mehr als 60 Zimmern in diesem traditionell als Naherholungsgebiet mit Aussichtspunkt genutzten Ort sei nicht gebietsverträglich.
Baurechtsamt und Regierungspräsidium schmetterten Jakobs Bedenken damals ab. "Als Pächter des Grundstücks sind Sie kein Nachbar im baurechtlichen Sinne und wurden aus diesen Gründen auch nicht im Nachbarbeteiligungsverfahren angehört", schrieb das Baurechtsamt ihm am 12. August 2019 – und weiter: Der Verpächter der Falknerei, Herbert Harth, habe bereits im Jahr 2015 darauf gedrängt, dass der von der Stadt aus gesehene linke Anbau deutlich höher wird als der alte Bestand – aus ästhetischen Gründen. Harth widersprach dieser Aussage bereits in einem RNZ-Artikel im September 2019. Überhaupt gibt es zu diesem Punkt widersprüchliche Aussagen von allen Beteiligten. Fest steht aber, dass Harth seinem Pächter Ende August 2019 eine Vollmacht erteilte, die ihn berechtigte, ganz offiziell noch einmal Widerspruch einzulegen. Doch auch diesen schmetterten Baurechtsamt und Regierungspräsidium ab.
Investor Wolfgang Scheidtweiler hat bis zu einem gewissen Punkt Verständnis für den Falkner. "Die Bauzeit hat ihn sicher beeinträchtigt." Daher habe er Jakob auch 20.000 Euro für etwaige Einnahmeausfälle bezahlt. Die Bauarbeiter hätten auch ihre Pausen so gelegt, dass sie den Betrieb der Falknerei möglichst wenig beeinträchtigen. Am Ende werde aber auch Tinnunculus von dem Hotelbetrieb profitieren.
Dass nun der Petitionsausschuss des Landtages den Bau als rechtswidrig einstufe, habe allein mit einem Formfehler zu tun. "Wenn wir schon 2008 gewusst hätten, dass von der alten Bausubstanz nichts zu retten ist, hätten wir einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan machen müssen", sagt Scheidtweiler – stattdessen war alles nach und nach auf dem im Vergleich zum Bebauungsplan einfacheren Genehmigungsweg gemacht worden. Und obwohl das Ganze also so nicht hätte genehmigt werden dürfen, steht der Investor zum neuen Königstuhlhotel. Er bekomme auch viel Zuspruch: "Nach dem Motto: Endlich ist der alte Schandfleck beseitigt." Die Querelen, die es gab, tun Scheidtweiler leid. "Wir wollten so etwas verhindern."
"Seitdem ich weiß, dass der Neubau rechtswidrig ist, finde ich es besonders schockierend, dass er da steht", sagt dagegen Jakob. Unverständlich ist für ihn, dass der Petitionsausschuss nicht den teilweisen Rückbau anordnete. Der Falkner möchte nun überprüfen, wie er gegen "diese Ungerechtigkeit" vorgehen kann. "Ich bezweifle, dass man daran nichts mehr ändern kann." Der hohe Anbau störe seine Vögel, er lenke den Wind ab, wodurch sie nicht mehr so schnell an Höhe gewinnen könnten. Die kleine Arena der Falknerei liege bereits ab dem späten Nachmittag im Schatten.
Jakob glaubt auch, dass Hotelgäste auf den Balkonen seine Tiere erschrecken könnten. Was passieren könne, habe sich während des Baus gezeigt. Ein Kran hatte demnach seinen alten Steppenadler so verängstigt, dass dieser davonflog und später von einem Lkw erfasst wurde und starb. Mara, sein neues Weißkopfseeadler-Weibchen, kennt den Neubau schon. Immerhin. Acht Vögel hat Jakob derzeit. "Die Adler sind am sensibelsten."
"Wenn das alles anständig gelaufen wäre, wäre das hier oben nie so gebaut worden. Hier würde ein Ausflugslokal hinpassen mit vielleicht 20 Zimmern, nicht so ein Kongresshotel wie das hier", sagt der Falkner. Und widerspricht damit Baubürgermeister Jürgen Odszuck, der im Gemeinderatsausschuss behauptet hatte, dass ein aufwendiges Bebauungsplanverfahren am Ende das gleiche Ergebnis gehabt hätte wie die immer wieder geänderten Baugenehmigungen, die der Petitionsausschuss beanstandet hatte.
Wolfgang Scheidtweiler könnte unterdessen, sobald es Corona zulässt, direkt mit dem Betrieb loslegen. Dass die Aufstockung wieder zurückgenommen werden muss, ist in seinen Augen äußerst unwahrscheinlich. "Wir haben Vertrauensschutz", sagt der Investor. Es bezweifle ja niemand, dass er eine Baugenehmigung hatte. Nur der formale Weg dorthin sei beanstandet worden.