Die Heidelberger Kinderklinik im Neuenheimer Feld. Archiv-Foto: RNZ
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Die Grippe schlägt wohl Wellen in der Kinderklinik - und auch bei der Notfallambulanz an der Kinderklinik, die abends und an Wochenenden von niedergelassenen Kinderärzten betreut wird, aber organisatorisch mit der Kinderklinik nichts zu tun hat.
Über einen Kinderarzt in diesem Notfalldienst beschwerte sich eine Heidelbergerin. Sie war mit ihrer dreijährigen Tochter am 15. Februar gegen 19 Uhr zum Bereitschaftsdienst gekommen. Weil die Kleine schon mehrere Tage fieberte und die Mutter bei ihr die "Erdbeerzunge" entdeckt hatte, bat sie den untersuchenden Arzt um einen Streptokokken-Schnelltest. "Ich vermutete, dass meine Tochter Scharlach hatte."
Dr. H. sei sichtlich überfordert und genervt gewesen, habe sich Zunge und Rachen nur beiläufig angesehen und sei zur Erkenntnis gekommen, dass das Mädchen kein Scharlach habe und er deshalb auch keinen Test machen werde. Als die Mutter noch einmal auf die auffällige Zunge hinwies, so schilderte sie der RNZ-Redaktion, sei Dr. H. sehr schroff geworden. Die Ambulanz sei voll und er habe Besseres zu tun als irgendwelche Eltern zu bedienen.
Er habe Hustensaft und Fiebersaft empfohlen und gar "Ausschluss Scharlach" auf dem Überweisungsschein notiert, berichtete die junge Mutter. "Somit hat er seine Fehldiagnose auch noch schriftlich festgehalten."
Weil es der Dreijährigen in der Nacht sehr schlecht ging, wurde am nächsten Morgen beim Kinderarzt ein Streptokokken-Schnelltest durchgeführt, der Scharlach anzeigte. "Meine Tochter bekam sofort Antibiotika verschrieben." Die Mutter ärgerte sich: "Abgesehen vom Gesundheitszustand meiner Tochter geht es um die Ansteckungsgefahr, die von ihr ausgeht."
Auf RNZ-Anfrage hin äußerte sich der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg: Man habe "mit dem behandelnden Arzt ein ausführliches Gespräch geführt und den Sachverhalt aufgeklärt". Das Angebot eines klärenden Gesprächs zwischen Arzt und Mutter sei von der Mutter abgelehnt worden. "Das hätte ja nichts mehr geändert, ich möchte keine banale Entschuldigung", sagte sie zur RNZ, "Bei der Vielzahl an Patienten kommt es immer wieder einmal vor, dass eine Behandlung unglücklich verläuft, und natürlich sind unsere Ärzte und auch die Mitarbeiter nicht davor gefeit, Fehler zu machen", erklärte der KV-Sprecher gegenüber der RNZ. "Wir sind allerdings froh, dass das nur selten vorkommt."
Der zweite Fall betrifft die Kinderklinik selbst. Dort musste die zweijährige Yamina, die vom Kinderarzt nach tagelangem hohem Fieber ins Klinikum überwiesen worden war, sieben Stunden warten, ehe sie samt Mutter in ein Zimmer gebracht wurde. Drei Tage verbrachten die beiden dann dort stationär, bis sich die Lungenentzündung des Kindes gebessert hatte.
Am 12. Februar hatte sich die Familie gegen 17.30 Uhr beim Empfang angemeldet. In diesem Bereich sollten sie auch warten, bis eine Schwester sie ins Krankenzimmer bringe. Diverse Nachfragen nützten nichts. "Kurz vor Mitternacht habe ich gedroht: Wenn in zehn Minuten kein Arzt kommt, rufe ich die Polizei wegen unterlassener Hilfeleistung", berichtete die Mutter empört. Als sie am 8. Februar schon einmal bei der Ambulanz vorgesprochen habe, sei eine Schwester ziemlich rüde mit ihnen und anderen Patienten umgegangen, beklagte sie zudem.
Der Oberarzt der Allgemeinambulanz hat sich inzwischen mit Yaminas Familie in Verbindung gesetzt, "um zu erläutern, dass der Abend des 12. Februar nicht der Normalsituation entsprach und um sich für Unannehmlichkeiten zu entschuldigen", wie eine Kliniksprecherin mitteilte. In der Regel gelinge es, die Wartezeit unter zwei Stunden zu halten. Doch am 12. Februar sei vieles dazwischen gekommen: Ein erster Höhepunkt der Grippewelle führte dazu, dass zwei- bis dreimal so viele Familien wie üblich die Notambulanz der Kinderklinik aufsuchten. "Wir mussten mit großem Aufwand geplante Aufnahmen absagen, Kinder intern verlegen, Isolationsmaßnahmen überprüfen, Zimmer reinigen".
An diesem Rosenmontag habe man auch zusätzlich einige alkoholisierte Jugendliche versorgt. "Das Personal, selbst ausgedünnt durch die Grippewelle, legte Sonderschichten ein", sagte die Sprecherin. Bei allem Druck auf die Ärzte bekannte sie aber: "Dies sollte die Freundlichkeit im Umgang mit den um ihre Kinder besorgten Familien natürlich nicht beeinflussen."