Nicht Menschen, sondern nicht angeleinte Hunde könnten bald die Gänse auf der Neckarwiese verjagen. Foto: Rothe
Von Anica Edinger
Heidelberg. Man kann sie nicht jagen, man kann ihnen nicht die Eier nehmen - man kriegt sie einfach nicht los: die Gänse auf der Neckarwiese. Jetzt könnte es eine neue Lösung für die explodierende Gänsepopulation am Neuenheimer Neckarufer geben. Denn aktuell prüft die Stadt, ob man die Anleinpflicht für Hunde auf der Neckarwiese aufheben kann. "Unsere Juristen sind zur Zeit dran", erklärte Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson auf RNZ-Anfrage. Schon nach den Osterferien soll ein Ergebnis der Prüfung vorliegen.
Klar sei jedenfalls: "Hunde sind die einzigen natürlichen Feinde der Gänse." Deshalb sei das Aufheben der Anleinpflicht eine "Grundidee, die man sich einmal anschauen muss", meint Erichson. Wichtig ist ihm jedenfalls: "Dieses Problem gibt es schon seit Jahren - und die Stadt lässt es nicht einfach über sich ergehen." Regelmäßig gebe es Runde Tische zum Thema. Dann sitzen nicht nur Vertreter der Stadt, sondern auch Biologen, Zoologen und Jäger zusammen.
(Hunde-)Leinen los auf der Heidelberger Neckarwiese?
Interviews: Vanessa Dietz / Kamera und Produktion: Reinhard Lask
In diesem Rahmen sei auch die Idee mit den Hunden aufgekommen. Wenn diese frei auf der Wiese herumlaufen dürften, könnten sie den Gänsen das Leben schwer machen - so schwer, dass die Tiere weiterziehen und gegebenenfalls nicht mehr wiederkommen. Erichson ist jedenfalls sicher: "Sie werden schnell merken, dass es in Heidelberg ungemütlich ist."
Der Bürgermeister sagt aber auch: "Ich weiß natürlich, dass es Leute geben wird, die diese Idee schrecklich finden." Tatsächlich nahm bereits die Heidelberger CDU das Thema zum Anlass für eine Pressemitteilung. Der neuerliche Vorschlag des Dezernenten könne nur ein Scherz sein, heißt es darin. Jan Gradel, Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion, findet, das Aufheben der Leinenpflicht könne keine Lösung sein - "denn auf dem Neckarvorland sind viele spielende Kinder unterwegs, und ein freilaufender Hund kann gerade für kleine Kinder zu einer ernsthaften Gefahr werden", so Gradel.
Um den Gänsen Herr zu werden, müsse vielmehr der Einsatz der "Anti-Küken-Pille" vorangetrieben werden. Diese hindert die Gänse an der Fortpflanzung - und könnte so wenigstens die Population der Schwanen- oder Kurzschnabelgänse, die dauerhaft auf der Neckarwiese leben, verringern. Nur: "Die Pille ist keine Lösung", erklärte Erichson. Das hätten Experten jetzt bescheinigt. "Sie muss sehr regelmäßig eingenommen werden", so der Bürgermeister.
Und wie wolle man das bei wilden Gänsen umsetzen? Zoodirektor Klaus Wünnemann hat aber noch ein ganz anderes Argument gegen die Pille: "Das einzige Mittel, das in diesem Zusammenhang eingesetzt wurde, ist in Deutschland nicht zugelassen." Für den Einsatz bräuchte es also Sondergenehmigungen - "und das ist ein recht komplizierter Weg", so Wünnemann.
Überhaupt findet der Zoodirektor: "Die eine Lösung für das Problem gibt es nicht." Vielmehr müssten mehrere Maßnahmen ineinandergreifen. Ein zentraler Punkt für ihn: "Das Fütterungsverbot auf der Neckarwiese durchsetzen." Es müsse aber auch einmal darüber geredet werden, ob man einige Tiere nicht kontrolliert töten könne. "Bei anderen Tieren machen wir das - und machen uns keine Gedanken darüber." So etwa Ratten, die oft einfach vergiftet würden - "auch stillende Rattenmütter", sagt Wünnemann.
Erichson ist sich unterdessen sicher: "Es gibt auf der Neckarwiese keine Lösung von der ich weiß, dass alle damit zufrieden wären." Natürlich kenne er auch die Argumente für und wider Anleinpflicht. Dennoch sagt er: "Es ist eine der Möglichkeiten, des Gänse-Problems Herr zu werden - jetzt müssen wir schauen, ob es umsetzbar ist."