Gastronomen dürfen Tische nur mit viel Abstand aufbauen. Dafür sollen sie nach dem Willen der Stadtverwaltung nun mehr Platz bekommen – und keine Gebühren zahlen. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Die meisten Betriebe waren wochenlang dicht, Künstlerinnen und Künstler warten noch immer auf Auftrittsmöglichkeiten und Touristen kamen so gut wie gar nicht mehr nach Heidelberg. Kurz: Die Wirtschaft ist massiv von der Coronakrise betroffen – und damit auch die Arbeitnehmer, Unternehmer und Vereine. Um die Folgen möglichst abzufedern, schlägt die Stadtverwaltung nun ein zweites Hilfspaket vor.
Unter dem Titel "Heidelberger Wirtschaftsoffensive" soll die Stadt bis zu 2,6 Millionen Euro in die Hand nehmen, um Betriebe, Selbstständige, Künstler, Vereine und Clubs zu unterstützen. "Wir wollen Wirtschaft und Kultur in Heidelberg auf breiter Front wieder in Fahrt bringen", betont Oberbürgermeister Eckart Würzner. Dazu habe man bereits im März die Wirtschaftsoffensive auf den Weg gebracht. "Klar ist aber auch, dass das noch nicht ausreicht. Deswegen setzen wir jetzt ein zweites Maßnahmenpaket oben drauf." Neben finanziellen Anreizen will die Verwaltung auch Bürokratie abbauen. Die RNZ gibt einen Überblick über die Pläne, die am 27. Mai im Finanzausschuss beraten werden und am 18. Juni im Gemeinderat zur Entscheidung stehen:
> Erlass von Mieten: Der Stadt gehören zahlreiche Gebäude in Heidelberg, die sie an Betriebe und Vereine vermietet hat. Die Miete dafür konnte bereits gestundet werden – in 181 Fällen wurden so 2,85 Millionen Euro Miete zurückgestellt. Der Großteil davon soll nun ganz erlassen werden. Für die Zeit, in der die Mieter die Räume wegen der Corona-Verordnung nicht für ihren eigentlichen Zweck nutzen konnten, soll auch kein Geld verlangt werden. "Neben Betrieben sollen auch Vereine, Kultur-, Sozial- und Bildungseinrichtungen profitieren", so die Verwaltung. Das könne für bis zu sechs Monate gelten.
> Solidaritäts-Gutscheine: Ein "breit angelegtes Konjunkturprogramm für Betriebe, Selbstständige, Künstler und Vereine" will die Verwaltung mit dem "Heidelberger Solidaritäts-Gutschein" schaffen. Dazu schlägt sie vor, eine Online-Plattform unter dem Motto "Heidelberger zeigen Herz" aufzubauen. Dort könnten die Bürger Solidaritäts-Gutscheine im Wert von zehn Euro kaufen. Diese würden dann in Geschäften, Betrieben, bei Selbstständigen, Künstlern und Vereinen in Heidelberg, die sich registriert haben, eingelöst oder diesen gespendet. Um das Angebot noch attraktiver zu machen, will die Stadt pro Gutschein eine Unterstützung in Höhe von zehn Euro für den Betrieb drauflegen.
> Hilfe für Gastronomen: Seit Montag dürfen Restaurants und Cafés unter Einschränkungen wieder öffnen. Ihnen ging jedoch viel Umsatz verloren – und wegen der neuen Regeln können sie weniger Gäste gleichzeitig bewirten. Deshalb will die Stadt Abhilfe schaffen und Betrieben erlauben, ihren Außenbereich vorübergehend zu erweitern – wenn das faktisch, verkehrlich und nachbarschutzrechtlich möglich sei. "Die Umsetzung soll einfach, schnell und unbürokratisch erfolgen", verspricht die Verwaltung. So sollen die Gastronomen trotz Abstand möglichst die gleiche Sitzplatzzahl anbieten können. Und um die Betriebe weiter zu unterstützen, will die Stadt auch auf die Sondergebühren für die Außenbestuhlung verzichten.
> TV-Shows mit lokalen Künstlern: Den Künstlerinnen und Künstlern der Stadt fehlt noch immer das Publikum. Deshalb plant die Stadt nach "Solo Fantastico", der gemeinsamen Aktion von Kulturamt, Theater und RNZ, bis zu drei Live-Shows im regionalen Fernsehen. Zwischen Ende Mai und Ende Juli könnten je sechs Programmpunkte pro Show gezeigt werden. Sie sollen im Theater aufgezeichnet werden und bis zu 60.000 Zuschauer erreichen.
> Einfachere Genehmigungen: "Neue Heidelberger Angebotskultur" nennt die Stadt die zweite Säule des Pakets: Sie will Prozesse und Auflagen vereinfachen. Das soll die Stadt auch langfristig als Wirtschafts- und Wohnstandort attraktiver machen. Eine erste Auswahl an Vorschlägen hat die Verwaltung bereits vorgelegt: So sollen etwa Solaranlagen künftig ohne Genehmigung installiert werden können – außer auf Kulturdenkmälern und im Geltungsbereich von Anlagenschutzsatzungen. Auch für den Dachausbau und bei kleineren Bauvorhaben sollen Genehmigungen deutlich leichter zu bekommen sein.
> Mehr Werbung im öffentlichen Raum: Um Einzelhändlern das Leben zu erleichtern, will die Stadt Werbe-Richtlinien in naher Zukunft großzügig auslegen. Das gelte etwa für das Aufstellen von Werbetafeln, Warenständern und Dekoration.
> Digitale Verwaltung: Viele Wege zum Amt könnte man sich sparen – wenn die Prozesse online möglich wären. Genau da will die Verwaltung vorangehen und Dienste, die über das Internet angeboten werden, stark ausbauen. Das gilt etwa für Kfz-Zulassungen für Autohändler, bei Geburten, Eheschließungen und der Urkundenbestellung. Aber auch die Kitaplatzvergabe soll durch den Ausbau der Plattform "meinkind.de" einfacher ablaufen.