Schnell geht ein Paar mit Hund über den Uniplatz. Mehr Leben gibt es hier nur bei Veranstaltungen. Foto: Philipp Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Bei den Plätzen in Heidelberg sieht eine Gruppe von Heidelberger Geographen und Umweltforschern Verbesserungspotenzial. Das geht aus einem Vergleich der Schwetzinger Terrasse in der Bahnstadt und des Universitätsplatzes hervor. Nur wenige Menschen halten sich im Sommer dort auf: zu heiß, zu wenig Aufenthaltsqualität, kein Schatten. Im RNZ-Gespräch erläutert Studienleiterin Kathrin Foshag (31), was sie von den Heidelberger Plätzen hält.
Frau Foshag, was wurde aus Ihrer Sicht in der Bahnstadt falsch gemacht?
Als Wissenschaftler sehen wir uns nicht in der Position, Verwaltungsentscheidungen zu kommentieren. Aber in der Tat zeigen unsere Messungen und Untersuchungen, dass aus Forschungssicht in der Bahnstadt einige Dinge hätten anders gemacht werden können. Damit meine ich unter anderem die versiegelten Flächen – selbst die Freiräume und öffentlichen Plätze sind zum Großteil zugepflastert. Zugegebenermaßen spielt aber auch der Faktor Zeit eine große Rolle. Einiges, was wir derzeit kritisieren, wird sich im Laufe der Jahre verbessern. Wenn die Bäume groß sind, werden sich auch die Messwerte verbessern. Bis dahin könnte man auf anderem Wege für Schatten sorgen – zum Beispiel mit Sonnensegeln.
Kathrin Foshag. Foto: UniversitätSie haben sich bei ihrer Untersuchung in der Bahnstadt die Schwetzinger Terrasse angeschaut. Was haben sie dort festgestellt?
Wir haben im Sommer 2018 die Temperaturen in den Monaten Juni, Juli und August gemessen. Die durchschnittliche Lufttemperatur dort lag bei 22,7 Grad und damit höher als an den Vergleichsstationen am Universitätsplatz und an der Berliner Straße.
Bei Befragungen haben wir zudem festgestellt, dass sich die Menschen sehr stark mit den Plätzen in der Altstadt identifizieren, die Bahnstadt ist hingegen noch ein blinder Fleck. Der Stadtteil wurde nicht nur hinsichtlich seines Mikroklimas, sondern auch aufgrund der Gestaltung und des fehlenden Wohlfühlcharakters kritisiert.
Selbst die Bahnstädter haben sich bei Ihren Befragungen nicht mit dem Stadtteil identifiziert?
Selten. Wobei man auch dazu sagen muss, dass unsere Untersuchung jetzt zwei Jahre her ist. Vielleicht würde die Befragung jetzt anders aussehen.
Der Universitätsplatz in der Altstadt schnitt auch nicht sehr viel besser ab.
Wir sehen auch dort Verbesserungspotenzial. Wobei die Altstadt als Gesamtanlage unter Denkmalschutz steht und Veränderungen schwieriger umzusetzen sind. Was das Mikroklima angeht, hat der Uniplatz etwas besser abgeschnitten als die Schwetzinger Terrasse. Das liegt sicherlich am Neckartalabwind. Davon profitiert die Altstadt. Ein Vorteil sind auch die engen, schattigen Gassen. Der Universitätsplatz selbst wird aber kaum als Aufenthaltsort genutzt. Es gibt kaum Sitzmöglichkeiten, er dient als Fahrradabstellplatz. Gerade im Sommer ist er tot – eine große Freifläche ohne Schatten und Aufenthaltsqualität. Trotzdem bietet er Identität, weil er ein alter Bestandteil Heidelbergs ist und wichtiger Dreh- und Angelpunkt zwischen den umliegenden Universitätsgebäuden.
Eigentlich ist der Platz aber doch eher eine Verkehrsfläche. Die Leute überqueren ihn nur auf dem Weg von A nach B.
Genau das ist das Problem. Die Aufenthalts- und die Verkehrsfläche sind nicht voneinander getrennt. Die Befragten berichteten von gefährlichen Situationen zwischen Radlern und Passanten. Eine Aufteilung des Platzes würde helfen.
Die Schwetzinger Terrasse in der Bahnstadt. Inzwischen sind die Bäume etwas größer, trotzdem sind zu viele Flächen versiegelt. Foto: BuckWie sieht ein optimaler Platz für Sie aus?
Er sollte multifunktional und vielfältig sein – sowohl hinsichtlich Design als auch Nutzung, mit verschiedenen Gestaltungselementen wie Denkmälern und Vegetationsobjekten. Es sollte ein Ort sein, wo man entspannen und etwas betrachten, vielleicht auch etwas konsumieren kann, mit Sitzgelegenheiten im Schatten, entsiegelten Flächen, einer optischen Trennung von Verkehrsfläche und Erholungsbereichen. Wasserelemente wirken sich positiv auf das Mikroklima und die Wahrnehmung aus. Möglich sind auch temporäre Lösungen wie Sonnensegel oder sogenannte mobile grüne Zimmer. Grünflächen helfen gegen den Hitzestress und dienen der Bevölkerung als Ausdehnung des Wohnraums.
Gibt es überhaupt Plätze in Heidelberg, wo das alles umgesetzt wurde?
Es gibt sicherlich Plätze, wo einiges berücksichtigt wurde. Der Wichtigste in Heidelberg ist sicherlich die Neckarwiese. Dort gibt es praktisch keine versiegelte Fläche, dafür Spiel- und Aktivitätsflächen und viel Wasser. Dieser Ort spielt für Heidelberg eine herausragende Rolle.