Die Maskenpflicht hemmt die Lust am Shoppengehen – das sagten 40 Prozent der Befragten einer Kundenbefragung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Foto: Philipp Rothe
Von Sarah Hinney
Es lässt sich nicht beschönigen – dem Heidelberger Einzelhandel steht das Wasser bis zum Hals. Das wurde bei einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch einmal mehr deutlich. Genauso deutlich wurde aber auch, dass die Händlerinnen und Händler sich nicht unterkriegen lassen.
> Die Situation in Zahlen: Swen Rubel, Geschäftsführer des Handelsverbands Nordbaden, lieferte die Ergebnisse aktueller Umfragen des Handelsverbands: Zwei Drittel aller Heidelberger Einzelhändler vertreiben ihre Produkte ausschließlich vor Ort, nur ein Drittel verkauft zusätzlich online. Das Problem: Lediglich 20 Prozent der Kunden hätten aktuell ein positives Gefühl beim Einkauf.
Im Ergebnis habe fast jeder zweite Händler mindestens 30 Prozent weniger Kunden. 40 Prozent aller Einzelhändler hätten mindestens 30 Prozent Umsatzverlust – in den Novemberwochen seien die Umsätze sogar noch stärker gesunken. Den Lockdown-Light bezeichnete Rubel daher als "vergiftetes Weihnachtsgeschenk für den Handel, wenn man die Leute gleichzeitig dazu auffordert, daheim zu bleiben und Kontakte zu meiden". Betroffen seien vor allem die klassischen innenstadtprägenden Branchen wie Kleidung, Schuhe oder Schmuck. Eine Kundenbefragung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg habe zudem ergeben, dass viele Menschen verstärkt direkt in ihrem Wohnort einkaufen gehen. Heidelbergs Einzelhändler leiden also nicht nur unter dem Wegfall der Touristen, ihnen fehlen auch viele Gäste aus der näheren Umgebung. Zudem hemme die Maskenpflicht die Konsumlaune – das sagten 40 Prozent der Befragten. Die Mehrwertsteuersenkung habe hingegen laut Umfrageergebnis kaum Einfluss auf das Einkaufsverhalten.
> Die Situation vor Ort: Sahin Karaaslan, Vizepräsident des Handelsverbands Nordbaden, kritisierte konkrete Maßnahmen. Kleinere Läden könnten Quadratmeter-Regelungen in der Praxis kaum umsetzen, fehlende Umsätze schon jetzt nicht mehr kompensiert werden. Susanne Schaffner, Vorsitzende des Citymarketingvereins Pro Heidelberg, zeigte sich ungebrochen optimistisch und rührte kräftig die Werbetrommel für Lieferservice, Rabatt- und andere Aktionen der Händler. Sie warb dafür, "trotz allem mit einem Lächeln durch die Krise zu gehen". Und sie hofft nach wie vor darauf, dass die geplante "Lange Einkaufsnacht" am 12. Dezember stattfinden kann.
> Was die Stadt tut: Matthias Friedrich vom Amt für Wirtschaftsförderung warb noch einmal für den "Heidelberger Dankeschein". Von dem können alle Betriebe, Einrichtungen und Vereine profitieren, die infolge der Corona-Landeverordnung schließen mussten. 200 Registrierungen habe es bereits in den ersten Tagen unter www.vielmehr.heidelberg.de gegeben – auf der Seite sei auch zu sehen, welche Läden mitmachten, so Friedrich.
> Was nicht klappt: "Wir hätten gerne den einen oder anderen anlasslosen verkaufsoffenen Sonntag gehabt", sagte Swen Rubel. Da würden aber die Gewerkschaften nicht mitmachen. Unternehmer Bernd Niebel zeigte dafür wenig Verständnis. "Meine 130 Mitarbeiter würden alle gern sonntags arbeiten, weil sie Existenzängste haben und Sorge, dass sie ihren Job verlieren." Die Angst der Menschen vor dem Virus kann er gut verstehen. Aber er sagte auch: "Wir haben bei 130 Mitarbeitern noch keinen einzigen Coronafall gehabt und wir befolgen alle Hygienevorschriften akribisch."