Von Holger Buchwald
Heidelberg. Eigentlich sollten längst Kinder in der Gutenbergstraße 7 spielen. Im November letzten Jahres hat das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) das Haus gekauft. Der Verein möchte hier seinen dritten englischsprachigen Kindergarten eröffnen.
"Wir wären schon ausgebucht, die meisten Kinder kommen aus Neuenheim. Eigentlich wollten wir spätestens im April mit dem Betrieb beginnen", sagt DAI-Direktor Jakob Köllhofer. Doch ein Anwohner-Ehepaar klagt gegen die Einrichtung - und hat gegen die Baugenehmigung der Stadt beim Verwaltungsgericht Widerspruch eingelegt.
"Kinder sind das Wertvollste", sagt Köllhofer. Eine Gesellschaft, die sie nicht wertschätzt, habe ein Problem. 65 Plätze soll der neue Kindergarten haben, davon 19 Krippenplätze. 14 Erzieherinnen, so der Plan, werden sich um die Kleinen kümmern, dabei wird in der Einrichtung nur Englisch gesprochen.
Ein Bewegungsraum im Souterrain und Spielflächen im Freien sind ebenfalls vorgesehen. Doch wegen des andauernden Rechtsstreits hat das DAI noch nicht richtig mit den Renovierungsarbeiten begonnen, obwohl er keine aufschiebende Wirkung hat. Zumindest die neue Heizung soll in den nächsten Wochen aber eingebaut werden.
Neben einem Kindergarten in der Altstadt betreibt das DAI in Neuenheim, nur zwei Straßen weiter, in der Kuno-Fischer-Straße bereits eine ähnliche Einrichtung. Bei einem kleinen Ausflug konnten sich die Kinder am vergangenen Freitag bereits einen kleinen Eindruck verschaffen. Sie haben viel Spaß dabei, durch die leeren Räume zu toben.
So ganz vorstellen, dass das hier ein richtiger Kindergarten wird, können sie sich aber noch nicht. "Da ist halt noch nichts drin. Es gibt kein Spielzeug", sagt ein Junge. Die Kinder kommen aus Ägypten, Schweden, Israel, den USA, Spanien, der Türkei, Japan, Großbritannien, Brasilien und Deutschland.
Bevor sie hier einziehen, müssen die Toiletten neu gemacht werden, Wände versetzt, eine Feuertreppe installiert und der Spielplatz angelegt werden. "All das wäre schnell zu machen", gibt sich Köllhofer zuversichtlich. Er versteht nicht, dass sich die Nachbarn gegen das Projekt wehren. "Die meisten Kinder werden doch um 15 Uhr wieder abgeholt und am Wochenende herrscht hier dann absolute Ruhe."
Das klagende Anwohner-Ehepaar spricht hingegen von einem "Kindergarten-Tourismus". Mit dem Metropolitan-Kindergarten in der Mozartstraße und der anderen DAI-Einrichtung in der Kuno-Fischer-Straße gebe es bereits zwei englischsprachige Angebote in der Umgebung. Daher fürchten die Nachbarn, dass die Kinder aus anderen Stadtteilen nach Neuenheim gebracht werden und die Eltern in der schmalen, kleinen Gutenbergstraße alles zuparken. "Das DAI sieht keinen einzigen Stellplatz für Besucher vor", ärgert sich der Kläger, der als Rechtsanwalt in einer großen Heidelberger Kanzlei arbeitet.
Ein Kindergarten an dieser Stelle widerspreche zudem der Erhaltungssatzung Neuenheim, nach der die alten Gründerzeitvillen mit ihren Vorgärten erhalten werden müssen. Gleich drei Wohnungen würden zweckentfremdet, in einem Stadtteil in dem der Bedarf an Betreuungsplätzen mit 119 Prozent schon mehr als gedeckt sei.
Und der Garten mit abschüssigem Gelände sei als Spielfläche vollkommen ungeeignet, so die Nachbarn. Sie ärgern sich zudem über die geplante "hässliche Fluchttreppe", befürchten aber auch Lärm durch Bobbycars. Sie werfen dem DAI ein "kommerzielles Interesse" vor.
Das DAI wehrt sich gegen die Vorwürfe. "Wir sind gemeinnützig", sagt Köllhofer. Jeder Cent, der eingenommen werde, fließe auch wieder in die Kindergärten. Die Stadt unterstützt das Projekt. Sowohl das Untergeschoss, das Erdgeschoss als auch das erste Obergeschoss wurden schon zuvor als Büros der Firma Ameria genutzt. Für das Dachgeschoss habe die Stadt eine Genehmigung zur Zweckentfremdung ausgesprochen, so eine Stadtsprecherin, da eine Nutzung als Kita von öffentlichem Interesse sei. Die geplante Fluchttreppe widerspreche nicht der Erhaltungssatzung Neuenheim.
In Heidelberg gebe es allgemein einen dringenden Bedarf an neuen Kindertageseinrichtungen. "Darüber darf auch die auf den ersten Blick gute Versorgungsquote in Neuenheim nicht hinwegtäuschen", so die Sprecherin. Gerade die Einrichtungen im Neuenheimer Feld, die vor allem vom Studierendenwerk betrieben werden, stünden Kindern aus allen Stadtteilen gleichermaßen zur Verfügung.
Info: Am Freitag, 24. Mai, ist "Tag der Nachbarschaft". Daher lädt das DAI von 15 bis 17 Uhr in die Gutenbergstraße 7 ein, um Anwohnern und Interessenten das Konzept bei Snacks und Getränken vorzustellen.