Es wäre eines der Highlights der Tanzbiennale geworden: Die weltweit bekannte Kompanie Rosas mit „Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich“. Foto: Anne van Aerschot
Von Anica Edinger
Heidelberg. Die vierte Heidelberger Tanzbiennale wird abgesagt. Das teilte jetzt Theaterintendant Holger Schultze mit. Vom 5. bis zum 13. Februar sollte das Tanz-Festival, eine Kooperation vom Theater und Orchester Heidelberg mit dem Unterwegstheater, stattfinden. An zehn Tagen sollte getanzt werden, Kompanien aus der ganzen Welt waren eingeladen, aus Spanien, Schweden, Israel. Einige Verträge sind bereits unterschrieben. Acht Monate lang wurde das Festival geplant, wurden Vorbereitungen getroffen und Programme einstudiert. Aber Schultze sagt: "Wir können ein solches Festival in diesen Zeiten nicht verantworten."
Man müsse es sich nur einmal vorstellen, meint Schultze: "Wir müssten jetzt Flüge für die internationalen Tänzerinnen und Tänzer buchen, Hotels für die anschließende Quarantäne bezahlen." Das sei im Angesicht steigender Infektionszahlen und der Diskussion um einen zweiten, harten Lockdown schlicht undenk- und nicht vertretbar. "Und es wäre auch genau das falsche Signal", sagt Schultze. Zumal keiner zu diesem Zeitpunkt wisse, ob Theater und sonstige Kultureinrichtungen im Februar überhaupt wieder geöffnet seien.
Doch der Intendant will die Tanzbiennale noch nicht ganz aufgeben. Ebenso seine Mitstreiter Bernhard Fauser und Jai Gonzales, Gründer des Unterwegstheaters, das mit dem Theater und Orchester seit acht Jahren eine "Tanz-Allianz" formt. Gerade in diesen Zeiten sei es im Vorfeld nicht leicht gewesen, einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen zu finden, erklärt Fauser. "Doch wir haben es geschafft", sagt Fauser auf RNZ-Anfrage.
Der Plan B sieht so aus: Das Unterwegstheater eröffnet – je nachdem, wie es das Pandemie-Geschehen zulässt – Ende März oder Anfang April die "Tanzbiennale light" in seiner Wirkungsstätte, der Hebelhalle. Das Theater schließt daran an mit einem "Mini-Tanz-Festival" vom 4. bis zum 6. Juni. "Wir haben es quasi in zwei Scheiben aufgeteilt", erklärt Fauser, so könne man schließlich auch den Produktionsrealitäten beider Spielstätten gerecht werden. Und er sagt: "Wir sind stolz, was wir gemeinsam für ein tolles Programm auf die Beine gestellt haben und freuen uns darauf, dieses nun in einer Art Notversion der Tanzbiennale zu zeigen."
Auch Holger Schultze ist erleichtert, nun diesen Kompromiss gefunden zu haben. Ein Kompromiss, wie Schultze sagt, "der allen weiterhilft – und der vor allen Dingen dem Tanz hilft". Schließlich habe man als Stadttheater auch gegenüber Künstlerinnen und Künstlern, gegenüber Choreografinnen und Choreografen eine Verantwortung. Ihnen könne man im Juni dann hoffentlich trotz der Absage des großen Festivals eine Bühne geben.
Dennoch sei es natürlich "bitter", so Schultze, dass die vierte Tanzbiennale im Februar nicht wie geplant stattfinden könne. Zumal "es nun das vierte Festival ist, das wir absagen müssen". Zuletzt fiel der "Winter in Schwetzingen" der Pandemie zum Opfer, im Sommer wurden bereits die Schlossfestspiele abgesagt, auch ein Stückemarkt konnte in diesem Jahr nicht stattfinden. "Festivals absagen: Das ist nichts, was uns Spaß macht", sagt Schultze. Im Gegenteil: Viele Künstlerinnen und Künstler treibe das in die Verzweiflung. "Manche stehend weinend in meinem Büro", berichtet der Intendant.
Einer davon war nach eigener Aussage Iván Pérez, Leiter des Heidelberger Dance Theatre. Er und seine Tänzerinnen und Tänzer hätten bereits hart gearbeitet für die vierte Tanzbiennale in Heidelberg. Die Absage treffe ihn ins Mark. Dennoch: "Ich bin froh, dass dafür gekämpft wird, dass wir wenigstens ein bisschen Tanz in der Stadt zeigen können." Klar, man müsse sich dafür verbiegen und kreativ sein – "aber genau das sind wir", sagt Pérez. Deshalb plane man nun eben die Light-Version der Tanzbiennale. Und solange man wenigstens das tun könne, sei er auch zufrieden.