Knapp 25 Menschen, bei denen der Verdacht auf eine Corona-Infektion besteht, kommen derzeit täglich zum Abstrichzentrum auf dem Messplatz. Trotz sinkender Zahlen soll die Einrichtung weiter bestehen bleiben. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Anfang April erreichte die Corona-Pandemie in der Region ihren bisherigen Höhepunkt: Das Gesundheitsamt meldete bis zu 60 neue Infektionen in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis an einem Tag. Entsprechend groß war die Sorge: Viele Menschen hatten Kontakt zu Infizierten gehabt und deshalb wurde damals viel auf das Virus getestet. Alleine das Gesundheitsamt führte 200 bis 250 Tests täglich durch. Hinzu kamen die Abstriche, die niedergelassene Ärzte machten – in Heidelberg waren das in der Hochphase 30 täglich.
Heute sieht das Bild ganz anders aus: Die Pandemie ist zwar nicht verschwunden, aber die Fallzahlen sind massiv nach unten gegangen. In der vergangenen Woche wurden gerade mal acht Neuerkrankungen in Heidelberg und dem Kreis festgestellt. Das heißt natürlich auch, dass es weniger Kontaktpersonen gibt, weniger Verdachtsfälle überprüft werden. "Die Nachfrage nach Corona-Tests ist zurückgegangen", bestätigt eine Sprecherin des Landratsamtes Rhein-Neckar. Und dieser Rückgang macht sich nun auch bemerkbar.
Vor allem das Gesundheitsamt hat daraufhin seine "strategische Ausrichtung" geändert, so die Sprecherin. Das Abstrichzentrum am Heidelberger Messplatz wurde etwa Anfang Mai an die Stadt und das Rote Kreuz übergeben, etwas später wurden auch die Öffnungszeiten im Testzentrum in Schwetzingen reduziert. Gleichzeitig blieb die Gesamtzahl der Corona-Tests jedoch ungefähr gleich: Gut 1600 Abstriche hat das Gesundheitsamt in den vergangenen sieben Tagen nehmen und überprüfen lassen. Denn die Behörde nutzt die freigewordenen Kapazitäten, um "Fokusgruppen" flächendeckend zu testen. Das bedeutet vor allem, dass nach und nach alle 7000 Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen in Stadt und Kreis auf das Virus getestet werden. "Da hockt unsere Risikogruppe", erklärt die Pressesprecherin.
Bis zum Mittwoch hatte man etwa die Hälfte getestet und dabei einen einzigen positiven Fall gefunden. "Wir hatten befürchtet, dass es mehr sind." Auch Erntehelfer sowie Erzieher wurden in großem Stil überprüft. Statt bei konkreten Verdachtsfällen wird vermehrt an strategisch wichtigen Punkten getestet.
Gleichzeitig betreiben die Stadt und das Rote Kreuz aber weiter das Abstrichzentrum in Kirchheim, das noch immer vor allem für Verdachtsfälle zuständig ist. Dort wurden zwar in der vergangenen Woche "nur" noch 117 Tests durchgeführt – knapp 25 pro Öffnungstag. Dennoch sei nicht geplant, die Einrichtung abzubauen: "Wir werden die Entwicklung beobachten und dies als Grundlage für die Entscheidung zum weiteren Betrieb nehmen", sagt ein Stadtsprecher. Er betont aber auch: "Aktuelle Ereignisse wie in Göttingen zeigen ja, dass man bei einem regionalen Ausbruch sehr schnell sein muss und nicht die Zeit hat, Systeme erst über mehrere Tage wieder hochzufahren." Einen Zeitpunkt, zu dem das Abstrichzentrum geschlossen werde, könne man daher nicht nennen.
Konkreter sind dagegen die Pläne für die Fieberambulanz, die an das Abstrichzentrum angegliedert ist. Dorthin schicken Ärzte Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Corona-Infektion vorliegt, zur Erstversorgung. Dadurch müssen diese nicht in die Praxen kommen, wo sie möglicherweise Kontakt zu chronisch Kranken oder Älteren hätten. Aktuell kommen dort laut Albertus Arends, dem stellvertretenden Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Heidelberg, etwa zehn bis 15 Patienten pro Tag an. "Die Zahlen sind noch so hoch, dass wir die Ambulanz weiter betreiben." Sinken sie jedoch dauerhaft unter zehn – womit Arends fest rechnet –, würde man sie in den "Standby-Modus" schalten. Sie würde zwar geschlossen, jedoch so, dass man sie schnell wieder hochfahren könnte. In anderen Städten im Land hat die KV das bereits getan. "Dort waren die Ambulanzen aber auch in Schulen und Sporthallen untergebracht, die nun wieder benötigt werden."
Ersatzlos werde die Einrichtung aber nicht geschlossen, betont die KV: Sie werde nur in den "Standby-Modus" versetzt, "wenn sich im Einzugsbereich Corona-Schwerpunktpraxen finden". Solche Arztpraxen, die sich vornehmlich um mutmaßliche Corona-Patienten kümmern und dafür feste Sprechzeiten anbieten, gibt es bereits zwei in Heidelberg: in der Bahnstadt und in Bergheim. "Bisher sind die Zahlen dort gering", betont Arends. Sollte die Ambulanz jedoch schließen und deshalb die Nachfrage steigen, ist er sicher, dass sich auch andere Praxen bereit erklären würden, einzuspringen.