Von Sarah Hinney
Heidelberg. Der Schnitt herausgewachsen, die Strähnchen blass, der Ansatz grau, die Ponyfransen viel zu lang – seit Mitte Dezember sind Friseure geschlossen. Wann sie wieder öffnen, ist unklar. Peter Pankauke hat jedenfalls Zeit – und zwar mehr, als ihm lieb ist. Der 46-Jährige ist Inhaber des Friseurgeschäfts Kopfkultur-Lounge in der Rohrbacher Straße. Zum zweiten Mal während der Pandemie ist sein Salon für längere Zeit dicht. Wie es ihm damit geht, das hat er der RNZ am Telefon erzählt.
Herr Pankauke, hat man Ihnen schon mal ein unmoralisches Angebot gemacht?
Ja, natürlich! Allerdings weniger meine Kunden. Aber es haben sich schon andere Leute gemeldet.
Und die haben gefragt, ob Sie im Hinterzimmer zur Schere greifen könnten?
Genau. Aber die Einzige, die regelmäßig Farbe von mir bekommt, ist meine Mutter.
Aber offenbar ist die Not groß.
Ja. Ich verstehe das aber auch und merke das vor allem bei Frauen. Die Menschen verlieren ja mehr als eine Frisur. Sie verlieren ihr Aussehen und damit ihre Wirkung. Wie sie ankommen. Auf einmal sieht die Umwelt, dass die Haare doch schon grau sind und man wohl älter ist, als man sonst aussieht.
Was raten Sie Menschen, die überlegen, selbst Hand anzulegen und dem grauen Ansatz mit Farbe aus der Drogerie zu Leibe zu rücken?
Ich rate dringend: Rufen Sie vorher Ihren Friseur an. Es ist immer möglich, kurz zu beraten und von dem einen oder anderen Produkt vielleicht abzuraten.
Und wie geht es Ihnen persönlich?
Nun, ich bin ein Mensch, der immer das Positive aus einer Situation macht, und mir geht es gut. Natürlich würde ich lieber arbeiten und meine Selbstständigkeit genießen, statt darauf angewiesen zu sein, ob und wie das mit den Überbrückungshilfen läuft. Aber ich bin noch nie in Panik verfallen und werde das jetzt auch nicht tun.
Sie führen ihr Geschäft alleine?
Ja, im Moment habe ich keine Angestellten, was in der aktuellen Situation sicherlich ein Vorteil ist, weil ich mir keine Sorgen um jemand anderen machen muss. Ich kenne Kollegen, die tragen Verantwortung für ihre Mitarbeiter, und das ist sehr schwer.
Was tun Sie denn im Moment?
Ich habe noch nie so viel ausgemistet und wieder nur noch die schönen Dinge in meinem Laden, die ich auch wirklich brauche. Gerade eben habe ich 25 Ordner entrümpelt. Meine Schwester, Jasmin Göbes von der gleichnamigen Bäckerei, beneidet mich ein bisschen um diese Zeit. Aber die Situation im Frühjahr war trotzdem leichter.
Inwiefern war es leichter?
Damals war klar: Es gibt die Corona Soforthilfe, und das musst du jetzt beantragen. Das hat eineinhalb Tage gedauert, und vier Tage später war das Geld da. Man wusste, ich werde jetzt nicht alleine gelassen. Heute ist das anders. Man kann selber nichts mehr beantragen, es muss alles über Steuerberater laufen. Ich verstehe das. Es geht darum, dass nicht betrogen werden kann. Aber die Bestimmungen ändern sich ständig, es ist unklar wann und ob man Geld bekommt – das ist alles nicht optimal und war im Frühjahr viel besser. Ich bin gespannt, wie es meiner Branche nach dem Lockdown geht.
Aber letztlich werden doch nach dem Lockdown alle wieder ganz schnell zum Friseur wollen.
Ja, aber ich kann mir trotzdem vorstellen, dass einige Läden aufgrund ihrer Größe und ihrer Mentalität diese Krise nicht überstehen.
Haben Sie denn schon wieder Termine ausgemacht für die Zeit danach?
Ja, ich mache kontinuierlich Termine aus. Ich habe eine Rufumleitung und mein Buch immer dabei. Die Leute trauen dem Braten aber noch nicht.
Und Sie? Glauben Sie, bald wieder öffnen zu dürfen?
Ich gucke mir jeden Tag die Zahlen an. Das sieht gut aus. Aber ich bin kein Virologe und kein Arzt, und ich habe lieber nochmal zwei Wochen länger zu als zu früh zu öffnen.
Was wünschen Sie sich für dieses Jahr?
Dass es uns, meinen Kindern und meiner Partnerin, gut geht, dass die Nöte nicht größer werden und dass es ein schönes Jahr wird.