Luftig konstruiert und asiatisch angehaucht: die neue CATS-Bibliothek in Bergheim. Foto: Philipp Rothe
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Es sind anziehende Gegensätze: Inmitten der ehemaligen Kliniken, die ab 1876 in Bergheim gebaut wurden und heute von den Asienwissenschaften belegt sind, findet sich die klare, durchsichtige Struktur der neuen Bibliothek. Das einzige Geschoss, das sichtbar ist, während die Räume der Sammlungen 16 Meter in die Tiefe reichen.
Noch sind Handwerker in den frisch renovierten Gebäuden der Institute unterwegs, diesmal ging es beim Umbau hauptsächlich um Brandschutz und mögliche Schadstoffe. Die neue Bibliothek mit ihren vier Stockwerken in der Tiefe dürfte jetzt zur Hälfte belegt sein. Die Sammlungen kommen aus sechs verschiedenen Standorten und mehreren Auslagerungen in Heidelberg, sagt die Sinologin Prof. Barbara Mittler, die zusammen mit dem Indologen Prof. Axel Michaels das Gründungsdirektorium des Centrums für Asienwissenschaften und Transkulturelle Studien (CATS) bildet.
Die feierliche Eröffnung des 28 Millionen Euro teuren, hauptsächlich von Bund und Land finanzierten Zentrums am 25. Juni wird einen ganzen Tag dauern. Das Programm reicht von einer Ausstellungseröffnung im Völkerkundemuseum mit den Lieblingsobjekten der Asienwissenschaftler über eine Diskussionsrunde zur Asienforschung in Europa und die Darbietung vedischer Gesänge und japanischer Haikus bis zur offiziellen Gebäudeübergabe mit den Stuttgarter Ministerinnen Edith Sitzmann und Theresia Bauer - und mit den bekannten Künstlern Ai Weiwei und Sheba Chhachhi.
Es ist aber auch ein tolles Kulturzentrum, das hier in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Aus dem Exzellenzcluster der Universität "Asien und Europa im globalen Kontext" entstand die Forderung, dass Wissenschaften wie Philosophie oder Musik transkulturell zu denken seien. "Es ist an der Zeit, dass junge Leute diesen Spirit mitbekommen und Verbindungen sehen", sagt Prof. Axel Michaels.
Das von den Heidelberger SSV-Architekten geplante Bibliotheksgebäude, das von geradlinigen Laubengängen umgeben ist, birgt schon Hinweise auf Asien. Das sind nicht nur die Farben Schwarz, Weiß, Grau und warmes Rot, auch die Arbeit des Berliner Künstlers Friedemann von Stockhausen nimmt die Idee auf. Im von außen sichtbaren Innenhof symbolisieren seine 108 schwarzen Backsteine buddhistische Stupas, Sitzgelegenheiten haben die Form von Go-Steinen.
An der Stelle der alten Ambulanz der Hautklinik entstand ein Schmuckstück in Bergheim. Barbara Mittler, Axel Michaels, Katrin Werkle-Geisinger und Bernd Müller (v.l.) zeigten es. Foto: Rothe
Dass der Innenhof nicht begrünt wurde, hat einen einfachen Grund: "Darunter befinden sich Bücher. Gießen mit Wasser geht hier gar nicht", sagt Projektleiterin Katrin Werkle-Geisinger. Im Außenbereich tragen die Ecken gepflasterte Zeichen aus dem chinesischen "Buch der Wandlungen". "Kunst am Bau", weiß Bernd Müller, der Leiter des Amtes für Vermögen und Bau Baden-Württemberg in Mannheim und Heidelberg, "bringt Emotionen in ein Gebäude, ein Betrachter spürt das im Unterbewusstsein."
Ihn fasziniert, wie die Klinikgebäude für Inneres und Chirurgie in Bergheim im vorletzten Jahrhundert mit überdachten Laubengängen verbunden waren, sodass Transporte im Trockenen geschahen, und wie sie schon die Isolierung von Kranken ermöglichten. Für die wachsende Stadt wurden sie bald zu klein. Immer wieder mussten Hörsäle neu errichtet und dabei weiter in Richtung Westen verlegt werden.
Den alten Hörsaal der Chirurgie, den später die Hautklinik nutzte, hat Müller jetzt aus der Dunkelheit geholt. Aus dem großen Fenster geht der Blick wieder auf den Neckar - wie damals, als die Professoren hier vor den Augen der Studenten diagnostizierten und behandelten.