Mit einem Modellzimmer im Container möchten die Initiatoren des Collegium Academicum (CA) neue Wohnformen vorstellen. Beim Pressegespräch: (v.l.) Herbert Rabl von Epple Immobilien, Ellen Koban, Franziska Meier, Shiva Hamid und Carl Zillich. Foto: Philipp Rothe
Von Arndt Krödel
Heidelberg. Eigentlich ist es ganz gemütlich: Auf vierzehneinhalb Quadratmetern hat man hier alles, was man so zum Wohnen braucht - ein Bett mit Stauraum darunter, einen Schrank und eine Arbeitsfläche. Es riecht angenehm nach frischem Holz, irgendwie fühlt man sich in die Schlafkammer eines Ferienhäuschens am Meer versetzt.
Der helle und freundliche Raum ist der Prototyp eines Zimmers, wie es demnächst in vielfacher Form in einem selbstverwalteten Wohnheim für insgesamt 176 Personen auf dem Gelände des früheren US-Hospitals an der Karlsruher Straße in Rohrbach entstehen wird.
Das Gebäude, das in einer innovativen Holzbauweise errichtet wird, ist Teil eines vielversprechenden Projekts, das unter dem Namen "Collegium Academicum" (CA) verschiedene Funktionen unter einem Dach vereinen möchte: gemeinschaftliches Wohnen in Selbstverwaltung und -verantwortung, selbstbestimmtes Lernen durch ein ganzheitliches Bildungskonzept sowie verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen.
Außerdem soll sich hier ein sozialer Treffpunkt mit einem Café, einer Werkstatt und kulturellen Angeboten entwickeln. Die kleinste Zelle des Neubaus - er wird ergänzt durch zwei umgenutzte Bestandsgebäude - ist als "Demonstrator", wie das mobile Modellzimmer genannt wird, bis zum 6. Juli vor der ehemaligen Pforte der Hauptverwaltung der Heidelberger Druckmaschinen AG in der Kurfürstenanlage zu besichtigen.
"Wir wollten mal ausprobieren, wie sich das anfühlt", erklärt Franziska Meier von der Projektgruppe Collegium Academicum GmbH bei einem Pressegespräch vor Ort neben dem "Fensterplatz", dem neuen Arbeitstreff für Kreativschaffende und Kreativunternehmen. Zusammen mit Margarete Over und Charlotte Lachauer erläutert sie die Details des Wohnens im neuen CA: Für das möblierte Zimmer inklusive Nutzung der 600 Quadratmeter umfassenden Gemeinschaftsräume wie Aula und Dachterrasse zahlt man 300 Euro warm.
Bewegliche Wandelemente ermöglichen eine variable Raumteilung zwischen privater und Gemeinschaftsfläche. Das Zusammenleben ist in Wohngemeinschaften mit drei oder vier Personen organisiert, die jeweils über eine eigene Küche sowie eigene Toiletten verfügen. Einziehen werden nicht nur Studentinnen und Studenten, sondern auch Azubis und Promovierende.
Im Altbau, dem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Hospitals, wird es Platz für 50 Bewohner für ein "Orientierungsjahr" geben. Hier werden sowohl kompakte Wohnboxen als auch Gemeinschaftsflächen für Zusammenleben, Lernen und kreatives Arbeiten entstehen. Mehrere Seminarräume können auch von externen Initiativen genutzt werden.
Die Reaktionen auf den "Demonstrator", der schon bei der IBA im Mark-Twain-Center, auf dem Universitätsplatz und vor der Zentralmensa im Neuenheimer Feld aufgestellt wurde, waren bis jetzt sehr positiv, berichtet Meier. Vor allem der Uniplatz war nach ihren Worten "ein absoluter Erfolg".
Dabei werden die meisten Studenten von heute gar nicht mehr wissen, dass ganz in der Nähe, in der Seminarstraße 2 (der heutigen Universitätsverwaltung), bis 1978 das alte, legendäre "CA" stand.
Finanziert wird das von dem Architekten Hans Drexler entworfene Projekt vor allem durch zinsvergünstigte Bankkredite. Außerdem bewilligte das Förderprogramm "Variowohnen" des Bundesbauministeriums Mittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro. Hinzu kommen sogenannte Direktkredite, das sind nachrangige Darlehen, die Privatpersonen an die Collegium Academicum GmbH vergeben.
Auch Eigenleistungen und Spenden sorgen für das nötige Kapital. Seit über vier Jahren wird das Projekt auch von der IBA gefördert, deren kuratorischer Leiter Carl Zillich beim Pressegespräch von einem "dynamischen Baustein" sprach.
Mit Leben gefüllt wird das neue CA Ende 2019: Dann soll der Neubau fertiggestellt sein und die ersten Bewohner können einziehen. Einer, der vehement für das Wohnprojekt wirbt, ist der bekannte Schriftsteller und ehemalige Bewohner des alten CA, der Rafik Schami: "Es gibt 1001 Gründe, der CA-Idee im 21. Jahrhundert ein neues Zuhause in Rohrbach zu geben", schreibt er in der zum Projekt herausgegebenen Broschüre.
Info: Auf https://collegiumacademicum.de/website/wohnen wird das Konzept detailliert vorgestellt. Infos gibt es auch per E-Mail an kontakt@collegiumacademicum.de oder unter Telefon 06221 / 652236. Den Schlüssel zum Besichtigen des Demonstrators gibt es im "Fensterplatz", Kurfürstenanlage 58, täglich von 9 bis 21 Uhr.