„Ziel muss sein, die Gesellschaft zu schützen“: Hausarzt Albertus Arends. Foto: zg
Von Julia Lauer
Heidelberg. Was, wenn Menschen von der Maskenpflicht befreit werden wollen, obwohl das aus medizinischer Sicht nicht geboten ist? Und wann ist eine Befreiung sinnvoll? Fragen an Albertus Arends, Allgemeinmediziner mit Praxis in Neuenheim.
Herr Arends, immer wieder stellen Ärzte Befreiungen von der Maskenpflicht aus, ohne dass das medizinisch geboten wäre. Bei den Ärztekammern häufen sich deshalb Beschwerden. Sind Ihnen Fälle aus Heidelberg bekannt?
Mir sind keine Fälle bekannt, auch der Heidelberger Ärztekammer ist nichts bekannt. Es ist jedoch so, dass das Thema Corona spaltet, auch innerhalb der Ärzteschaft. Es gibt auch Mediziner in Heidelberg, die zu den "Querdenkern" zählen. Ich nehme allerdings an, die Realität holt sie bald ein.
Weil die Zahl der Infektionen steigt?
Die Zahl der Infektionen steigt, und es steht fest, dass Masken der Verbreitung der Krankheit etwas entgegensetzen. Vor Kurzem ist eine große amerikanische Studie der Universität Kansas erschienen, die das eindeutig belegt. Wer noch auf den Beweis wartete: Spätestens jetzt ist er erbracht.
Sie sind Pandemie-Beauftragter für den Rhein-Neckar-Kreis und Hausarzt. In welchen Fällen befreien Sie Ihre Patienten von der Maskenpflicht?
Das mache ich, wenn jemand nach wenigen Minuten unter der Maske über Atemnot klagt und auch der Sauerstoff-Sättigungsgrad des Blutes abnimmt. Ob die Sättigung um zwei bis drei Prozentpunkte sinkt, lässt sich über ein Sauerstoffsättigungs-Messgerät am Finger leicht ermitteln. Das sind häufig Menschen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, bei denen das der Fall ist. In ihrem Fall macht die Befreiung von der Maskenpflicht Sinn. Aber es ist nur eine kleine Gruppe von Patienten, für die das gilt.
Was ist mit Menschen mit Herzkrankheiten?
Bei ihnen ist das ähnlich. Auch in ihrem Fall kann eine Befreiung von der Maskenpflicht sinnvoll sein.
Und wie sieht es mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen aus?
Hier wäre ich vorsichtig und würde die Befreiung sehr strikt handhaben. Nur in wenigen Fällen ist die Befreiung von der Maskenpflicht gerechtfertigt. Unser Ziel muss sein, die Gesellschaft vor der Pandemie zu schützen. Möglichst viele Menschen müssen dazu beitragen.
Kommen denn auch Menschen in Ihre Neuenheimer Praxis, die eine Befreiung verlangen, ohne dass es hierfür nachvollziehbare medizinische Gründe gäbe?
Das passiert immer wieder. Gerade vergangene Woche kamen zwei Patienten, die unbedingt ein Attest wollten. Sie sahen nicht ein, eine Maske zu tragen, konnten das aber medizinisch nicht ausreichend begründen. Als sie sahen, dass sie damit nicht weiterkamen, haben sie meine Praxis erbost verlassen und laut geschimpft. Sie kommen wohl nicht wieder. Aber das Gemeinwohl geht nun einmal vor.