Ergün Gökcen, Inhaber des Imbisses „Yufka’s Kebap & Pizza“, und Öztürk Aydemir, Geschäftsführer der „Bier Brezel“, freuen sich, mehr Gäste im Freien bedienen zu können. Foto: Rothe
Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Heidelberg hat sich locker gemacht – nicht nur was die Aufhebung zahlreicher Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie betrifft, sondern auch in puncto Hilfestellungen und Angebote für Bürgerinnen und Bürger sowie Gewerbetreibende. Die Stadtverwaltung hat im Mai das Ziel ausgegeben, Projekte und Vorhaben schneller und unbürokratischer als bisher zu ermöglichen. Sie selbst nennt das "neue Ermöglichungskultur". Im Rahmen einer Pressekonferenz zog Oberbürgermeister Eckart Würzner am Montag eine Art Zwischenbilanz.
Der sichtbarste Aspekt der städtischen Sonderregelungen ist die ausgeweitete Außenbewirtschaftung. Seit Mitte Juni können Gastronomen dafür mehr oder erstmals überhaupt Fläche in Anspruch nehmen, auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen und Ladezonen. Die Stadt will in diesem Jahr zudem keine Gebühren für Tische und Stühle im öffentlichen Raum verlangen und auf Gebühreneinnahmen von rund 400.000 Euro verzichten. Rund 75 Betriebe haben bislang von der ausgeweiteten Außenbewirtschaftung Gebrauch gemacht. Unter ihnen das Restaurant "Bier Brezel" am östlichen Ende der Hauptstraße.
Sechs Tische mit 24 Stühlen haben Geschäftsführer Öztürk Aydemir und sein Team auf der Südseite der Heiliggeistkirche aufgestellt – zusätzlich zu den 18 Plätzen, die schon immer an der Außenseite des Lokals bereitstehen. "Für uns ist das ein Vorteil", sagt Aydemir. Während des Lockdowns habe man es mit einem Bestell- und Abholservice versucht. Gelohnt habe sich das nicht. Jetzt, mit mehr Plätzen im Freien, kämen auch wieder mehr Gäste. "Es ist nicht wie früher, aber besser", sagt Aydemir. Direkt an die "Bier Brezel" grenzt der neue Außenbereich des Imbisses "Yufka’s Kebap & Pizza" an. Auch hier freut man sich über das städtische Angebot. "Es ist eine gute Möglichkeit für mehr Umsatz", sagt Inhaber Ergün Gökcen.
Bei der ausgeweiteten Außenbewirtschaftung gehe es nicht um Mehreinnahmen, sondern darum, dass die Gastronomen Verluste kompensieren könnten, erklärt Oberbürgermeister Würzner. "Wir freuen uns, dass das geklappt hat." In dieser Zeit sei es wichtig, dass die Stadt sich zurücknehme und Betreibern und der Bevölkerung die Möglichkeit gebe, "etwas zu atmen".
Mehr Luft zum Atmen sollen auch die vielen anderen Teile des Maßnahmen-Pakets verschaffen, mit dem die Stadt der Wirtschaft unter die Arme greifen will. Einzelhändler etwa können Werbetafeln, Warenständer und Dekorationsgegenstände aufstellen, wovon insbesondere die Geschäfte in der Hauptstraße profitieren sollen. Auch die Schausteller dürfen seit zwei Wochen zeitweise ihre Buden in der Innenstadt aufstellen. Zudem sollen Baugenehmigungen grundsätzlich vereinfacht werden, die Errichtung von Solaranlagen weitgehend sogar ohne Genehmigung möglich sein.
"Wir möchten Freiräume schaffen und Lösungen finden, die den Menschen weiterhelfen", sagt Würzner. "Es geht darum, Vorhaben zu ermöglichen und sie möglichst unbürokratisch zu unterstützen, wo immer es geht." Würzner macht aber auch klar: Diese "Ermöglichungskultur" wird wohl zeitlich begrenzt sein. "Das soll vor allem in der jetzigen Krisensituation genutzt werden." Den Wünschen vieler Gastronomen, die ausgeweitete Außenbewirtschaftung auch nach 2020 beizubehalten, schob der Oberbürgermeister erst einmal einen Riegel vor. Auch er sei der Meinung, dass dies die Stadt lebenswerter mache, aber er möchte eben nicht nur Außengastronomie in der Stadt haben. Zu gegebener Zeit wolle man darüber diskutieren. Vorerst bleibe es jedoch bei einer "Interimslösung".
Durchaus gewillt zeigt sich Würzner hinsichtlich der Verlängerung der Außenbewirtschaftung bis 24 Uhr. "Ich persönlich finde das nicht schlecht", sagt er. Zunächst müsse man aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg abwarten. Der verhandelt am 29. Juli erneut die Kneipenöffnungszeiten in der östlichen Altstadt.