Volles Haus im DAI: Journalist und Autor Bas Kast stellte sein neues Buch "Ernährungskompass" vor. Foto: Philipp Rothe
Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Bas Kast hat beschlossen, aufzuräumen: Mit Ernährungsmythen und den teils widersprüchlichen Studien rund um das Essen. Mal gilt der Kaffee als heilsam, dann wird er wieder verteufelt und auch bei Butter, Eiern und dem Glas Wein am Abend sind sich die Experten nicht einig. Noch bevor der Wissenschaftsjournalist mit seinem Buch "Ernährungskompass" auf Lesereise geht, hielt der 45-Jährige einen Vortrag im Deutsch-Amerikanischen Institut. Mehr als 300 Besucher konnten einige Tipps mit nach Hause nehmen.
"Es gibt nicht zu wenig Informationen, sondern zu viele", stellte Kast gleich zu Beginn fest. Nachdem er selbst im Alter von 40 Jahren gesundheitliche Probleme bekam, begann er, sich mit dem Thema zu beschäftigen - und wühlte sich durch unzählige Studien. Bei seiner Arbeit hat er vor allem auch eines festgestellt: "Man trifft schnell auf Dogmen", so Kast. Mit Witz und Charme greift er sich für den etwa eineinhalbstündigen Vortrag einige heraus. Sein Buch soll keine "Bibel" mit neuen Glaubenssätzen sein. "Hier bekommen Sie keine gefühlten, sondern objektive Fakten", erklärte der Journalist.
Und so betet Kast auch keine "guten" und "schlechten" Nahrungsmittel runter. Stattdessen erklärt er die grundlegenden Prinzipien: Die Nahrungsmittel bestehen hauptsächlich aus drei großen Gruppen von Kalorien: Fetten, Kohlenhydraten und Eiweißen. Kalorie sei deshalb nicht gleich Kalorie. In vielen Studien wurde festgestellt, dass der Körper darauf bedacht ist, seine Ration Eiweiß (Proteine) aufzunehmen. Im Gegensatz zu Kohlenhydraten und Fetten kann er diese nämlich nicht speichern. Und tatsächlich: In einer Studie stellte sich heraus, dass Probanden, die plötzlich nur noch proteinreiche Nahrung bekamen, fast 40 Prozent weniger Kalorien zu sich nahmen. Die andere Gruppe, die nur noch ein eiweißarmes Buffet vor sich hatte, aß dagegen gut 30 Prozent mehr.
Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Die bekannte Atkins-Diät beispielsweise setze genau darauf: 30 Prozent der aufgenommenen Kalorien sollen Proteine sein. Das Problem der Diät ist allerdings, dass Nahrungsmittel immer "Pakete" sind, also immer aus einer Mischung verschiedener Inhaltsstoffe bestehen, von denen einige in größeren Dosen schädlich sind. Viele Versuchstiere habe die Diät bereits zu Herz- und Nierenpatienten gemacht, so Kast. Es gibt also "gute" und "schlechte" Proteinlieferanten. Pflanzliche Proteine seien unbedenklich, "bis das Gegenteil bewiesen ist", erklärte der 45-Jährige. Nüsse, Pilze und Haferkleie nannte er exemplarisch. Auch beim Fett müsse genau hingeschaut werden. Sogenannte gesättigte Fettsäuren und Transfette sind auf molekularer Ebene unflexibel und schlecht für den Körper, ungesättigte Fettsäuren dagegen gute Bausteine. Fettiger Fisch, Leinsamen, Olivenöl oder Avocados sind deshalb Butter, Milch oder rotem Fleisch vorzuziehen. In einer Überblicksstudie, die alle Metastudien zum Thema Nahrungsmittel seit der Nachkriegszeit zusammen fasst, kommt auch Kaffee gut weg. Einige Arten, am schlimmsten der Mokka, treiben allerdings das Cholesterin in die Höhe.
Zuletzt gibt Kast noch grundlegende Tipps: "Essen Sie echtes Essen. Denn stark verarbeitete Produkte enthielten deutlich weniger Proteine. Außerdem sollte das Fleisch eher Beilage sein und dafür mehr Gemüse gegessen werden. Fermentierte Milchprodukte wie Kefir oder Joghurt seien ebenfalls gesund und der Zuckerkonsum solle minimiert werden. Was auch oft helfe: Ein Zeitfenster, in dem man nicht isst. Das kann von acht Uhr abends bis acht Uhr morgens sein. Kast appellierte allerdings auch: "Genießt beim Essen."