Ein "Meilenstein"für die Brustkrebserkennung
Prof. Christof Sohn über seinen Bluttest zur Brustkrebserkennung - Besonders sinnvoll für junge Frauen - Aber es gibt auch ein Problem

Prof. Christof Sohn, Chef der Universitäts-Frauenklinik, und Prof. Sarah Schott haben den Bluttest mit einem großen Team entwickelt. "Wir sind uns sicher, dass er Ende dieses Jahres auf dem Markt ist", sagt Sohn. Foto: Uniklinik
Von Sebastian Riemer
Prof. Christof Sohn, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik, hat mit seinem Team einen Bluttest entwickelt, der Brustkrebs erkennt. Der RNZ erklärte der 58-Jährige am Donnerstag am Telefon, wie das geht.
Herr Professor Sohn, wie können Sie Brustkrebs im Blut nachweisen?
Wir haben Botenstoffe ausgemacht, die bei einer Krebserkrankung im Blut auftauchen. Insgesamt konnten wir 15 solcher Biomarker im Blut von an Brustkrebs erkrankten Frauen ausmachen. Mit deren Hilfe können wir auch kleine Tumore nachweisen.
Wie sicher ist die Vorhersage aus dem Bluttest?
Wir haben eine Treffsicherheit zwischen 70 und 80 Prozent. Bei jüngeren Frauen ist sie höher, bei älteren etwas niedriger. Und bei Hochrisikopatientinnen, die eines der sogenannten Brustkrebsgene tragen, ist die Trefferquote mit gut 80 Prozent besonders hoch.
Was ist der große Durchbruch bei diesem Verfahren?
Dass es so ein schnelles, einfaches Verfahren ist, für das wir nur wenige Milliliter Blut brauchen. Das ist ein Meilenstein. Jetzt geht es darum, wie wir das in der täglichen medizinischen Routine einsetzen.
Wenn eine Frau per Bluttest eine Krebsdiagnose bekommt - was passiert dann?
Das ist ganz wichtig: Unser Test ist keinerlei Konkurrenz zur Mammografie, Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT). Ergibt der Bluttest eine Krebsdiagnose, muss man mit diesen bildgebenden Verfahren weitergehen in der Diagnostik und den Tumor lokalisieren.
Aber der Bluttest erkennt ja schon sehr kleine Tumore. Was, wenn dieser im Bild nicht zu sehen ist? Dann weiß niemand, ob der Tumor einfach noch sehr klein ist - oder die Diagnose falsch.
Da legen Sie den Finger in die Wunde und sprechen ein wichtiges Problem an.
Eine große Belastung für die betroffene Frau. Was kann man dann tun?
Das macht uns auch Bauchschmerzen. Man wird dann wohl Verlaufsuntersuchungen machen müssen, um herauszufinden, ob die Diagnose tatsächlich stimmt.
Ist der Test denn für alle Frauen gleichermaßen sinnvoll?
Besonders sinnvoll ist er bei jungen Frauen - ab etwa 30 Jahren, wenn die Wahrscheinlichkeit für Brustkrebs steigt. Da deren Brust sehr dicht ist, ist die Diagnosesicherheit der Mammografie bei ihnen nicht so hoch. Und unser Test hat gerade bei jungen Frauen eine hohe Trefferquote.
Kann der Test eigentlich nur Brustkrebs identifizieren?
Der Test, den wir entwickelt haben, ist ganz spezifisch für Brustkrebs. Aber wir sind natürlich dabei, auch andere Tumorentitäten zu untersuchen, die jedoch jeweils ihre ganz eigenen Botenstoffe aussenden. Hier sind wir bei Eierstockkrebs schon auf einem guten Weg.
Sie haben nun eine Firma namens "Heiscreen" ausgegründet, um den Test auf den Markt zu bringen. Wann kommt er in den Frauenarzt-Praxen an?
Wir sind uns sicher, dass er schon Ende dieses Jahres auf dem Markt sein wird.
Was wird er kosten?
Seien Sie mir nicht böse, aber das ist nicht mein Metier. Das wird gerade kalkuliert. Auch, ob die Krankenkassen die Kosten übernehmen, ist im Moment noch ein Blick in die Glaskugel. Das ist ein längerer Prozess, den wir jetzt anstoßen.
Auf RNZ-Nachfrage fand sich beim Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg nicht ein einziger Forscher, der zu Ihrem Forschungsdurchbruch etwas sagen wollte - weil es noch keine wissenschaftliche Publikation dazu gibt. Warum eigentlich nicht?
Ich habe den Bluttest heute in Düsseldorf auf einem Ärzte-Kongress vorgestellt. Damit ist die Publikation erfolgt. Vorher konnten wir das nicht tun - aufgrund patentrechtlicher Beschränkungen.
Der RNZ berichteten Sie schon im November 2016, dass Sie mit Ihrem Team diesen Bluttest entwickelt haben. Warum wird er jetzt erst marktreif?
Insgesamt haben wir ja rund zehn Jahre daran geforscht. Wir waren damals, als die RNZ darüber schrieb, bei etwa 40 Botenstoffen - und mussten die richtigen 15 noch suchen. Zudem war das Verfahren damals noch nicht praxisreif: Das Blut musste in zwei bis vier Stunden untersucht werden, sonst war der Test nicht mehr brauchbar. Inzwischen sind wir bei sieben Tagen, sodass die Blutproben aus den Praxen auch an Labore geschickt werden können.