Von Denis Schnur
Heidelberg. Im Herbst könnte es bei der Betriebshof-Entscheidung auf seine Stimme ankommen: Björn Leuzinger ist der erste Heidelberger Stadtrat der Satirepartei "Die Partei". An deren Bundesvorsitzenden Martin Sonneborn will sich der Chemielaborant auch ein Beispiel nehmen. Im Interview erklärt der 30-Jährige, wie er seine Entscheidung trifft und ob er sich im Gemeinderat auch ernsthaft einbringen will.
Bei der Betriebshof-Debatte könnte Ihre Stimme am Ende entscheidend sein. Der RNZ haben Sie gesagt, Sie wollten Ihre Stimme meistbietend verkaufen. Kamen schon Angebote?
Bisher nur sehr unseriöse. Die CDU hat mir einen halben Kasten Bier geboten, die Grünen einen Kasten. So billig bin ich natürlich nicht.
Wo ist die Grenze?
Das müssen wir mal sehen. Martin Sonneborn hat ja im Europa-Parlament gesagt, er verkauft seine Mitgliedschaft bei einer Fraktion für eine Million Euro. Das sind so Größenordnungen, da können wir dann anfangen, drüber zu reden.
Und wenn keine seriöseren Angebote mehr reinkommen?
Dann hab ich ja gesagt, dass ich vielleicht das Welde-Orakel befrage. Da hat sich auch schon die Brauerei sehr erkenntlich gezeigt und mir eine nette Sendung mit zehn "Entscheidungshilfen" zukommen lassen.
In den Kronkorken der Flaschen steht immer "Ja", "Nein" oder "?". Wollen Sie eine so emotionale Entscheidung wirklich dem Zufall überlassen?
Es ist zumindest eine sehr transparente Entscheidung. Dann kann jeder nachvollziehen, wie ich dazu gekommen bin.
Und was passiert beim Fragezeichen?
Dann enthalte ich mich. Wenn es dann zur Stimmengleichheit kommt, zählt die Stimme vom Oberbürgermeister doppelt.
Ist es dann nicht schon wieder unfair?
Eigentlich schon. Vielleicht würfel ich dann noch. Oder ich trinke mehr Bier.
Ihr Wahlkampf war von Satire und Spaß geprägt. Hätten Sie gedacht, dass sie gleich bei einer so ernsten Entscheidung so im Mittelpunkt stehen?
Dass es jetzt gleich am Anfang so ernst wird, hätte ich nicht erwartet. Aber ich bin natürlich vorbereitet und hab mir schon Strategien zurecht gelegt. Ich hab schon einen Würfel zuhause mit drei grünen und drei roten Seiten. Partei-Rot bedeutet natürlich ja, weil Grün immer nein bedeutet. Die Grünen sind ja immer dagegen.
Sie wollen wirklich im Stadtrat Entscheidungen per Zufallsprinzip treffen?
Ich bekomme jetzt Budget für einen Mitarbeiter für eine 25-Prozent-Stelle. Der wird mir einen Teil der Arbeit wegnehmen und mich vorbereiten können. Aber auch nicht auf alles. Und bei Themen, die uns überhaupt nicht interessieren, werden wir das dann so lösen.
Bei Themen, die Sie interessieren, werden Sie also auch ernsthaft abstimmen?
Da sage ich mal ein klares "vielleicht".
Sie haben ja vor dem Bürgerentscheid auch schon für "Ja" geworben.
Ja, wir sind natürlich dagegen, den Betriebshof auf den Ochsenkopf zu bauen, weil wir ihn unterirdisch unter den Boxberg bauen wollen. Da hat sich jetzt auch nach der konstituierenden Sitzung eine klare Mehrheit ergeben. Ich hoffe, dass die mündlichen Zusagen dann auch eingehalten werden.
Von wem kamen die?
Im Prinzip von allen Fraktionen. Nur die unseriösen hab ich nicht gefragt - etwa die Spaßpartei FDP. Oder die AfD, da ist mir eigentlich egal, was die denken.
Die RNZ hatte zuletzt Ihre Gruppe als "Spaßpartei" bezeichnet. Dagegen wehren Sie sich.
Auf jeden Fall! Wir sind ja nicht die FDP. Wir lehnen Regierungsverantwortung nicht ab. Außerdem wollen wir auch keine Parkplätze auf Bäumen bauen.
Aber erstmal sind Sie Einzelstadtrat - was vieles schwieriger macht. Haben Sie keine Partner gesucht?
Doch, es gab tatsächlich Fraktionsverhandlungen mit der Grün-Alternativen Liste. Letztlich ist es daran gescheitert, dass meine Forderungen nach einer Couch, einer Globus-Bar im Fraktionsbüro und einem Kühlschrank mit Sonnebräu abgelehnt wurden. Stattdessen haben sie sich den Freien Wähler geschnappt. Ich weiß nicht, was der für Forderungen hatte. Wahrscheinlich gar keine.
Aber Sie sitzen jetzt trotzdem neben einem riesigen grünen Block im Gemeinderat. Wollten Sie dahin?
Nein. Ich hab als erstes gesagt, dass ich in der extremen Mitte sitzen möchte. Denn Die Partei ist natürlich die extreme Mitte. Es kann links und rechts davon nichts geben. Das wurde am Anfang auch bewilligt. Dann hat aber die SPD gesagt, sie möchte in die Mitte, was ich ja schon recht witzig finde - weil Mitte sind die schon lange nicht mehr. Und links schon dreimal nicht. Und dann lief drei Wochen die Diskussion, wer wo sitzen darf, wer nicht neben wem sitzen will, wer vorne und wer hinten sitzt. Irgendwann war es mir zu bunt und ich hab gesagt: Setzt mich irgendwohin!
Die räumliche Nähe zu den Grünen hat also nichts mit inhaltlicher Nähe zu tun?
Das weiß ich noch nicht. Es kommt drauf, wie die Grünen jetzt bei der Boxberg-Frage abstimmen.