Die Agentur für Arbeit in Heidelberg. Foto: zg
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Der Arbeitsmarkt in Heidelberg leidet stark unter der Corona-Pandemie und steht doch im Vergleich zu vielen anderen Städten und Kreisen in Baden-Württemberg relativ gut da. Das geht aus dem Bericht von Klaus Pawlowski, dem vorsitzenden Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Heidelberg, hervor, den er am Mittwochabend im neu gegründeten Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft (AWW) vorstellte.
"Es hat uns hart getroffen, es geht aber noch deutlich härter", sagte Pawlowski. Im April und Mai stieg die Arbeitslosigkeit in Heidelberg um 40 Prozent, in Baden-Württemberg insgesamt aber sogar um 60 Prozent. Mittlerweile habe sich der Arbeitsmarkt wieder stabilisiert, die prozentualen Schwankungen bewegen sich laut Pawlowski auf Vorjahresniveau. Nach den aktuellen Erhebungen (Stand Ende Oktober) sind 5,7 Prozent der Heidelberger Erwerbstätigen arbeitslos.
Ein Grund, warum die Stadt bislang noch relativ glimpflich davon gekommen ist, liegt in den Augen von Pawlowski auf dem Branchenmix. "Wir haben bodenständige und innovative, kleine und große Unternehmen und eben keine Monostrukturen." Besonders hart habe es die Gastronomie, die Hotellerie, Zeitarbeitsfirmen und das verarbeitende Gewerbe getroffen. Ältere Menschen und Berufseinsteiger hätten aktuell deutlich weniger Chancen, eine neue Arbeitsstelle zu bekommen als in der Vor-Corona-Zeit. In der Spitzenwoche musste die Arbeitsagentur 194 Arbeitslosenmeldungen pro Tag bearbeiten. "Im normalen Durchschnitt sind es 20 am Tag", so Pawlowski.
Quasi über Nacht musste die Agentur für Arbeit ihren kompletten Betrieb auf die Bearbeitung von Kurzarbeitergeld umstellen. Ende Oktober bezogen allein in Heidelberg 29.500 Beschäftigte von 2012 Betrieben Kurzarbeitergeld. Im gesamten Bezirk, also in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis, zahlte die Agentur für Arbeit bis Mitte Oktober 144 Millionen Euro an die Arbeitgeber aus. Pawlowski: "Das ist das 163-Fache im Vergleich zum Vorjahr." Allein in der Stadt waren es mehr als 40 Millionen Euro Kurzarbeitergeld.
Viel schlimmer wäre eine Insolvenzwelle, die im nächsten Jahr drohe, wenn sich die Wirtschaft nicht erhole. Leidtragende wären dann die Berufseinsteiger. "Es droht eine Corona-Generation", warnt Pawlowski. Statt 1239 gab es im aktuellen Jahr nur 956 Ausbildungsstellen, das macht ein Minus von fast 23 Prozent. Noch konnte das die Arbeitsagentur gut auffangen. "Wir haben aktuell nur 14 Bewerber, die noch nicht mit einer Stelle oder einem Weiterbildungsangebot versorgt sind", berichtet Pawlowski stolz. Im nächsten Jahr könnten die Schwierigkeiten aber noch viel größer werden. Die Arbeitsagentur wolle aber auf jedem Fall in ihrem Ziel festhalten, jedem Jugendlichen ein Berufsangebot machen zu können.
Pawlowski blickte aber auch in die Zukunft: "Irgendwann ist Corona vorbei." Und dann drohe auch in Heidelberg ein eklatanter Fachkräftemangel, vor allem in den Gesundheitsberufen. Dies sei schon jetzt die größte Branche in Heidelberg. 25.065 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt es im Gesundheits- und Sozialwesen. Auf dem zweiten Platz folgen mit weitem Abstand wirtschaftliche Dienstleistungen mit 15.059 Beschäftigten. Zum Vergleich: Das Gastgewerbe kommt gerade einmal auf 4116.
"Das, was wir gerade erleben, ist nur die Aufwärmphase", befürchtete Oberbürgermeister Eckart Würzner nach Pawlowskis Vortrag. Die Corona-Krise werde die Stadt noch lange beschäftigen. "Das Endergebnis kennen wir noch nicht."