Wählerin bei Bürgerentscheid. Symbolfoto: dpa
Von Denis Schnur
Heidelberg. Im Streit um das Ankunftszentrum für Geflüchtete läuft alles auf einen Bürgerentscheid hinaus. Dass das Bürgerbegehren gegen eine Verlagerung auf die Wolfsgärten zulässig ist, stellte der Hauptausschuss der Stadt am Dienstagabend einstimmig fest. Darüber hinaus trafen die Gemeinderäte jedoch trotz einer gut zweistündigen emotionalen Debatte keine Entscheidung – weil die Grünen um mehr Zeit baten. Somit bleiben bis zur Gemeinderatssitzung am 17. Dezember vor allem drei Fragen offen:
Wird es überhaupt einen Bürgerentscheid geben? Danach sieht es aktuell aus. Zwar hat der Gemeinderat die Möglichkeit, dem Bürgerbegehren stattzugeben und die Wolfsgärten auszuschließen. Das hat auch ein Bündnis aus SPD, Linke, Bunte Linke, GAL, HiB und "Die Partei" beantragt und an die Grünen appelliert: "Geht in euch und überlegt, ob ihr mit der Entscheidung für die Wolfsgärten nicht einen Fehler gemacht habt", forderte Anke Schuster (SPD). "Dann könnt ihr dem Begehren stattgeben und wir haben die Sache vom Tisch."
Doch in der Sitzung schien es nicht, als wollten die Grünen ihre Entscheidung revidieren: "Wir stehen zu unserem Beschluss", betonte Manuel Steinbrenner. Ohne die Grünen kommt das Bündnis der Wolfsgärten-Gegner jedoch nur auf 16 von 48 Stadträten – und die Befürworter lehnen den Vorstoß ab: "Jeder von uns lebt in einer Blase", erklärte etwa Karl Breer (FDP), "deshalb sollten wir alle Bürger befragen, um ein objektives Bild zu bekommen." Neben den drei Grünen-Räten, die im Sommer gegen die Wolfsgärten waren, bräuchte es also weitere Unterstützung aus der größten Ratsfraktion, um einen Bürgerentscheid doch noch zu verhindern.
Wann würde ein Entscheid stattfinden? Diese Frage sorgt für reichlich Streit. Schließlich geht es nicht nur um ein Datum, sondern darum, ob der Entscheid parallel zur Landtagswahl (14. März) stattfindet – oder am Ende der Osterferien (11. April). Die Wolfsgärten-Gegner sind klar für den ersten Termin. Eine Zusammenlegung mit der Wahl sei einfacher, günstiger und sorge für eine höhere Beteiligung. "Alles andere wäre demokratischer Nonsens", findet Hilde Stolz (Bunte Linke). Zudem sei ein Termin in den Schulferien nicht fair, so Schuster.
Die Verwaltung argumentiert dagegen, eine Trennung von der Landtagswahl sei sinnvoll, damit diese Frage die Aufmerksamkeit erhalte, die sie verdiene. Auch die Kommunalwahlen 2009 hätten am Ende der Pfingstferien stattgefunden. Vor allem könne man aber nur bei einem separaten Termin allen Bürgern aktiv die Briefwahlunterlagen vorab zuschicken. Und das sei während der Pandemie wichtiger als die Frage, ob parallel eine Wahl stattfinde. "Am 14. März wäre die Beteiligung niedriger", sagte OB Eckart Würzner. "Das halte ich für Quatsch!", entgegnete ihm Sahra Mirow (Linke). Die Gegner bezweifeln zudem, dass es nicht möglich sein soll, die Unterlagen aktiv zuzuschicken, wenn der Bürgerentscheid parallel zur Landtagswahl stattfände. Hier soll das Rechtsamt der Stadt für Klarheit sorgen.
Die Entscheidung zum Termin wird am Ende wohl bei den Grünen liegen. Die Fraktion hat sich jedoch öffentlich noch nicht auf eine Position festgelegt. Das dürfte aber auch nicht leicht werden: Stadtrat Manuel Steinbrenner hat schon vor der Sitzung deutlich gemacht, dass er gegen eine Verknüpfung von Entscheid und Wahl ist, während Christoph Rothfuß, der schon im Juni gegen die Wolfsgärten stimmte, den gemeinsamen Termin als "nur logisch" bezeichnete.
Wie viele Fragen werden gestellt? Bis Anfang der Woche ging es nur um die Frage, die bereits im Bürgerbegehren formuliert wurde: "Sind Sie gegen eine Verlagerung des Ankunftszentrums für Flüchtlinge an das Autobahnkreuz auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche Wolfsgärten?" Doch OB Würzner verwies im Gespräch mit der RNZ auf die Möglichkeit, parallel ein "Ratsreferendum" einzuberufen: Wenn der Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit eine Fragestellung festlegt, könnten die Bürger auch über eine Alternative befragt werden. Würzner wollte etwa fragen, ob die Bevölkerung möchte, dass PHV so entwickelt wird wie bislang geplant und beschlossen.
Die Wolfsgärten-Gegner sind offen für die Idee. "Da kann man drüber nachdenken", sagte etwa Björn Leuzinger (Die Partei). Jedoch wird es schwierig werden, sich auf eine Formulierung zu einigen: "Dann aber mit einer Frage, die Sinn ergibt", betonte SPD-Rätin Schuster und erteilte dem Vorschlag Würzners eine Absage. Stattdessen müsse etwas gefragt werden wie: "Sind Sie dafür, dass das Ankunftszentrum an eine Randlage von PHV kommt und dort maximal acht Hektar belegt?"