Baudirektor Bernd Müller, Landtagsabgeordneter Albrecht Schütte, Staatssekretärin Gisela Splett, Ministerin Theresia Bauer, Bürgermeister Jürgen Odszuck, Katrin Tönshoff (Hopp-Stiftung), Hans-Peter Wild, Beate Spiegel (Tschira-Stiftung), Uni-Rektor Bernhard Eitel, Karlheinz Meier (Kirchhoff-Institut) und Architekt Michael Ohnemus (v.l.) griffen zum Spaten. Foto: Rothe
Von Maria Stumpf
Sie sind energieeffizient, robust gegenüber Fehlfunktionen und können lernen: Neuromorphe Computer sind Computer nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns. Die Erforschung dieser Zukunftstechnologie, also das Verständnis der Gehirnstrukturen und -funktionen, findet nun in Heidelberg einen festen Platz: Am Freitag war mit hochkarätigen Gästen aus Wissenschaft, Landespolitik und Stadtgeschehen der feierliche Spatenstich für das neue Gebäude European Institute für Neuromorphic Computing (EINC) der Universität.
Rund 18 Millionen Euro fließen in das 2200 Quadratmeter große Forschungsinstitut der Heidelberger Wissenschaftler im europäischen Human Brain Project (HBP) - im Jahr 2013 gestartet als Flaggschiff-Initiative für zukunftsweisende Technologien der Europäischen Kommission. Verschiedene Technologieplattformen daraus sind Grundlage für die Zusammenarbeit von Informatik, Klinikforschung und Ingenieurwesen. 116 europäische Partnerorganisationen wollen in den kommenden Jahren ein neues Verständnis für Gehirnforschung erlangen. Behandlungsmöglichkeiten für Hirnkrankheiten und neue biologisch inspirierte Computertechnologien werden hierbei untersucht: Grundlagenforschung also mit therapeutischen Nutzen.
Zwei Jahre sind für die Bauzeit für das Großprojekt auf dem Campus im Neuenheimer Feld angesetzt, bislang waren die Gehirn-Forscher des Projekts in Nachbarschaft zum Kirchhoff-Institut für Physik in Containern untergebracht. Städtebaulich rundet der EINC-Neubau dann den Baukomplex der Physikalischen Institute ab - errichtet auf historischem Baugrund einer alten Römerstraße. Die Hälfte der Baukosten kommt von der EU, das Landeswissenschaftsministerium steuert weitere zwei Millionen bei. Mit einer Summe von sechs Millionen sichern drei private Förderer die Finanzierung: Hans-Peter Wild, Ehrensenator der Universität, unterstützt das Projekt mit drei Millionen. Mit jeweils 1,5 Millionen sind die Klaus-Tschira-Stiftung und die Dietmar-Hopp-Stiftung dabei. Die Universität bringt eine Million Euro auf.
Finanzstaatssekretärin Gisela Splett betonte in ihrer Ansprache, dass mit dem Neubau nun noch mehr Synergieeffekte auf dem Uni-Areal genutzt werden könnten: "In einem solchen Umfeld kommt die Gehirnforschung sicher gut voran." Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sagte, dass die Vernetzung europäischen Wissens besonders auch für den Standort Baden-Württemberg von Bedeutung sei. "Es ist ein Tag, an dem Zukunft greifbar wird", freute sich auch Uni-Rektor Bernhard Eitel. Zur komplexen Finanzierung des Großbauprojekts aus unterschiedlichen Töpfen merkte er lachend an: "Es war die Summe aller möglichen Schwierigkeiten. Aber wir haben es geschafft."
Und was passiert da jetzt in Heidelberg? Herzstück des Neubaus ist die zentrale, über vier Ebenen reichende Halle für den Aufbau von Computersystemen. Umschlossen wird sie mit Büroflächen und Seminarräumen. Ein Showroom und Flächen für Ausstellungen laden Besucher ein. Das EINC wird Platz bieten für Wissenschaftler um Prof. Karlheinz Meier vom Kirchhoff-Institut.
Können Computer Entscheidungen treffen, Schach und Go spielen, Auto fahren oder kommunizieren? "Ja, können sie", so Meier. "Aber unser Kopf funktioniert beim Lernen anders als künstliche Systeme." Google etwa brauche 50 Millionen Bilder, um zu lernen, was eine Katze ist. "Ein Kind schaut einmal hin und weiß es dann." Neuromorphe Computer eigneten sich besonders gut zur Realisierung kognitiver Computer, die komplexe Daten analysieren und erlerntes Wissen für Vorhersagen nutzen könnten. Das Gebäude werde die Arbeit von der Entwicklung theoretischer Prinzipien über Chipdesign, elektronische Schaltungen und Softwareentwicklung bis hin zum Experimentieren und Aufbau des Systems insgesamt unterstützen. "Hier werden Kenntnisse zusammengeführt. Ich sehe keinen anderen Ort der Welt, wo das schon passiert."