Rund 40 Hebammen machten gestern auf dem Bismarckplatz auf die Probleme ihres Berufs aufmerksam. Foto: Alex
Von Steffen Blatt und Susanne Kupke
Heidelberg. Bismarckplatz, gestern um 16.30 Uhr. Geschäftiges Treiben, Sonnenschein. Plötzlich ertönen zwei Trillerpfeifen, und auf Kommando verharren rund 40 Frauen in Weiß regungslos. Sie sehen aus wie Schwangere, haben sich Kissen unter ihre T-Shirts und Blusen gestopft. Sie halten Schilder in die Höhe, auf denen "Allein gelassen im Wochenbett" steht oder "Allein gelassen bei der Geburt". Nach fünf Minuten erneut ein Trillersignal, und die Gruppe löst sich wieder auf. Mit diesem Flashmob machten Geburtshelferinnen am "Tag der Hebamme" auf ihre schwierigen Arbeitsbedingungen aufmerksam.
Denn gerade unter den freiberuflich Tätigen geben immer mehr Frauen ihren Beruf auf - vor allem, weil die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung stetig weiter steigen. Über 6000 Euro müssen Hebammen ab Juli pro Jahr zahlen, damit sie abgesichert sind, wenn ein Neugeborenes zu Schaden kommt. In den letzten zehn Jahren sind die Prämien um etwa 400 Prozent gestiegen. Das ist zwar auch der baden-württembergischen Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) "ein großes Anliegen", wie sie in Stuttgart sagte. Sie schiebt den Schwarzen Peter aber an die Kassen weiter. Die AOK Baden-Württemberg wiederum verweist auf laufende Verhandlungen in Berlin zwischen dem Deutschen Hebammenverband und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Aber auch die angestellten Geburtshelferinnen plagen Probleme. Zwar zahlen ihre Arbeitgeber - in aller Regel die Kliniken - die Versicherungsbeiträge. "Die Deckungssumme ist aber häufig zu gering, darum raten wir zu einer privaten Zusatzversicherung", sagt Michiko Rodenberg, die Kreisvorsitzende des Hebammenverbandes Rhein-Neckar, der den Flashmob organisiert hat. Dazu kämen "wahnsinnig viele Überstunden". Teilweise müsse eine Hebamme bis zu sieben Geburten gleichzeitig betreuen oder nach ihrem eigentlichen Schichtende noch länger bleiben. Und schließlich stehe das Gehalt in keinem Verhältnis zur Verantwortung, die die Frauen tragen. Angestellte Hebammen werden wie Pflegekräfte bezahlt, das Grundgehalt für Berufseinsteiger liegt bei etwa 2300 Euro brutto.
"Darum haben die Kliniken mittlerweile Probleme, ihre freien Stellen zu besetzen, auch in Heidelberg", sagt Rodenberg. Und so würden manche Schwangere bei der Suche nach einer Geburtshelferin nicht mehr fündig. Daher fordert der Hebammenverband die Einführung einer Eins-zu-eins-Betreuung in den Kliniken - damit es nicht noch mehr Hebammen so machen wie einige von Rodensteins Kolleginnen: Sie wechselten den Job und arbeiten jetzt in Kitas oder als Verkäuferin.