Amtsleiterin Dörthe Domzig, Ulli Biechele (Plus) sowie der städtische Antidiskriminierungsbeauftragte Christian Scholl (v.l.) sind stolz auf das neue Angebot. Foto: Rothe
Von Stefan Meyer
Schwul, transident, intersexuell: Wenn ein Mensch vom heterosexuellen Geschlechtermodell abweicht, ist das nicht selten mit Fragen und Problemen verbunden - für die Person selbst, aber auch für ihre Familie und ihr Umfeld. Um diese Menschen zu unterstützen und um mehr Akzeptanz zu schaffen, hat das städtische Amt für Chancengleichheit nun ein spezielles Beratungsangebot eingerichtet. Immer am zweiten Montag eines Monats findet eine kostenfreie Sprechstunde zu Fragen der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität statt, die von der "Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar" (Plus) aus Mannheim betreut wird.
Eigentlich ist es bereits der zweite Anlauf für dieses Angebot, denn schon im Rahmen des monatlichen Treffs "Safer Space" in den Breidenbach-Studios hatte Plus in Heidelberg eine Sprechstunde angeboten. Als die Förderung durch das Land gekürzt wurde, musste das Angebot letztes Jahr allerdings eingestellt werden. "Es war nicht das richtige Format damals, und es ist wichtig, das Thema aus der Nische herauszubekommen", betont der Antidiskriminierungsbeauftragte der Stadt, Christian Scholl. Das neue Angebot - ebenfalls vom Land gefördert - habe man daher bewusst in den Räumen der Stadt angesiedelt, um mehr Leute zu ermutigen, die Sprechstunde zu besuchen.
Dass der Bedarf für ein derartiges Angebot besteht, wurde laut Amtsleiterin Dörthe Domzig explizit an die Stadt herangetragen. Es zeige sich jedoch auch in der Praxis: "Aus Sicht der Psychologie ist die Frage nach dem Coming-out immer ein kritisches Lebensereignis, auch wenn nicht unbedingt massive Diskriminierung oder Verletzung zu befürchten wäre", betont Plus-Mitbegründer Ulli Biechele. "Gehöre ich nicht der heterosexuellen Norm an? Oder der Norm von Mann und Frau? Es schüttelt immer die Identität von jungen Personen, die sich damit zurechtfinden müssen, eine andere Rolle für sich zu finden als die, die kulturell vorgegeben wird." Doch auch für erwachsene Menschen sei eine Beratungsstelle wichtig. Denn selbst wenn man sich geoutet habe und eine gefestigte Identität besitze, könne man immer wieder in Krisen geraten. "Wenn es im sozialen Umfeld Probleme gibt, wenn psychische oder Partnerschaftsprobleme auftauchen, haben wir die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, dort Unterstützung zu finden, wo man die Lebenswelt kennt", so der Psychologe.
Die Plus-Berater sind daher in der Szene verwurzelt. Sie kennen die entsprechenden Normen und Codes, aber auch die kritischen Punkte wie die Beziehung zur Familie, wo es immer wieder Verletzungen geben könne. Patentrezepte und Standardlösungen gebe es aber nicht - und das wolle man auch nicht. "Mir ist wichtig zu sagen, dass wir keine normierten Lesben, Schwule oder Transmenschen produzieren wollen", betont Biechele. "Stattdessen wollen wir die Menschen darin bestärken, eine eigene Identität und einen eigenen Weg zu finden, der auch wirklich zu ihnen passt."
Info: Die Beratung findet jeden zweiten Montag im Monat von 10 bis 12 Uhr im Bürgeramt Mitte, Bergheimer Straße 69, statt - das nächste Mal am 10. Juli. Terminvereinbarung unter Telefon 0621 / 3362110 oder per E-Mail an team@plus-mannheim.de.