Zum vierten Mal lud Künstler Matthis Bacht zur "Hausbeleuchtung" an das "Haus am Wehrsteg" ein. In diesem Jahr stand die Lichtinstallation unter dem Motto "Das Recht auf Poesie". Foto: Philipp Rothe
Von Lena Scheuermann
Heidelberg. Die Fotografen des Kalamari Klubs und die Künstlerin Patricia Escriche fordern für sich das "Recht auf Poesie" ein. Ein Recht, das in der Fotografentradition in Deutschland mit scheinbar objektiven und dokumentieren Lichtbildern lange nicht selbstverständlich war. "Recht auf Poesie" heißt nun auch die Ausstellung im Haus am Wehrsteg. Gezeigt werden ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografien. Die Objekte wurden aus ganz ungewöhnlichen Blickwinkeln eingefangen. Im Rahmen einer Lichtinstallation wurde die Fassade des idyllisch am Neckar gelegenen Gebäudes nun mit diesen Bildern in Szene gesetzt.
Laut Matthis Bacht, der das Haus am Wehrsteg seit 2013 als künstlerischer Leiter verwaltet, geht es den Künstlern bei ihren Werken besonders um die "Darstellung unmittelbarer Erfahrung, die man nicht ganz greifen kann". Passend dazu habe man den Titel ausgewählt, wie Bacht erklärt: "Poesie ist das, was passiert, wenn man von Bildern und Worten ergriffen wird, und man nicht versteht warum."
Eine gewisse Poesie entsteht auch dadurch, dass ausschließlich analoge Fotografien gezeigt werden. Für Nicolas Reinhart, der sich mit sechs weiteren jungen Fotografen zum offenen Künstlerkollektiv des Kalamari Klub zusammengeschlossen hat, fühlt sich die analoge Fotografie im direkten Vergleich zu digitalen in gewisser Weise "echter" an. Besonders der Entwicklungsprozess der Fotografien hat es den Künstlern angetan: "Wir haben den Anspruch und den Wunsch, Sachen selbst machen zu können. In unseren Arbeiten geht es um Prozesse, darum ein Teil des Prozesses zu sein. Bei analoger Fotografie sieht man jeden kleinen Griff, jede kleine Spur im Bild." Alles an den Fotos, von der Wahl des Motivs, über die Entwicklung in der Dunkelkammer und das Erstellen der Abzüge, wurde selbst in die Hand genommen. "Durch die geheimnisvollen Spuren des Entwicklungsprozesses" werden die Fotos laut Bacht zusätzlich "poetisiert".
Pünktlich mit Einbruch der Dunkelheit wird die Lichtinstallation der Künstler auf die Gartenseite des Hauses projiziert. "Wir wollen mit der Fassade des Hauses arbeiten und sehen, was darauf funktioniert, etwa Landschaftsbilder als Gegensatz zeigen, aber auch Bauwerke und das Natürliche, das auch hier im Haus vertreten ist", so Reinhart. Und das gelingt den Künstlern: Gezeigt werden etwa Gebäude, die mit der Backsteinwand des Hauses am Wehrsteg zu verschmelzen scheinen, Unterwasseraufnahmen oder Aufnahmen von Natur, die wie verlängerte Schatten des umliegenden Gartens wirken. Begleitet wird die Show zudem durch eine Live-Vertonung von Moritz Fiedler.
Die gemütliche Atmosphäre am Neckarufer und die Projektion der Schwarz-Weiß-Aufnahmen kommen bei den zahlreichen Besuchern sehr gut an. So meint etwa Gabriel Noll: "Ich finde es besonders ansprechend, weil alles so unaufgesetzt und natürlich wirkt, die Kunst hat etwas ziemlich Authentisches." Und Kai Ring ergänzt: "Ich finde es toll, dass sich hier ein Ort entwickelt hat, an dem Künstler mit ganz unterschiedlichen ‚Professionalisierungsgraden‘ ausstellen können. Dieser Ort hat eine unglaubliche Bandbreite, das ist einzigartig in ganz Heidelberg."
Info: Die Ausstellung "Ein Recht auf Poesie" läuft noch bis 25. Juni. Immer donnerstags, von 14 bis 18 Uhr, und samstags und sonntags, jeweils von 12 bis 18 Uhr, können die Fotografien im Haus am Wehrsteg in der verlängerten Uferstraße bewundert werden. Parallel dazu ist noch bis 22. Juni die Ausstellung "La Vegas - eine archäo-bibliophile Untersuchung" von Florian Arnold zu sehen.