Anbaden im Heidelberger Neckar: Wenn der Kopf will, kann auch der Körper (plus Fotogalerie)

Projekt "Neckarorte" lud zum Anbaden an den Neckar - Über 70 Heidelberger bewiesen, dass sie keine Warmduscher sind

19.02.2017 UPDATE: 20.02.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Vier Grad kalt war gestern Nachmittag das Wasser im Neckar: Und dennoch herrschte am Einstieg in den Fluss gestern zwischendurch Gedränge. Das Neckarorte-Anbaden war ein voller Erfolg. Foto: Philipp Rothe

Von Sara Wess

Heidelberg. Mit Bademantel und Mütze bekleidet stehen sie am Iqbal᠆ufer, zittern - und warten. Dann, nach ein paar Trockenübungen zum Aufwärmen, heißt es endlich: Ab in den Neckar! Und das kostet Überwindung, denn die Wassertemperatur beträgt am Sonntagnachmittag nur knappe vier Grad. Doch davon lassen sich die mehr als 70 Schwimmer nicht abschrecken.

Es ist das erste Mal, dass die Heidelberger Gruppe der Architektenkammer sowie die Stadt zum Anbaden am Neckarufer im Stadtteil Bergheim einladen - als Teil der vergangenes Jahr gestarteten Reihe "Neckarorte - Stadt an den Fluss". Andreas Schettler hat sich als Erster ins Wasser getraut. "Das Anbaden kenne ich aus den Niederlanden, dort treffen sich zu Neujahr knapp 10.000 Schwimmer in Den Haag", erzählt der 60-Jährige, der eine Mütze in den niederländischen Nationalfarben trägt. "Das Ganze ist einfach eine Frage der Mentalität: Kann der Kopf mit der Kälte umgehen, kann es der Körper auch."

Hintergrund

Stimmen zum Anbaden:

> Leo Hechel (55), Neustadt: "Ich bin begeistert vom Anbaden. Die Aktion ist gut organisiert und durchdacht, da hat sich die Fahrt gelohnt. Die Stimmung hier ist toll, man kann die Lebensfreude förmlich spüren.

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Stimmen zum Anbaden:

> Leo Hechel (55), Neustadt: "Ich bin begeistert vom Anbaden. Die Aktion ist gut organisiert und durchdacht, da hat sich die Fahrt gelohnt. Die Stimmung hier ist toll, man kann die Lebensfreude förmlich spüren. Am besten gefällt mir aber die Band, die machen das echt klasse."

> Katrin Rulffes (52), Neuenheim: "Der Neckar ist so schön und teilweise so versteckt, da bieten die Neckarorte eine tolle Gelegenheit, versteckte Plätze neu zu entdecken. Am Iqbalufer zum Beispiel könnte man auch toll picknicken!"

> Nicola Lutzmann (41), Neuenheim: "Es ist über 15 Jahre her, dass ich zum letzten Mal im Neckar schwimmen war. Aber das Erlebnis beim Winterbaden ist noch immer gleich: Die ersten paar Sekunden sind in Ordnung, aber dann beginnt der Kreislauf zu arbeiten, und der Kälteschock macht sich bemerkbar. Aber danach fühlt man sich richtig gut."

> Lukas Schaumlöffel (21), Pfaffengrund: "Ich habe richtig Respekt vor den Schwimmern. Da gehört schon Mut dazu, sich bei diesen Temperaturen in den Neckar zu wagen. Wäre ich nicht gerade erst erkältet gewesen, hätte ich spontan mitgemacht. Ich hoffe, die Aktion wird nächstes Jahr wiederholt. Es ist schön zu sehen, wie die verschiedenen Neckarorte durch die Initiative immer beliebter werden."

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Im Hintergrund stehen ein paar Kinder, vor Nässe triefend - und schnell in ein Handtuch gepackt. Eine von ihnen ist die achtjährige Marlene Berner. "Wir sind viel draußen unterwegs, da war klar, dass wir auch beim Anbaden dabei sind", erklärt Papa Ralph Berner. Der 45-Jährige findet es wichtig, dass auch "der Neckar außerhalb der Neckarwiese entdeckt wird". Marlene ist ganz begeistert von der Aktion: "Es war nur ein bisschen kalt", sagt sie - und springt gleich noch einmal ins Wasser.

Nach dem Baden steht für die meisten ein Besuch in der Fasssauna auf dem Programm, danach gibt es heiße Suppe und Apfelpunsch. Um die musikalische Begleitung des Badegangs kümmert sich der Heidelberger Elternchor "Die Mamas und Papas": In Bademantel und Duschhaube gehüllt stehen die knapp 30 Sänger am Ufer und präsentieren ihre selbst geschriebenen Lieder zu bekannten Pop- und Rockmelodien.

Am Gehweg, in sicherer Entfernung zum Wasser, sitzt Ingeborg Fischer. Hier am Iqbalufer erinnert sich die 80-Jährige gerne an alte Zeiten zurück. "Früher waren mein Mann und ich hier oft spazieren, manchmal sind wir sogar auf die andere Seite geschwommen", erzählt die Seniorin und deutet über den Fluss. "Da war es noch so schmutzig, dass wir danach voll Öl waren. Das muss in den 50er-Jahren gewesen sein." Heute wohnt die gebürtige Altstädterin im Pfaffengrund und findet nur noch selten Gelegenheit, ans Iqbalufer zu kommen.

Zum Schutz der Schwimmer sind auch DLRG und Wasserschutzpolizei auf dem Neckar. "Ein gewisses Risiko ist bei solchen Veranstaltungen immer da", sagt DLRG-Leiter Alexander Walter. Besonders gefährdet seien Leute mit chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Problemen oder Diabetes. "Doch auch komplett gesunde Teilnehmer müssen aufpassen: Kaltes Wasser am Hals kann zu einem Stimmritzenkrampf führen - ein Schutzreflex des Körpers, bei dem sich die Stimmritzen so zusammenziehen, dass man erstickt."

Doch am Sonntag ist alles gut gegangen - und die Initiatoren sind begeistert von der Resonanz. "Online hatten sich zuvor 15 Schwimmer angemeldet, erschienen sind heute mehr als 70, plus etwa 200 Zuschauer - das ist unglaublich", sagt Architekt Armin Schäfer. Ob die Aktion im nächsten Jahr wiederholt wird, ist noch unklar, fest steht jedoch schon jetzt: Die Heidelberger sind keine Warmduscher!

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