Stadt will Hebert-Fakten auf den Tisch legen
Eberbacher Verwaltung verteilt vor dem Bürgerentscheid Infobroschüre mit Infos über Pläne und Auswirkungen der Windenergie.

Von Rainer Hofmeyer
Eberbach. Fakten, Fakten, Fakten, darunter auch Bilder und Grafiken: Was ist auf dem Eberbacher Teil des Hebert geplant? Wie viel Wald geht verloren, wenn dort Windräder aufgestellt werden? Wie tief sind die Fundamente? Und welchen Abstand wird das technische Szenario zu den nächsten Wohnhäusern haben? Was würde eine Verpachtung für den städtischen Haushalt bringen? Gibt es "Bürgerwindräder"? Die Eberbacher Stadtverwaltung will in den nächsten Wochen eine Informationsbroschüre verteilen. Sie soll vor dem für Sonntag, 3. April angesetzten Bürgerentscheid über Vorteile und Risiken der am Hebert auf städtischem Areal projektierten Anlagen und über die Planungsschritte dazu aufklären. Zu dieser Broschüre gibt es einen Entwurf.
Federführend im Boot bei der Herausgabe des geplanten Heftes ist das "Forum Energiedialog". Das ist eine Einrichtung des Landes Baden-Württemberg. Dessen Minister für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU), hat dieser Tage allerdings weniger im Dialog eine weitere eigenständige Vermarktung landeseigener Flächen für Windenergie verkündet, darunter ist auch Staatswald auf dem Hebert – ohne Rücksicht auf das kommende Eberbacher Bürgervotum. Das "Forum Energiedialog" berät in erster Linie die Gemeindeverwaltungen.
Bürgermeister Peter Reichert bemüht sich in der Broschüre erkennbar um Neutralität. Er ruft zur regen Beteiligung am bevorstehenden Bürgerentscheid auf, aber nicht zu einem bestimmten Votum. Wenngleich deutlich wird: Das Stadtoberhaupt ist für die Verpachtung.

Reichert hätte gerne die bislang versprochenen Einnahmen für seinen Finanzhaushalt. Der Bürgermeister schreibt, dass es sich bei dem geplanten Vorhaben "um einen deutlichen Eingriff in unsere Natur- und Kulturlandschaft" handele, er müsse aber auch das "finanzielle Wohl der Stadt im Sinne der Bürgerinnen und Bürger" im Blick haben.
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So rechnet der Bürgermeister vor, dass er mit der versprochenen Pacht letztlich eine gleich große Summe wie alle derzeitigen Gewerbesteuereinnahmen ins Stadtsäckel bekäme. Dies gäbe Spielraum für Vorhaben, wenn schon an anderer Stelle keine ertragreiche Industrie neu angesiedelt werden könne.
Pachtangebot: Die als möglicher Vertragspartner ausgesuchte BayWa r.e. Wind GmbH sagt laut der geplanten Info-Broschüre eine jährliche Mindestpacht von 282 000 Euro pro Windrad zu. Bei fünf Windrädern macht das zusammen also 1,41 Millionen Euro. Diese seien über 25 Jahre verbrieft und durch eine Bankbürgschaft garantiert, heißt es.
Windradgröße: Tabellarisch werden in der Info-Schrift einzelne Größenangaben rund um die vorgesehenen Windräder aufgelistet. Die für den Eberbacher Teil des Waldes vorgesehenen maximal fünf Technik-Riesen sollen bis zur Flügelspitze 250 Meter hoch in den Himmel des Kleinen Odenwalds ragen, knapp sechs Mal höher als der eigentliche Turm der Michaelskirche. Die Rotoren selbst haben 170 Meter Durchmesser. Die Nabenhöhe liegt bei 165 Metern.
Energieausbeute: Jede der "modernen Binnenwindenergieanlagen" hat dem Textentwurf der Broschüre zufolge eine Nennleistung von sechs Megawatt, 15 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Damit könnten im Jahresmittel 5 000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Das wären zusammen bis zu 25 000 Haushalte.
Eingriffe in den Forst: Pro Windrad wird ein halber Hektar Wald gerodet, 5 000 Quadratmeter. Plus 2 000 Quadratmeter für jedes Windrad in der Bauphase. Diese Zusatzfläche wird anschließend wieder aufgeforstet. Gleiches gilt für die notwendigen Lagerflächen während der Errichtung. Ein einzelnes Fundament wird dauerhaft 500 Quadratmeter beanspruchen und bis maximal vier Meter in die Tiefe gehen.
Grundwasser werde nicht gefährdet. Verfüllt werden jeweils 1 000 Kubikmeter Stahlbeton und über 150 Kubikmeter Stahl. Jedes Fundament hat 25 Meter Durchmesser. Angaben zu den wegführenden Stromleitungen fehlen noch.
Abstände zu Wohngebäuden: Am nächsten dran an einem der fünf Windräder wäre der Eberbacher Hirschacker: 1.150 Meter; das sind 150 Meter mehr als der derzeit allgemein favorisierte Mindestabstand. Rockenau hat 1 300 Meter Abstand, Pleutersbach 2 200 Meter Blick. Die Nachbarn in Allemühl und Moosbrunn sind 1 600 beziehungsweise 3.400 Meter weit weg.
Anlieferung: Der Transport insbesondere der Rotorblätter zum Hebert erfordert Stabsarbeit. Sie werden am Stück herangeschafft. Es muss eigens ein "Zuwegegutachten" erstellt werden. Rotorenblätter sollen über den Autobahnanschluss Sinsheim angeliefert werden. In Breitenbronn muss wohl umgeladen werden. Für die Anfahrt sind auf der Strecke einzelne Kurven zu verbreitern, Verbindungswege im Wald sind neu anzulegen. Ein größerer Umladeplatz muss eingerichtet werden.
Beteiligungsmodelle:. Wie können sich Bürger am finanziellen Ertrag guttun? Hier müsste die Stadt mit dem potenziellen Betreiber verhandeln. Die BayWa r.e. GmbH signalisiert unter anderem ein "Bürgerwindrad", das über eine eigens gegründete Bürger-Energiegesellschaft betrieben werden könnte. Auch von Crowd-Funding ist die Rede, in der man ab 500 Euro mit fester Rendite und Laufzeit einsteigen könne. Und es wird mit "Regionalstromtarifen" gewinkt: vergünstigter Strom über eine feste Laufzeit direkt vom "Windpark Eberbach".
Gutachten: Dass selbst bei einem positiven Votum beim Bürgerentscheid die fünf Windräder auf dem Eberbacher Gelände beim Hebert noch nicht gebaut sind, wird an mehreren Stellen in der Broschüre herausgestellt. Schließlich muss der potenzielle Betreiber bei seinem Genehmigungsantrag noch einige Gutachten einreichen: es geht um Windgeschwindigkeit, Schattenwurf, Schallschutz, Artenschutz, Wasserschutz.
Genehmigungsbehörde: Letztlich entscheidet das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises, ob und wie viele Windräder gebaut werden dürfen. Das gesamte Waldgebiet um Eberbach liegt im Landschaftsschutzgebiet "Neckartal II - Eberbach". Nach der Pachtvergabe ist vom Betreiber ein Gutachten zur Gefährdung der örtlichen Vogelwelt vorzulegen. Rotmilan, Schwarzstörche und verschiedene Fledermausarten stehen hier Blickfeld.
Fotomontage: Bilder gibt es in der vorgesehenen Broschüre wohl auch, die den Blick aus Eberbach auf die künftigen Windenergieanlagen veranschaulichen sollen. Auf den bislang vorgesehenen Darstellungen wirken die hohen Anlagen durchaus klein. Eine solche Perspektive blickt auf den Wald bei der Neuen Heimat, aufgenommen über den Ohrsberg hinweg.
Pro und Contra: Die in Planung befindliche Schrift will den Bürgerinitiativen pro und contra Windkraftanlagen auf dem Hebert Raum und Stimme geben. Auch den Gemeinderatsmitgliedern wird Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, insbesondere denen, die gegen die Bebauung gestimmt haben. Wenngleich es im Ratsgremium auch taktische Zustimmungen gab, um das Votum per Bürgerentscheid überhaupt zu ermöglichen.
Abstimmungsfrage: So wird am 3. April die Formulierung lauten: "Sind Sie dafür, dass die Stadt Eberbach im Gewann "Hebert" das städtische Grundstück Flurstück-Nummer 8641 der Gemarkung Eberbach entsprechend den in einem Interessenbekundungsverfahren ausgehandelten Konditionen dem Bieter BayWa r.e. Wind GmbH zur Errichtung und zum Betrieb von Windkraftanlagen zur Verfügung stellt?"



