Während Mountainbiker die teils abenteuerlichen Wegverhältnisse zwischen Hirschhorn und Neckarsteinach gut finden, sind sie anderen Nutzergruppen ein Ärgernis. Fotos: Biener-Drews
Von Jutta Biener-Drews
Hirschhorn. Spitze Steine und grobe Brocken ragen aus dem Boden, loser Schotter, Längs- und Querrillen, Löcher, Holperstellen und Unebenheiten aller Art durchziehen dieses Stück Neckartalradweg. Der gemeine Radfahrer muss hier auf Schritt und Tritt auf der Hut sein.
Hirschhorner Touristen, die von Ersheim aus nach Neckarsteinach radeln und dabei genießen möchten, was die "Romantischen Vier" ihnen verheißen - schönste Natur nämlich - ärgern sich deshalb immer öfter über das, was sie auf diesen acht Kilometern vorfinden. Von wegen "einer der schönsten Radwanderwege Deutschlands, ideal für Familien", wie die vier Nachbarstädte Eberbach, Hirschhorn, Neckarsteinach und Neckargemünd auf ihrer Homepage werben.
Wer am vom Autoverkehr fast unberührten badischen Uferweg die Schönheit des Neckartals zwischen den hessischen Städten auf sich wirken lassen möchte, sollte nicht unbedingt aufs Rad steigen. Genussradeln? Radeln mit kleinen Kindern? In die Pedale treten, wenn man nicht ganz so sportlich ist oder schweres Gepäck dabeihat? Die Kommentare am Wegesrand sprechen für sich: Zwei Mountainbiker freuen sich zwar über einen Weg, "der genau so ist, wie ein Waldweg sein muss".
Doch ein Ehepaar mit 20-Kilo-Taschen auf den Gepäckträgern, bundesweit auf Tour zwischen Flensburg und Bodensee, lächelt säuerlich und gibt ihm die Note 4 minus. "Das Gelände fordert permanente Konzentration aufs Fahren".
Ein Meinungsbild, das sich interessanterweise auch bei den zuständigen Stellen wiederfindet. Auch wenn das mit der Zuständigkeit hier so eine Sache ist. Wer genau wo in der Pflicht ist, lässt sich in Kommunen und Forstbehörde entlang der Route kaum ausmachen, wie unsere Nachfrage ergab.
Obwohl es im Bereich der "Romantischen Vier" eine alternative Radverbindung nicht gibt - auf der anderen Neckarseite verläuft die B 37, die für die meisten Nutzergruppen nicht in Frage kommt - , scheint die Aussicht auf eine baldige Verbesserung dieser Strecke also ziemlich düster.
Während Mountainbiker die teils abenteuerlichen Wegverhältnisse zwischen Hirschhorn und Neckarsteinach gut finden, sind sie anderen Nutzergruppen ein Ärgernis. Foto: Biener-DrewsManfred Robens, Leiter des Forstbezirks Odenwald im Kreisforstamt Neckargemünd, bestätigt, dass "der Weg im Bereich des Staatswalds liegt". Auch ist ihm dessen schlechte Beschaffenheit bekannt, "wir wissen dass der Weg gelitten hat". Aber als Wirtschaftsweg, sagt Robens, für die eigenen Zwecke der Holzabfuhr sei er okay. "Wir haben ihn stellenweise immer wieder ausgebessert", aber mit einer größeren Instandsetzung, die nach seinem Dafürhalten nötig wäre, "sind wir überfordert!"
Aus der Warte des Forstmannes stellt dieser Radweg "ein typisches touristisches Projekt dar, das auf dem Grund und Boden anderer läuft". Und so zieht Robens eine klare Grenzlinie: "Wir leisten sicher auch einen Beitrag, auch wenn wir selbst nichts davon haben; sind aber nicht verpflichtet, den Weg in einen besonderen Zustand zu bringen".
Gemäß Absprache der touristisch als "Romantische Vier im Neckartal" auftretenden Kommunen ist für den besonders haarigen Streckenabschnitt zwischen Neckarhäuserhof und Neckarsteinach-Schleuse die Stadt Neckargemünd verantwortlich, heißt es aus Eberbach. "Jein", rückt Bürgermeister Frank Volk die Verhältnisse zurecht. Und verweist auf den Rhein-Neckar-Kreis als Baulastträger, über dessen Kreisstraße 4102 zwischen Mückenloch und Neckarhäuserhof ein etwa 200 Meter langes Stück des Neckartalradwegs verläuft.
Dass hier über die Jahre noch kein Lückenschluss herbeigeführt wurde, nennt Volk "extrem ärgerlich". Die Oberflächenbeschaffenheit des Waldwegs? "Nicht dramatisch". Hier stelle sich doch zunächst "die Frage, was man möchte: Naturbelassen? Durchgehend asphaltiert? Mit Mineralbeton?" Dessen ungeachtet sieht Neckargemünds Bürgermeister die eigentliche Baustelle auf dem Neckartalradweg nicht im "romantischen" Teil, sondern Richtung Heidelberg. Denn ab Neckargemünd gibt es bislang keine Fortsetzung. Was für Volk - "wir setzen auf den Radtourismus" - auf jeden Fall Vorrang hat.
Schöne Natur trifft miserablen Radweg. Wer hier auf zwei Rädern unterwegs ist, muss fahren können. Qualitätsurteil: 4 minus. Foto: Biener-Drews
Keinen Handlungsbedarf sieht auf hessischer Seite auch Herold Pfeifer in Neckarsteinach. "Ja, es gibt ein, zwei Punkte, die nachzuarbeiten sind", räumt der Bürgermeister ein, aber da achte schon die Touristikgemeinschaft Odenwald drauf. Die TGO kommt allerdings zu dem verblüffenden Gesamturteil, "Neckartalradweg für Kinder oder Ungeübte: geeignet".
Pfeifer selbst hatte als einer von 240 Radlern auf dem Drei-Länder-Radweg kürzlich Gelegenheit, sich von dessen Qualität zu überzeugen, wie er sagt, und kann die Kritik daher nicht nachvollziehen: "Irgendeiner mäkelt immer". Sein Standpunkt: "Man muss im Wald halt mit heruntergefallenen Ästen und mit Schlaglöchern rechnen, da kann man nicht Tempo machen." Wenn man sich den Verhältnissen in der Fahrweise anpasst, "ist der Weg ungefährlich".
Dass "dieser Weg nicht der allertollste und holprig ist", weiß im Hirschhorner Rathaus auch Oliver Berthold. Aber weil er sich auf badischem Gebiet befindet, nimmt der Bürgermeister seine Rettungsschirm-Kommune aus der Verantwortung: "So einen Weg zu machen, kostet doch Unsummen".