Willi Emmerich und Susanne Völker-Emmerich inmitten der vielen Weihnachtssterne, die sie nun verschenken oder auf den Kompost werfen müssen. Foto: Peter Bayer
Von Peter Bayer
Eberbach. "An Weihnachten läuft das Hauptgeschäft, danach erst wieder an Ostern", sagt Willi Emmerich. Die Schließung zum 16. Dezember hat den Gartenbaubetrieb voll getroffen. Im Dezember fehlen gut 50 Prozent der Einnahmen. "Wir sind froh, dass wir wenigstens liefern dürfen und so ein paar Einnahmen haben", sagt Susanne Völker-Emmerich. Auch wenn dies mit deutlich mehr Aufwand verbunden ist.
"Die letzte Woche lief ganz schlecht", blickt Emmerich zurück. "Ich bin froh, dass wir die zwei Tage noch öffnen durften." Da bestand die Möglichkeit, den verunsicherten Kunden die Sachlage zu erklären. "Letzte Woche wusste keiner, was wir machen dürfen, jetzt wissen die Leute, wie es geht." Dass die Kunden keine Waren abholen dürfen, kann er nicht so ganz nachvollziehen. Zumal es nur wenige Kilometer entfernt in Hessen "offenbar erlaubt ist". "Wir haben hier genug Platz, das hätten wir gut händeln können", sagt er. Allerdings habe er auch befürchtet, dass sogar das Liefern untersagt werden könnte.
Das zumindest geht aber. So liefern sie bis Heiligabend, 14 Uhr, Bestellungen aus: Topfpflanzen, Gestecke, Schnittblumen – das ganze Sortiment ist gefragt. Viele Kunden seien verständnisvoll und würden das Angebot annehmen. Wie es danach weitergeht wird auch davon abhängen, was es im Großhandel gibt und wie die Aufträge sind. "Wir werden sehen, eventuell schließen wir auch und bereiten uns vor", ist sich Emmerich noch nicht sicher. Denn auch wenn es im Laden ruhig wird, in der Gärtnerei muss bereits Anfang Januar Salat und Gemüse gesät werden.
Vorbei sein wird es an Heiligabend aber mit einer Pflanze, die wie keine andere mit Weihnachten verbunden ist: dem Weihnachtsstern. Emmerich verkauft jedes Jahr etwas über 1000 Pflanzen – nicht so in diesem Jahr. Durch die Unsicherheit und letztlich die Schließung hat er noch immer gut 200 davon im Gewächshaus stehen.
"Wir haben schon letzten Montag und Dienstag vor der Schließung viele als Weihnachtsgeschenke verschenkt, an die Kinder der Kunden oder an Heime", sagt Emmerich. Wegen der Schließung der Gaststätten haben sie den kleinen Tischschmuck komplett verschenkt. Einige Weihnachtssterne will er noch "fer umme" an Seniorenheime oder die Kirchen geben, vielleicht wird er auch noch ein paar an Kunden ausliefern können – einige Lieferanfragen liegen vor –, der Rest wird auf dem Kompost landen. "Mir blutet dabei das Herz", sagt der Gärtner.
Bereits im Juni hat Willi Emmerich die Weihnachtssterne als kleine Stecklinge gekauft. Ein halbes Jahr lang haben er und seine Angestellten sich um die empfindlichen Pflanzen gekümmert. Jeden einzelnen Tag, auch sonntags. Denn ein Tag zu viel Sonne ohne gießen oder eine ausgefallene Heizung, und alle Pflanzen sind kaputt. Ein halbes Jahr liebevolle Arbeit steckt in jeder Pflanze drin – und dann muss ein nicht unbeträchtlicher Teil davon weggeworfen werden.
Der Laden bleibt zu, die Eberbacher Gärtnereien bieten Lieferservice an. Foto: BayerSo wie Emmerich geht es auch anderen. "Der SWR 4 hat über einen Betrieb aus Möckmühl berichtet, der viele Pflanzen wegschmeißen musste." Er selbst weiß von einem Kollegen, der im Großhandel tätig ist und bereits über 15.000 Weihnachtssterne entsorgen musste. "Der war schon in den Startlöchern, dann wurden alle Aufträge storniert", sagt Emmerich. "Im Vergleich zu ihm sind wir da noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen".
Im Blumen- und Pflanzenmarkt Hildenbrand ist "in den letzten Tagen nochmal viel gegangen", sagt Karin Sensbach. Was übrig bleiben wird, sind Topfpflanzen wie zum Beispiel Orchideen. Die Reste an Weihnachtsdeko und Weihnachtssternen werden auch hier kompostiert werden müssen. Durch den entsprechenden Einkauf hat sie die letzten Tage aber die vorhandenen Mengen gut steuern können. Was wegfallen wird, das sind Glücksklee zu Silvesterfeiern oder kleine Neujahrsgrüße. So lange noch Schnittblumen und Pflanzen vorhanden sind, liefern sie auf Bestellung. Allerdings: "Die Bestände gehen dem Ende zu, und es lohnt sich nicht, wegen ein paar Blumen zum Großmarkt zu fahren".
"Bis Weihnachten werden wir noch einen Lieferservice machen, danach bis 10. Januar den Laden schließen", sagt Horst Brenneis vom gleichnamigen Blumengeschäft und Gärtnereibetrieb. Da viele Blumenhändler in die Winterpause und Holland in den Lockdown gehe, lohne es sich nicht. Die Topfpflanzen kann es zumindest an seinem Stand auf dem Wochenmarkt noch verkaufen.
Wie es nach dem 10. Januar weitergeht, kann keine der Gärtnereien sagen. "Unser Problem ist, wir müssen ein halbes Jahr vorher planen können", sagt Willi Emmerich und veranschaulicht es an einem Beispiel: "Die Geranien, die wir ab Mai verkaufen, bekommen wir normalerweise Ende Januar". Wegen Lieferengpässen in Afrika hat er jetzt schon Stecklinge genommen. Wenn es Ende Januar wärmer wird, treiben sie aus. So lange lagert er sie. "Doch vielleicht kommt im Mai eine dritte Welle, können wir sie dann überhaupt verkaufen?", fürchtet er. Denn er weiß: "Den Mai brauchen wir unbedingt, da kommen die Pflanzen in den Garten raus".
"Das Gemüse hat uns im ersten Lockdown über Wasser gehalten, so haben wir unsere Arbeiter beschäftigen können." Den Bereich hat er ausgebaut. "Die Lebensmittel, das ist wenigstens ein Standbein, von dem wir wissen, dass wir das Gemüse verkaufen dürfen", blickt Willi Emmerich wie seine Kollegen auch einer ungewissen Zukunft entgegen.