Vor den Geschäften in der Eberbacher Innenstadt demonstrieren rund 50 Einzelhändler und Angestellte für eine schnelle Wiedereröffnung der Geschäfte. Foto: Christofer Menges
Von Christofer Menges
Eberbach. Wegen Corona geschlossen, seit Monaten fehlen infolge der Schließungen Einnahmen: Dem Eberbacher Einzelhandel droht, die Luft auszugehen. "Ende Februar wird es verdammt eng", sieht der Vorsitzende der Eberbacher Werbegemeinschaft, Dietrich Müller schwarz, wenn die Geschäfte nicht bald wieder öffnen dürfen. Am Montag protestierten rund 50 Händler und Angestellte vor den Läden der Eberbacher Einkaufsmeile in der Bahnhofstraße – Teil einer bundesweiten Aktion.
Dabei geht es um Arbeitsplätze: Mehr als 200 Menschen bringt der Einzelhandel in der Eberbacher Innenstadt in Lohn und Brot, schätzt Müller. Bäcker, Metzger und Apotheken nicht inbegriffen. Allein in seinem Modehaus beschäftigt er 34 Angestellte. Dort sind inzwischen alle in Kurzarbeit. Laut Müller ein Verlust von einem Drittel des Netto-Gehalts: "Da sind Alleinerziehende dabei. Wenn da 33 Prozent fehlen, wird es eng."
Maske auf, Schuhladen zu: Über die Schließung der Läden wird diskutiert. Foto: MengesEs geht ums wirtschaftliche Überleben kleiner und mittelständischer Unternehmen: "Es geht nicht um die Frage, ob eine Insolvenzwelle kommt, sondern um die Frage, wann sie kommt", so der EWG-Vorsitzende. Die Lager seien voll, Rechnungen, auch für schon länger bestellte Ware, müssen weiter bezahlt werden.
Es geht um schnellere und einfachere Hilfen: "Altmeier verspricht großartig, und in den Verordnungen sind unheimlich viele Restriktionen, so dass viele durchs Raster fallen", nimmt Müller den Bundeswirtschaftsminister in die Pflicht. Beispiel bei ihm selbst: Weil sein Modehaus einen Umsatzeinbruch von 28,2 statt von 30 Prozent gehabt habe, habe er keinen Anspruch auf November- oder Dezemberhilfe. "Hätten wir einen halben Tag früher geschlossen und keinen Lieferservice vor Weihnachten angeboten, wären wir antragsberechtigt. Wir versuchen Schadensbegrenzung zu praktizieren und werden abgestraft!" Personengesellschaften und Soloselbstständige seien zudem oft ganz außen vor.
Es geht um Gerechtigkeit: "Was mich maßlos aufregt, ist, dass Supermärkte und Discounter Kleidung und Haushaltswaren verkaufen", sagt Müller. Der Einzelhandel aber nicht. Dabei gebe es in einer Kleinstadt es anders als in Großstädten aber kaum Gedränge, auch bei Abholstationen oder Besuchen einzelner Kunden nach Terminabsprache nicht. "Die flächendeckenden Maßnahmen sind der Tod des Einzelhandels", so Müller.
Es geht auch um die Attraktivität der Innenstadt: Eberbach werde sich massiv verändern. "Wenn die Geschäfte in der Innenstadt schließen, geht das wie beim Domino", sagt Müller: "Erst fällt einer, dann der nächste, und am Ende bleibt fast keiner mehr übrig."
Im Dialog: Vor den Geschäften in der Eberbacher Innenstadt unterhalten sich Händler mit Passanten über ihre Sorgen um die Zukunft des Handels und ihrer Arbeitsplätze. Foto: Christofer MengesWas den Einzelhändlern und Selbstständigen auch fehlt: Planungssicherheit. "Ich weiß nicht, was in zwei Wochen ist", sagt etwa Jörg Mechler von der Schönheitsfarm in Gaimühle. "Wir fühlen uns von der Politik alleingelassen, weil es keine Perspektive gibt", sagt Müller.
Dabei unterstützen die Eberbacher ihre Einzelhändler nach wie vor: "Die Eberbacher Kunden sind spitze", stellt Susanne Reinig fest. "Die stehen zu uns. An den Kunden liegt es definitiv nicht", pflichtet Müller bei.
Er sei "absolut der Meinung, dass im Februar geöffnet werden muss", sagte Bürgermeister Peter Reichert, der mit seinen Amtsleitern die Protestaktion besuchte. Der Einzelhandel habe gute Hygienekonzepte. Müller macht sich derweil bei Politikern für den Handel stark: Vorige Woche Videokonferenzen mit Bundestagsabgeordneten, am Montagnachmittag Videoschalte mit den Landesministern für ländlichen Raum und Wirtschaft. Die Uhr für den Einzelhandel tickt.