Auf der Couch und im Gespräch: Die Kandidatenvorstellung für die Bürgermeisterwahl in Aglasterhausen lief coronabedingt ohne großes Publikum vor Ort – dafür aber als aufwendig produzierter Livestream im Internet. Amtsinhaberin Sabine Schweiger (l.) und Herausforderer Stefan Kron (r.) stellten sich dabei auch den eingereichten Fragen von Bürgern, die Moderatorin Friederike Kroitzsch aus einer gut gefüllten Glaskugel zog. Foto: Heiko Schattauer
Von Heiko Schattauer
Aglasterhausen. Scheinwerfer an, Kameras ab, drei, zwei, eins, los: Ein Hauch von Hollywood wehte am Donnerstagabend durch die Festhalle in Aglasterhausen. Da pandemiebedingt eine normale Kandidatenvorstellung zur anstehenden Bürgermeisterwahl mit großem Publikum nicht möglich war, setzte man im Kleinen Odenwald auf die Kraft der bewegten Bilder – mit stattlichem Aufwand ließ man die beiden Bewerber per Livestream zu den Bürgern nach Hause kommen.
Kontaktlos, sicher und doch irgendwie ganz nah und authentisch. Statt "heute" oder "Tagesschau" lief bei vielen Aglasterhausenern, Breitenbronnern, Daudenzellern und Michelbachern am Abend die Politikrunde aus heimischer Produktion. In den Hauptrollen: Amtsinhaberin Sabine Schweiger und Herausforderer Stefan Kron. Beide stellen sich am 31. Januar zur Bürgermeisterwahl, am Donnerstagabend stellten sie sich SWR-Moderatorin Friederike Kroitzsch und den Fragen der Bürger.
Vor der Frage-Antwort-Runde auf der feuerroten Sitzgarnitur standen natürlich noch die Solo-Vorstellungen der beiden Kandidaten. Maximal 15 Minuten Redezeit hatten zunächst Schweiger und dann Kron dabei zur Verfügung, die Reihenfolge der Beiträge richtete sich dabei nach dem Eingang der Bewerbung.
Die Amtsinhaberin, vor acht Jahren als Nachfolgerin von Langzeit-Bürgermeister Erich Dambach gewählt, machte sich mit den Bürgern auf eine virtuelle Reise durch die Gemeinde auf. Die startete im modernisierten Rathaus, wo zuletzt vor allem Krisenmanagement gefragt gewesen sei. Schweiger räumte ein, dass ihr der persönliche Kontakt zu den Bürgern derzeit sehr fehle ("Ich vermisse Sie"). Die 56-Jährige wolle sich weiter stark machen für Kinder (etwa mit dem Umbau des Schulhofs) und Familien, führte dabei Themen wie verlässliche Betreuung, Hallenbad oder die neuen Baugebiete an.
Auch die Senioren haben hohe Priorität, bestehende Pflegeeinrichtungen sollen gesichert, Tagespflege vor Ort eingerichtet werden. Gewerbegebiete will sie behutsam erweitern, den Wandel des Ortskerns positiv unterstützen. Der Glasfaserausbau starte im Frühjahr, so Schweiger weiter. Bei der Tour in die Ortsteile kam sie u. a. auf die sanierten Verwaltungsgebäude zu sprechen. Den jeweils eigenen Ortsteil-Charakter und eigene Vereinskulturen gelte es zu schützen und zu unterstützen. "Ich hoffe, Sie behalten in Erinnerung, was ich in den letzten acht Jahren bewegt habe, und was ich in den nächsten acht Jahren bewegen möchte", schloss Sabine Schweiger in Richtung Wählerschaft.
Stefan Kron verdeutlichte gleich zu Beginn seiner Ausführungen sein Ziel: "Ich will mich in den Dienst der Gemeinde stellen." Der seit 2012 mit seiner Frau in Aglasterhausen lebende Diplom-Kaufmann könne sich in andere Menschen und deren Sichtweise hineinversetzen, erkenne schnell, wo der Schuh drückt. Ein Bürgermeister müsse ein Teamplayer sein, findet Kron, der stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Bürger haben will. Zusammen mit ihnen wolle er Lösungen für Aglasterhausen finden, so der 39-Jährige. Dass er "keine tief greifenden Erfahrungen in der kommunalen Verwaltung" hat, räumte Kron offen ein. Der Blick von außen sei hier aber eher ein Vorteil. Seine Ziele umriss der an der Mosel aufgewachsene Kron durchaus konkret: Ausbau der Ganztagesbetreuung, Inklusion vorantreiben, Einrichtung eines Jugendraums, von Mitfahrbänken und Wochenmärkten in den Ortsteilen, Zugezogene integrieren, neue Baugebiete ausweisen, neue Spielplätze anlegen, Vereine fördern, Verwaltung digitalisieren. Aglasterhausen soll mit seinen Ortsteilen eine "attraktive Heimat für alle Generationen" sein, so Stefan Kron. Als Bürgermeister sehe er sich hier auch in einer "Vermittlerrolle".
Ehe es für die beiden Kandidaten dann auf die Couch ging, erläuterte Bürgermeisterstellvertreter Kurt Gallion als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses, warum man sich für das besondere Format der Kandidatenvorstellung entschieden hat (siehe auch gesonderter Betrag) und welche Sicherheitsvorkehrungen man für die Wahl am 31. Januar treffen will. Gallion warb für die Briefwahl und rechnet hier mit einem Anteil von rund 50 Prozent – und einem dementsprechend geringeren Aufkommen in den Wahllokalen.
Die Wahlberechtigten selbst waren dann an der Reihe, zumindest indirekt: Im Vorfeld und bis zum Abschluss der Vorstellungsrunde hatten die Bürger Fragen an die Kandidaten einsenden können. Diese Möglichkeit wurde rege genutzt, aus der Glaskugel durfte Moderatorin Friederike Kroitzsch demnach nicht die Zukunft für Aglasterhausen lesen, sondern die Fragezettel der Bürger ziehen. Die Anliegen waren vielfältig, die Meinung der beiden Bewerber war u. a. zu den Themen Radwege, Bauplätze (v. a. auch in den Ortsteilen), Internet, Schottergärten, Parkplätze oder Verkehr im Ort gefragt, auch die innerörtliche Entwicklung, Spielplätze, Schule, Kanalsanierungen, Integration oder Jugendraum wurden thematisiert. Amtsinhaberin Sabine Schweiger hatte dabei in einigen Punkten schon ob tiefer gehender Kenntnisse einen gewissen Vorteil, Stefan Kron wiederum räumte diese teils (noch) fehlenden Einblicke offen und ehrlich ein.
"Warum soll ich Sie wählen?" wollte ein(e) Bürger(in) ganz konkret wissen. Sabine Schweiger verwies hier auf die vergangenen acht Jahre und befand, dass man mit ihr "gut dran" sei. Stefan Kron verband "Aufbruch und Zukunft" mit einem Votum für ihn.
Ebenfalls interessant war die Frage "Was wollen Sie ändern in Aglasterhausen?": Herausforderer Kron verwies hier auf "den Umgangston" und eine verstärkte Mitnahme der Bürger bei Entscheidungen. Amtsinhaberin Schweiger will lieber "weiterentwickeln" statt ändern – den ausgeprägten Gemeinschaftssinn etwa. Ihr Vorhaben: Weiter zusammen in die richtige Richtung gehen.
Nach dem Abspann der etwas anderen Vorstellungsrunde – in unterhaltsamer Spielfilmlänge von 95 Minuten absolviert – zeigten sich beide Kandidaten zufrieden. "Ich bin glücklich, dass wir auf diesem Weg viele Bürger erreichen konnten", bekannte Sabine Schweiger. Stefan Kron hatte einen "aufregenden Abend" erlebt, der nach einer gewissen Anfangsnervosität "sehr gut gelaufen" sei.
> Die Kandidatenvorstellung ist als Zusammenfassung noch bis 31. Januar auf der Internetseite der Gemeinde Aglasterhausen zu sehen.