Auf der Bühne spielen die Kantoren Andreas Fauß und Severin Zöhrer auf Hartmut Tramers Orgel, und der Autokino-Bildschirm mit UKW-Übertragung übermittelt das Konzert. Foto: bnc
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Etwa 25 Pkw und ihre Insassen haben sich am späten Himmelfahrtsnachmittag nach Bewältigung des Slalomparcours vor der Einfahrt zum Autokino-Gelände in der Au auf den vorgesehenen Stellplätzen eingefunden, gespannt auf ein wahrhaftig nicht alltägliches Konzerterlebnis. Die beiden Eberbacher Bezirkskantoren Severin Zöhrer und Andreas Fauß sind im Rahmen der Reihe "Autokino plus" angetreten, ihrem Publikum "Orgel pur" von der Bühne neben der LED-Bildwand aus zu Gehör zu bringen.
Bereits am Mittwochabend und Donnerstagvormittag hatten Filmvorstellungen großen Zuspruch beim Eberbacher Publikum gefunden. Das Orgelkonzert soll nun den Reigen der kulturellen "Plus"-Events eröffnen.
Dank der großzügigen Platzverhältnisse und genügend Corona-gemäßen Abstands zwischen den Fahrzeugen dürfen Fenster und Türen der im prallen Sonnenschein geparkten Autos geöffnet bleiben. So macht man es sich gemütlich im eigenen Vehikel, sucht schon mal die angegebene UKW-Frequenz im Autoradio und öffnet die von Kulturamtsleiter Tobias Soldner – mit Mundschutz und langstieliger Kneifzange, versteht sich – bei der Einfahrt durchs Fenster gereichten Popcorntüten – damit es später nicht so knistert. In einer Video-Botschaft begrüßt Bürgermeister Peter Reichert die Gäste. Ihm folgt Severin Zöhrer: live auf der Bühne und in Großformat auf der LED-Bildwand. Es sei das erste Mal, dass er vor Autos spiele, lässt der katholische Kantor gut gelaunt wissen. Er finde es toll, dass sich in Corona-Zeiten diese Konzertmöglichkeit biete, bei der er erstmals auch mit seinem neuen evangelischen Kollegen Andreas Fauß auftreten könne.
Dann setzt sich Zöhrer an die digitale Kirchenorgel. Der Eberbacher Arzt, Maler und Musiker Hartmut Tramer hat das neu erworbene Instrument zur Verfügung gestellt. In seinem Atelier hätten die beiden Kantoren bereits darauf üben dürfen, informiert Zöhrer. Musik erklingt: Ein Präludium samt Fuge von Bach ertönt in erstklassiger Tonqualität aus den Autolautsprechern. Sogar der Hall des imaginären Kirchenraums schwingt mit, versetzt die Zuhörer rasch in höhere musikalische Welten. Von fünf Kameras eingefangen können die Zuhörer das Spiel des Organisten auf drei Manualen und Pedal in einwandfreier Optik auf der Bildwand verfolgen. Es folgt Opus 35/1 von Felix Mendelssohn: "Das protes- tantischste Stück, das ich je gespielt habe", bemerkt Zöhrer scherzhaft dazu.
Natürlich darf auch Beethoven im Jubiläumsjahr anlässlich seines 250. Geburtstags nicht fehlen. Zart und verspielt kommt das für eine "Flötenuhr" geschriebene "Adagio Assai" herüber. Der katholische Kantor beschließt seinen Part mit Olivier Messiaens "Transport de Joie" zum Tag Christi Himmelfahrt. Mit Sprühflasche und Putzlappen desinfiziert Zöhrer die Orgel. Dann übernimmt Andreas Fauß den Platz am elektronischen Instrument.
Die Fuge aller Fugen eröffnet Teil zwei des Konzerts: Bachs Toccata und Fuge in d-Moll, BWV 565. Mit Alan Silvestri geht es "Back tot he Future" – zurück in die Zukunft. Dann präsentiert der evangelische Kantor seinem Publikum eine Toccata aus eigener Feder. Es folgt das "Star-Wars-Theme" von John Williams. Und zum Abschluss darf Tramers Orgel in Charles-Marie Widors prachtvoller "Toccata aus der Symphonie für Orgel op. 42/1" noch einmal richtig zeigen, welche Klangfülle in ihr steckt.
Begeistertes Hupen dankt für großartigen Hör- und Sehgenuss in ganz ungewohntem Ambiente.