Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. "Bestimmt siebenstellig" - so hoch schätzte Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr am Sonntag nach ersten Eindrücken den Schaden, den das schwere Unwetter am Samstagabend in einigen Orten des Neckar-Odenwald-Kreises angerichtet hat. Besonders schwer hat es am Samstag Schollbrunn und Neckargerach getroffen, aber auch in Obrigheim, Limbach, Mosbach, Fahrenbach und Sulzbach waren rund 300 Feuerwehrmänner aus der Region und 60 THW’ler wegen Tief "Elvira" im Dauereinsatz. Nachdem der Starkregen in Schollbrunn gegen 17.30 Uhr zu sintflutartigen Überschwemmungen führte, lief das Wasser dann über Lauerskreuz in Richtung Neckargerach. Neben einer Vielzahl von voll gelaufenen Kellern wurden dort die Odenwaldstraße und die Friedenstraße unterspült, eine kleine Brücke teilweise von den Wassermassen weggerissen, wie Kirschenlohr und Neckargerachs Bürgermeister Norman Link berichten. Link wollte eigentlich gerade seinen Polterabend feiern, als das Unwetter über die Neckartalgemeinde hereinbrach und die Wassermassen Geröll, Äste, Steine und vieles mehr in den Ort spülten. Das Kanalnetz konnte die Menge nicht mehr aufnehmen. Die Wasserversorgung war kurze Zeit eingeschränkt, da die Stromversorgung für die Hochbehälter unterbrochen wurde. Die Straßenmeisterei des Neckar-Odenwald-Kreises rückte mit Schneepflügen aus, um die Straßen vom Schlamm zu befreien. "Bis 3.30 Uhr war dann alles soweit weggeräumt", berichtet Link.
Am Sonntag wurde aufgeräumt, die Kanäle mussten von Schmutz und Schlamm befreit werden, denn: "Es sind weitere Regenfälle gemeldet." In Neckargerach werde nun eine "massive Variante der Straßensanierung" nötig sein, einige Straßen und auch die Ortsdurchfahrt waren gesperrt.
Die THW-Ortsgruppen Neunkirchen und Haßmersheim waren mit 15 und 18 Helfern in Neckargerach, die Adelsheimer THW-Kollegen wurden nach Strümpfelbrunn gerufen. "Wir waren mit zwei Kippern, einem Radlader und einem Gerätekraftwagen vor Ort", sagt Ortsbeauftragter Achim Kampp (Neunkirchen). Personelle und materielle Unterstützung (ein weiterer Geräte- und Mehrzweckkraftwagen) kam auch aus Haßmersheim, wie der stellvertretende THW-Ortsbeauftragte Markus Drechsler berichtet. Die Helfer pumpten Keller aus, organisierten ein Notstromaggregat für die Kläranlage, stellten Beleuchtung für die Hilfskräfte auf (der Einsatz war erst spät in der Nacht beendet) und schützten Keller mit Sandsäcken. "Es war verheerend", erzählt Markus Drechsler. Gegen 1.45 Uhr rüsteten die THW-Helfer ihre Fahrzeuge dann wieder auf. Auch Sonntag waren die THW’ler noch in Alarmbereitschaft: "Wenn es nötig sein sollte, steht die Mannschaft bereit, dafür sind wir da", so Drechsler.
Weiter zog das Unwetter dann in Richtung Sulzbach: In Obrigheim, Limbach, Mosbach und Fahrenbach wurden Keller und Straßen überschwemmt, Bäume landeten auf der Straße. Teilweise drückten die Wassermassen die Gullydeckel nach oben. "Wir haben schon einige Hochwasser erlebt, aber in der Kürze der Zeit und in dem Ausmaß wie es Schollbrunn betroffen hat, noch nicht", sagte Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr am Sonntag auf RNZ-Nachfrage. Auch dicke Hagelkörner kamen im Kreis runter. Aber, so Kirschenlohr: "Das Wasser war das Hauptproblem."
In Sulzbach kam die Unwetterfront gegen 20.30 Uhr an. Auch hier hatte die Feuerwehr vor allem mit überfluteten Kellern zu kämpfen. In einem Haus roch ein Feuerwehrmann dann Gas. "Für die Bevölkerung bestand hierdurch aber zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr", betont Dirk Kochendörfer, Gesamtkommandant der Billigheimer Feuerwehr. Das Haus sei sofort abgesperrt, der Stromabgestellt worden. Die Werksfeuerwehr der Firma Vogelsang half mit einem entsprechenden Belüftungs- und Messgerät aus, die Feuerwehr Haßmersheim brachte die Gerätschaften nach Sulzbach. Besonders bitter: Der Hausbesitzer war im Urlaub, der Sohn entdeckte das Gasleck (glücklicherweise) beim Nachschauen. "Es sind auf jeden Fall große Schäden da", so Dirk Kochendörfer. Denn auch in Sulzbach hat es innerhalb von kurzer Zeit soviel geregnet, dass das Kanalnetz das Wasser nicht aufnehmen konnte. 50 Feuerwehrmänner waren bis in die späten Nachtstunden unterwegs, um Keller auszupumpen, Gullydeckel einzusetzen und Straßen frei zu machen. "Das Unwetter hat sich auf Sulzbach konzentriert", erläutert Kochendörfer noch. Billigheim traf es nur am Rande und nicht in dem Ausmaß. Die anderen Ortsteile blieben ganz verschont. Für die Betroffenen begann am Sonntag schon das große Aufräumen, denn der Schlamm muss laut THW-Mann Kampp so schnell wie möglich aus den Kellern geschafft werden, sonst setze er sich zu sehr fest.