Mosbach/Hardheim/Höpfingen. (rüb) Wie umfangreich sollen die Untersuchungen im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den geplanten Windpark "Kornberg" werden? Welche Methoden sollen angewandt werden? Auf welche geschützten Arten muss besonders geschaut werden? Um diese und weitere Fragen bereits im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens zu klären, fand am Donnerstagvormittag im Landratsamt in Mosbach ein sogenannter Scoping-Termin statt. Rund 25 Vertreter von Fachbehörden und den anerkannten Umweltvereinigungen stellten den Vertretern des Vorhabenträgers Fragen und gaben Anregungen. Trotz der großen Brisanz verlief der Termin fast durchweg sachlich und konstruktiv.
Die Versammlungsleitung oblag Petra Anders vom Geschäftsbereich Umwelt. Unterstützt wurde sie von den Sachbearbeiterinnen Gudrun Westenhöfer und Lydia Obländer-Reimann. Petra Anders wies darauf hin, dass es sich um ein reines Fachgespräch handle, bei dem die Öffentlichkeit kein Rederecht besitze. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens würden die Bürger aber noch Gelegenheit bekommen, Einwände zu formulieren. Zum Verfahrensstand merkte sie an, dass noch kein Antrag auf immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren gestellt wurde: "Wir befinden und also noch ganz am Anfang."
Geschäftsführer Harald Endreß von der Zeag Erneuerbare Energien stellte den geplanten Windpark kurz vor. Auf den Gemarkungen Hardheim und Höpfingen sollen sechs Anlagen des deutschen Herstellers Enercon errichtet werden. Während die zwei Höpfinger 229 Meter hoch werden, ist für die Hardheimer eine Höhe von 200 Metern vorgesehen. Zwischen 8,7 und 9,5 Millionen Kilowattstunden könnte jedes Windrad pro Jahr erzeugen. Damit würde jede Anlage etwa so viel Strom im Jahr produzieren, wie 3000 Haushalte verbrauchen. Die Zeag setze bei all ihren Windparkprojekten auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen und auf eine breite Bürgerbeteiligung.
Anschließend stellte Peter C. Beck (Büro Ökologie und Stadtentwicklung, Darmstadt) die geplante Vorgehensweise bei der UVP vor. Vordringliches Ziel sei es, die Umweltauswirkungen zu ermitteln und zu bewerten. Er gab zu bedenken, dass derzeit noch keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse vorlägen, welche Auswirkungen die derzeit üblichen Rotoren (138 Meter) auf Vögel oder Fledermäuse haben. Für den Aufbau der Anlagen würde eine vier Meter breite Zufahrt benötigt, so dass die vorhandenen Waldwege nur minimal vergrößert werden müssten. Lediglich in den Kurven und natürlich am Standort selbst seien größere Rodungen notwendig. Ein Teil der Rodungsfläche könne später wieder aufgeforstet werden, während der Rest dauerhaft freigehalten werden müsse, damit Reparaturen durchgeführt werden können.
Folgende Schutzgüter würden im Zuge des UVP-Berichts untersucht: der Mensch, die biologische Vielfalt (Tiere und Pflanzen), Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, kulturelles Erbe, sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den Schutzgütern.
Anschließend ging Beck ins Detail:
> Mensch: Hier werden mögliche Schall- und Schattenbelastungen geprüft. So könne der Schattenwurf durchaus zu Beeinträchtigungen führen, und der Lärm werde rund um die Anlagen ansteigen.
> Fledermaus: Nachdem bereits 2015 Untersuchungen durchgeführt wurden, sind gerade neue angelaufen. So werden zwischen April und Oktober acht Fledermauserfassungsgeräte ("Batcams") im Einsatz sein. Hinzu kommen Höhenerfassungen, Netzfänge sowie Kurzzeit- und Langzeittelemetrie, bei denen die Fledermäuse mit Sendern ausgestattet werden.
Albrecht Reichert (Bretzingen) bat als Vertreter des Landesjagdverbands um höchste Sorgfalt bei der Bewertung der Ergebnisse, da in dem Gebiet - neben 16 anderen Arten - auch die geschützte Mopsfledermaus vorkomme. Aus Sicht des Jägers sei der Wald am "Kornberg" komplett ungeeignet für einen Windpark. Dieser Ansicht war auch Michael Hahl von der Umweltvereinigung Initiative Hoher Odenwald (IHO). Zwei der geplanten Anlagen lägen im FFH-Schutzgebiet, für das ein Verschlechterungsverbot gelte. Neben der Mopsfledermaus kämen dort auch die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr vor. Er forderte eine genaue Habitatsstudie für die besonders geschützten Arten. Seine rhetorische Frage an die Verantwortlichen: "Wie kann man an einem solchen Standort diese Anlagen planen?"
Peter C. Beck sicherte zu, dass bei den Untersuchungen, die teilweise von seinem Büro, teilweise von einem anderen durchgeführt werden, "die höchste Messlatte" angelegt werde. Was am Ende rauskomme, sei völlig offen: "Es ist durchaus möglich, dass zwei Anlagen nicht gebaut werden können."
> Vögel: Hier sind Raumnutzungsanalysen für die windkraftempfindlichen Arten geplant und zwar durch vier Beobachter an 26 Tagen für bis zu acht Stunden am Tag. Albrecht Reichert wies darauf hin, dass die Auswahl der Beobachtungsstandorte in der Vergangenheit nicht glücklich gewesen sei. Um einen guten Überblick über das Gelände zu haben, liegen die Standorte bis zu drei Kilometer von den Anlagen entfernt, sagte Beck. Christiane Kranz (Geschäftsführerin des Nabu Rhein-Neckar-Odenwald) zeigte auf, dass diese große Entfernung eine besondere Herausforderung darstelle. Dementsprechend müssten die Beobachter über viel Erfahrung verfügen. Dies sei der Fall, versicherte Beck: Es handle sich um Fachleute mit langjähriger Berufserfahrung.
Albrecht Reichert informierte darüber, dass es im Gebiet nicht nur den einen bekannten, sondern einen zweiten belegten Uhu-Horst gebe. Zudem komme am Kornberg das auf der Roten Liste stehende Rebhuhn vor. Beide Hinweise werden berücksichtigt, sicherten Gutachter Beck und die Behördenvertreter zu. Thomas Fichtner von der unteren Naturschutzbehörde kritisierte, dass die ornithologischen Erfassungen bereits begonnen hätten, ohne dass das Landratsamt Bescheid wusste.
Die Behörde wolle künftig über die Termine informiert werden. Michael Hahl wies auf den 2014 von mehreren Naturschutzverbänden gestellten Antrag auf Ausweisung eines faktischen Vogelschutzgebiets hin. In das Gebiet könne auch der Kornberg fallen. Deshalb müssten die Untersuchungen so durchgeführt werden, als ob es ein Vogelschutzgebiet sei.
> Haselmaus, Amphibien, Reptilien: In den Vorjahren wurden hier bereits Untersuchungen durchgeführt. Da zwei Standorte verschoben wurden, sind 2018 Nachuntersuchungen nötig.
> Schmetterlinge: Im FFH-Gebiet kommen Hauhechel-Bläuling und Kaisermantel vor. Hier sind Untersuchungen geplant.
> Moose und Totholzkäfer: Auch hier sind Untersuchungen vorgesehen. Es kommen das seltene Grüne Besenmoos und der geschützte Hirschkäfer vor.
> Wasser: Michael Hahl fordert die Anfertigung eines hydrologischen Gutachtens, um eine Gefährdung des Grundwassers auszuschließen.
> Bepflanzung: Berthold Weigand (LNV) gab zu bedenken, dass bei der Bepflanzung der langfristig freizuhaltenden Fläche darauf geachtet werden solle, dass die Pflanzen keine windkraftsensiblen Arten anlocken. Peter Bussemer verwies auf die in Hettingen, Hirschlanden und Ravenstein gemachten positiven Erfahrungen mit Kurzumtriebswald, der keine Greifvögel anlocke. Dementsprechend werde die Forderung seiner Behörde ausfallen.