Blick auf den Kornberg (im Hintergrund links Höpfingen und rechts Hardheim): Rund um den geplanten Windpark ist es in den letzten Monaten verdächtig ruhig geworden, doch im Hintergrund wird weiter gearbeitet. Foto: Rüdiger Busch
Hardheim/Walldürn. (rüb) Vor 417 Tagen stand das Thema Windpark "Kornberg" letztmals auf der Tagesordnung einer öffentlichen Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbands Hardheim-Walldürn (GVV). Kurzfristig wurde die Sitzung damals abgesagt, weil die Walldürner Vertreter die Pläne der Nachbargemeinden Hardheim und Höpfingen aus Rücksicht auf den Verkehrslandeplatz Walldürn nicht mittragen wollten.
Seither herrscht bei dem umstrittenen Thema Flaute - zumindest öffentlich. Im Hintergrund werden die Pläne aber unverändert mit Nachdruck vorangetrieben: Investor Zeag Energie AG (Heilbronn) kümmert sich bereits um mögliche Ausgleichsmaßnahmen, auch wenn derzeit überhaupt nicht absehbar ist, ob die sechs geplanten Anlagen überhaupt gebaut werden können. Oder weiß die Zeag da schon mehr?
Auf GVV-Ebene ist der Sachstand unverändert: "Seit der abgesagten Sitzung hat sich nichts getan, und es gibt auch keine neuen Anträge, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu nehmen", sagte Verbandsvorsitzender Markus Günther im Gespräch mit der RNZ.
Zudem habe sich an der ablehnenden Haltung des Walldürner Gemeinderats nichts geändert: Die Räte wollen mögliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit am Verkehrslandeplatz verhindern und auch die Weiterentwicklung des Flugplatzes durch die Windräder nicht beschneiden.
Nichtsdestotrotz beschäftigt das Thema "Windkraft" den Verband weiterhin: Der im Mai 2019 vorgestellte neue Windatlas 2019 Baden-Württemberg beinhaltet veränderte Kriterien, auf die die Kommunen reagieren müssen: "Wir sind dabei, anhand der Vorgaben des neuen Windatlasses, das gesamte Gebiet des Verbandes neu zu bearbeiten", erklärte Günther. Im laufenden Jahr sei die Verwaltung mit den Vorarbeiten beschäftigt, im nächsten Jahr werde sich dann, so der Plan, die Verbandsversammlung mit dem Thema befassen.
Was den "Kornberg" angeht, so wurde der ein oder andere Grundstückseigentümer dieser Tage von einem Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe überrascht. Darin geht es um geplante Landschaftspflegemaßnahmen im Gewann "Im Eichelen" in Bretzingen. Diese könnten auf Grund der begrenzten Finanzmittel voraussichtlich nicht durchgeführt werden, schreibt die Mitarbeiterin der Abteilung 5 - Umwelt.
Um gleich anzufügen, dass von anderer Seite Interesse bestehe, die Pflegemaßnahmen dort umzusetzen: Die Zeag AG habe das Planungsbüro Peter Beck aus Darmstadt mit der Suche nach möglichen Ausgleichsmaßnahmen für die Errichtung der Windräder beauftragt.
Ein Schreiben mit dem Briefkopf des Regierungspräsidiums, in dem es um Ausgleichsmaßnahmen für ein höchst umstrittenes Projekt geht - das kommt nicht nur dem ein oder anderen Grundstückseigentümer vor Ort seltsam vor. Auch von der RNZ zu dem Sachverhalt befragte Fachleute zeigten sich sehr überrascht über das Vorgehen und werteten es als "ungewöhnlich" und "nicht alltäglich".
Einen möglichen Interessenskonflikt weist das Regierungspräsidium aber von sich: "Seit 2016 läuft im Regierungspräsidium ein Projekt zur Vernetzung von Trockenlebensräumen im östlichen Neckar-Odenwald-Kreis. ... Diejenigen Eigentümer, von denen uns eine E-Mail-Adresse vorlag, wurden von uns 2018 darüber informiert, dass das Gebiet ,Im Eichelen’ aufgrund der begrenzten Finanzmittel vorerst nicht mehr bearbeitet werden kann.
Bereits 2017 hatte sich das Planungsbüro Peter Beck aus Darmstadt im Auftrag der Firma Zeag Energie AG aus Heilbronn im Rahmen des Windkraftvorhabens für das Gebiet als Ausgleichsfläche interessiert. 2019 bat das Planungsbüro dann das Regierungspräsidium um die Kontaktdaten der entsprechenden Eigentümer. Das Regierungspräsidium hat daraufhin Ende Juli alle betroffenen Eigentümer per Brief um Zustimmung der Kontaktweitergabe an das Planungsbüro Beck gebeten. Gleichzeitig haben wir den Eigentümern (nochmals) mitgeteilt, dass aufgrund der begrenzten Finanzmittel das Gebiet ,Im Eichelen’ voraussichtlich nicht mehr bearbeitet werden kann."
In dem Schreiben habe man deutlich gemacht, dass die Anlagen zunächst genehmigt werden müssten. "Die Pflegearbeiten wurden somit keinem privaten Anbieter übertragen", betont Pressesprecherin Irene Feilhauer, "sondern lediglich dem Planungsbüro angeboten. Durch die Weitergabe der Kontaktdaten kann nicht auf eine eventuelle fachliche Beurteilung der Windkraftanlage durch das Regierungspräsidium geschlossen werden." Zudem sei es zwingend erforderlich, solche Ausgleichsmaßnahmen der Genehmigungsbehörde zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Prüfung vorzulegen. Von daher sei auch der Zeitpunkt nichts außergewöhnliches.
Die RNZ hat auch bei der Zeag in den letzten beiden Wochen mehrfach nach den geplanten Ausgleichsmaßnahmen und nach dem Sachstand des geplanten Windparks nachgefragt, aber keine Antwort erhalten.