Die Wiesen und Streuobstbestände im „Vorderen Wasen II“ sind Teil eines regionalen Grünzugs. Dort soll nun ein Baugebiet entstehen. Der Entwurf des „FNP 2030“, der diese städtebauliche Entwicklung regelt, liegt ab 29. Juni beim GVV aus. Foto: Janek Mayer
Walldürn. (jam) Die Pläne, das Walldürner Naherholungsgebiet "Wasen" als Baugebiet auszuweisen, sorgen seit Ende 2018 für Unmut. Bürger, die ihrem Ärger Luft machen wollen, erhalten dazu nun ab Montag, 29. Juni, Gelegenheit. Ab diesem Tag liegt der Entwurf für den "FNP 2030" bis zum 8. August beim Gemeindeverwaltungsverband Hardheim-Walldürn in der Walldürner Friedrich-Ebert-Straße 11 aus und kann im Internet unter www.gvv-hardheim-wallduern.de/bauen/fnp-2030 eingesehen werden.
Während der Auslegung kann sich jedermann zum Planentwurf äußern – unabhängig davon, ob er konkret betroffen ist. Führen die Anregungen dazu, dass der Entwurf nach der Auslegung geändert oder ergänzt wird, so muss ihn die Verwaltung erneut auslegen und ein weiteres Mal Stellungnahmen einholen.
"FNP 2030" ist der Arbeitstitel, unter dem der GVV seit 2017 plant, einen Flächennutzungsplan neu aufzustellen, der als Grundlage für die städtebauliche Entwicklung des gesamten Verbandsgebiets dient. Darunter fällt eine Fläche von rund 223 Quadratkilometern mit rund 21.400 Einwohnern in den drei Gemeinden Walldürn, Höpfingen und Hardheim.
Für die Gemeinde Hardheim errechnet das Ingenieurbüro IFK Mosbach einen Wohnbauflächenbedarf von 11,10 bis 16,23 Hektar. Die Gemeinde Höpfingen weist demnach einen Wohnbauflächenbedarf von 0 bis 4,23 Hektar auf, die Stadt Walldürn einen Bedarf von 17,07 bis 17,92 Hektar. In einem früheren Verfahrensschritt hatten bereits zahlreiche Behörden und Bürger Kritik an einem Vorentwurf geübt. Viele Stellungnahmen griffen die Pläne für den "Vorderen Wasen II" auf. In diesem regionalen Grünzug sollen nach Willen des GVV 8,74 Hektar voller Wiesen und Streuobstbaumbeständen als Baugebiet ausgewiesen werden.
Die Verwaltung und ihre Berater aus dem Ingenieurbüro sehen dagegen diesen Eingriff in das Naherholungsgebiet als einzige Option: "Der Sprung über die B27 sowie die Umsetzung neuer Stadtteile ist aktuell nicht möglich, da entsprechend dem Plansatz 3.1.9 des Landesentwicklungsplans kein neuer Siedlungsansatz entstehen darf." Ausnahmen seien nur dann möglich, wenn es keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung gibt.
Tatsächlich schließen laut dem IFK Waldflächen und die Nibelungenkaserne im Süden, die B27 im Osten sowie Waldflächen und der Verbandsindustriepark im Norden eine weitergehende Siedlungsentwicklung aus. Die letzte verbliebene Richtung – nach Westen im "Wasen" – bewertet das Mosbacher Ingenieurbüro dagegen als "bedingt geeignet". "Ein Eingriff in den regionalen Grünzug und in das Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft ist daher unvermeidbar", heißt es in der Begründung, die der GVV veröffentlicht hat.
In diesem 157 Seiten starken Dokument erläutert der GVV zudem, warum er die 5,8 Hektar große Wohnbaufläche "Steinacker-Auerberg II" beim Walldürner Friedhof, für die bereits ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt, nicht weiterverfolgt. "Die Fläche ist [...] blockiert und kann nicht umgesetzt werden", heißt es dort. Im Rahmen des Umlegungsverfahrens, das sich bereits über viele Jahre zieht, hat die Verwaltung bislang keine Einigung mit den Grundstückseigentümern erzielt. "Da eine Erschließung des Wohngebiets langfristig ausgeschlossen werden kann, wird die Fläche ,Steinacker-Auerberg II‘ nicht als Innenentwicklungspotenzial angerechnet", gibt der GVV bekannt.
Dass im "Vorderen Wasen II" aufgrund vieler kleinteiliger Parzellen ein ähnliches Schicksal droht, hat für den "FNP 2030" zunächst keine Bedeutung. Die Experten des Mosbacher Ingenieurbüros beantworten derartige Nachfragen von Bürgern bzw. der Bürgerinitiative "Walldürn – Für Mensch & Natur" mit dem Hinweis, dass die Stadt Walldürn zu einem späteren Zeitpunkt für die Umlegung verantwortlich zeichnet und selbst ein geeignetes Verfahren wählen kann.
Egal welchen Weg die Stadtverwaltung schlussendlich wählen wird: Beim Umlegungsplan handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den jeder beteiligte Eigentümer Einspruch einlegen kann. Es entscheidet dann der Widerspruchsausschuss der beteiligten Gemeinde. Im Extremfall muss ein Verwaltungsgericht entscheiden. "Es sollte daher jeder, der im Rahmen eines Umlegungsverfahrens mit Grundeigentum ernstlich betroffen wird, fachanwaltschaftlichen Rat einholen", rät Eike Schönefelder, ein Münchner Fachanwalt für Verwaltungsrecht.