Adelsheim. (joc) Ob Adelsheim wirklich bald sein eigenes Bier brauen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Unmöglich erscheint es allerdings nicht, denn beim ersten Adelsheimer Bürgerforum im Forum des Adelsheimer Eckenberg-Gymnasiums (EBG) wurden zahlreiche interessante Aspekte vorgestellt.
Einige Anregungen muten dabei auf den ersten Blick etwas abenteuerlich an, aber für eine nicht auf Rosen gebettete Stadt wie Adelsheim wird genau das vielleicht die einzige Möglichkeit sein, die Lebensqualität der Bürger zu erhöhen. Entsprechend viele, nämlich 200, waren denn auch gekommen, um sich von den mannigfaltigen Ideen des ersten Adelsheimer Bürgerforums inspirieren und motivieren zu lassen.
Bürgermeister Wolfram Bernhardt freute sich eingangs über die gute Resonanz und erläuterte die Ausgangssituation: "Vor bald einem Jahr trat ich an mit vielen Ideen, wie wir Adelsheim lebenswert gestalten können. Viele waren skeptisch, wie das gelingen kann – war doch zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass die Stadtkasse keine großen Sprünge zulassen wird. Wie kann man dennoch neue Wege einschlagen?
Dies ist die berechtigte Frage. Die Antwort ist wenig spektakulär und doch liegt sie auf der Hand, es hängt von jedem einzelnen ab und davon, wie man sich gemeinsam für eine Sache einsetzt!" Und da zeigte sich der Bürgermeister zuversichtlich, denn die Adelsheimer würden ihre Kreativität und ihre Einsatzbereitschaft Tag für Tag im regen Vereinsleben der Stadt unter Beweis stellen. Heute gehe es darum, in einer Art "Ideenfestival" Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man Adelsheim weiter gestalten kann, so Bernhardt, denn es sei ganz wichtig, sich dieses Gefühl des Selbstgestaltens zu bewahren!
Zu den einzelnen Themenbereichen:
> Schallschutzwände entlang der Bahngleise in Adelsheim und Sennfeld: Dieses Thema stellte der Bürgermeister gleich im Anschluss selbst vor. So habe die Deutsche Bahn angeboten, entlang der Bahngleise in Adelsheim und Sennfeld Schallschutzwände beziehungsweise -fenster zu installieren. Die Entscheidung darüber liege aber bei der Stadt Adelsheim. Um die Bürgermeinung auszuloten hatte die Verwaltung am Eingang des Forums Stimmzettel verteilt und Wahlurnen aufgestellt. Das Bürgervotum soll dann bei der Entscheidung des Gemeinderats am 20. April Berücksichtigung finden (Das Abstimmungsergebnis soll aber bereits bei der nächsten Gemeinderatssitzung am 16. März bekannt gegeben werden).
Hintergrund dieser Überlegungen ist die Tatsache, dass Lärm krank macht. Die Frage ist daher, wie man Lärm reduzieren kann. Die Deutsche Bahn möchte dies durch Lärmschutzwände entlang der Bahngleise erreichen. Diese haben auf der Innenseite ein feinporiges Netz, das die Schallwellen absorbiert und somit den Lärm unterdrückt. Ergänzend dazu sollen Schallschutzfenster installiert werden. Für die Taxierung von Lärm wurden Grenzwerte festgelegt. Diese belaufen sich im konkreten Fall auf 69 Dezibel (dB) in Wohngebieten (nachts 57 dB) und in Mischgebieten auf 69 dB (in der Nacht 59 dB).
> Bürgerenergiegenossenschaft: Dieser Beitrag musste leider kurzfristig ausfallen, weil der angekündigte Referent Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau, wegen einer akuten Grippeerkrankung am Tag selbst seine Teilnahme abgesagt hatte.
> Ein Bürger-Bier für Adelsheim – das ist zugegebenermaßen ein charmanter Gedanke. Dass so etwas möglich ist, das erläuterte Dr. Alexander Hildenbrand, Geschäftsführer der IHK Mosbach und Initiator des "Schlammbeisers" (so heißt das Bürger-Bier in Gießen). Auf seine Initiative hin wurde in der hessischen Stadt eine traditionsreiche Brauerei, die in die Insolvenz geraten war, wieder mit Leben erfüllt. Dr. Hildenbrand beleuchtete die Anfänge des Projekts und stellte am Ende zufrieden fest, dass das erste "Schlammbeiser"-Pils des jungen Unternehmens im Sommer 2017 den Zapfhahn verlassen habe und sich das Bier zwischenzeitlich großer Beliebtheit erfreue.
Das Startkapital habe seinerzeit 50.000 Euro betragen. Dr. Alexander Hildenbrand räumte aber auch ein, dass man in der 80.000-Einwohner-Stadt Gießen (darunter 40.000 Studenten) sicherlich optimale Voraussetzungen vorgefunden habe. Bürgermeister Wolfram Bernhardt sagte, dass es ein toller Traum sei, in Adelsheim eigenes Bier zu brauen. Man habe dies auch schon im Gemeinderat spaßeshalber diskutiert und hätte mit "Kraft"-Bier oder "Gässe"-Bräu in bierseliger Laune auch schon zwei potenzielle Namens entwickelt.
> Bürger-App für das Smartphone: Wie funktioniert die Kommunikation in der Stadt? Diese Frage stelle man sich in Adelsheim angesichts des Wandels in der medialen Landschaft immer mehr, führte der Bürgermeister zum nächsten Thema aus. So registriere man beim offiziellen Informationsmedium der Stadt, dem "wöchentlich erscheinenden "Bauländer Boten" deutlich zurückgehende Abozahlen. Zudem wolle man gerne nicht nur im Ein-Wochen-Rhythmus, sondern zeitaktueller und auch dynamischer kommunizieren und dabei zusätzlich ein Feedback bzw. eine Vernetzung erreichen. Dafür habe man mit dem E-Mail-Newsletter oder der Bürger-App für das Smartphone zwei Möglichkeiten ausgelotet. Man frage sich jetzt bei der Verwaltung, ob eine solche App von der Bevölkerung angenommen würde und wer sie mit Leben erfüllen kann. Bei der Finanzierung könnte man sich die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen vorstellen.
> Der Bürger-Fahrdienst der Gemeinde Seckach ist eine Einrichtung, die sich längst ganz hervorragend bewährt hat und allgemein große Anerkennung findet. Da Adelsheim und Seckach eine ähnliche Struktur und auch eine vergleichbare Topografie haben, könnte dies auch in Adelsheim zum Erfolgsmodell werden. Maxi-Monika Thürl, eine der Organisatorinnen und Mitbegründerin des Bürger-Fahrdiensts in Seckach, stellte die schon über zehn Jahre erfolgreich wirkende Einrichtung vor. Primäre Aufgabe sei es, in der Mobilität eingeschränkten Bürgerinnen und Bürger eine Fahrmöglichkeit zum Arzt, zur Fußpflege, zur Kirche oder zum Einkaufsmarkt im Seckacher Kernort zu ermöglichen. Rund 40 (!) ehrenamtlich arbeitende Fahrer stehen hierfür zur Verfügung. Die komplette Organisation wird von acht Ehrenamtlichen gestemmt. Maxi-Monika Thürl hob abschließend hervor: "Unser Fahrdienst ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass Menschen möglichst lange ein eigenständiges Leben in den eigenen vier Wänden führen können!"
Im Anschluss hatten die Bürger dann noch die Gelegenheit, sich zu den jeweiligen Projekten an eigens aufgestellten Stellwänden näher zu informieren und sich in Listen einzutragen, um ihr Interesse zu bekunden, dass sie sich bei der Verwirklichung des ein oder anderen Projekts engagieren möchten. Bürgermeister Bernhardt sagte dann noch zur weiteren Rolle der Stadt, dass die Verwaltung im Nachgang zum Bürgerforum mit Rat und Tat zur Verfügung stünde und den Kontakt zwischen den Interessenten herstellen würde, die Verantwortung für das jeweilige Projekt selbst würde dann aber bei den Bürgern liegen.