Heute ist Tag der Muttersprache - und gerade in regionaler Ausprägung gibt es viele sprachliche Besonderheiten. So manche davon ist (leider) inzwischen in Vergessenheit geraten - wir haben einige wieder ausgegraben. Foto: H. Schattauer
Buchen. (tra/mp/str) Gut die Hälfte aller weltweit gesprochenen Sprachen ist vom Aussterben bedroht. Aber nicht nur Sprachen gehen verloren, auch die regionalen Mundarten verschwinden. Wer in den Dörfern und Gemeinden des Neckar-Odenwald-Kreises genau hinhört, muss kein Sprachwissenschaftler sein, um zu bemerken, dass sich nur noch die ältere Generation in der korrekten "Muddersproch" unterhält.
Bei diesen Sprechern kann man deutlich heraushören, aus welchen Gemeinden sie kommen: "Der Mudemer spricht anders als der Buchemer, und der spricht wiederum anders als der Borkemer", unterstreicht Manfred Pfaus, der den "Sprachraum" des Buchener Bezirksmuseums ins Leben gerufen hat, in einem Beitrag auf der Homepage. Die Enkel dieser Sprecher beherrschen den Dialekt allenfalls noch bruchstückhaft. Man kann sie anhand ihrer Mundart nicht mehr eindeutig einer Gemeinde zuteilen, was bei den Sprechern der "Muddersproch" problemlos möglich ist. Diese sind meist vor 1950 geboren, und ihre Mundart von Redewendungen geprägt, die in der landwirtschaftlichen Arbeits- und Kulturwelt entstanden sind.
"Sprache gibt die soziokulturellen Hintergründe der Sprechenden wieder. Und wenn eine Sprache ausstirbt, spiegelt dies die gesellschaftlichen Veränderungen. Die sich abzeichnende Einheitssprache spiegelt unsere Einheitsgesellschaft," so Manfred Pfaus.
Der "Sprachraum" des Bezirksmuseums nimmt sich der nach und nach verschwindenden Dialekte des badischen Odenwalds und des Baulands an. Manfred Pfaus hat vor einigen Jahren den Anstoß zum Aufbau dieser Abteilung des Museums gegeben. Auch heute noch, obwohl er nicht mehr vor Ort lebt, betreut er das Projekt mit viel Engagement.
Der Schwerpunkt des "Sprachraums" liegt auf den Mundarten des badischen Frankenlands: Im badischen Odenwald, im Bauland und bis zum Taubergrund wird Fränkisch gesprochen, genauer "Odenwäldisch", das zu den süd-rheinfränkischen Dialekten gehört.
Ein Höhepunkt des Internetauftritts ist der "Sprechende Sprachatlas". Dort sind auf einem geografischen Atlas die Orte gekennzeichnet, aus denen das Museum Dialektbeispiele gesammelt hat und durch Anklicken hörbar macht.
Seit 2010 werden unter der Federführung von Manfred Pfaus raum-typische Dialekte elektronisch aufgezeichnet. Texte aus den unerschöpflichen Quellen von Sagen und Geschichten in den Odenwald- und Baulandgebieten werden von einheimischen Sprechern in der Originalmundart des eigenen Wohnorts aufgesprochen.
Der "SprachRaum" ist ein virtueller Raum im Internet, aber es gibt ihn auch real im Obergeschoss des Trunzerhauses, und er kann besucht werden.
In Odenwald und Bauland gibt und vor allem gab es auch zahlreiche Dichter, die ihre Verse in "Muddersproch" verfassten. Es folgen drei Beispiele aus Odenwald und Bauland.
Zu den bekanntesten Mundartdichtern gehört Jakob Mayer aus Buchen, der in der "alten Sproch" das Buchener Leben poetisch beschrieb.
Hier eine Strophe aus seinem Gedicht "Ma Buche": "Im Schlehebluuscht verschteckelt; Tief nei’s Daal geduckt; Leit dunne, hart am Waald, e Paradiesch! Vum Waartdoorn naab uf all die Pracht geguckt: Geit’s dann ebbs schöner’sch? Nergets! For gewisch! Du konscht im ganze, weite lann rimm suche - S geit nor ä(n) sottis Paradiesch! Un des bisch Du! ma Buche!"
In Walldürn dichtete Hanne Assion-Bausback im unverfälschten Ton der "Dürmer" Volkssprache, wie am Auszug aus ihrem Gedicht "Naus Krumbernrausmache" schön zu sehen ist: "Wann’s Hörbscht worn ist, oft üwwer Naacht, hot’s ghääße: ’s is Zeid, ’s wern die Krumbern rausg’macht! Üwwer die Äcker ziecht en rauchi’er Duft, ’s werd Kräudi verbrennt, des leit in der Luft."
Nun zum Vergleich noch ein Beispiel aus Adelsheim anhand Heiner Hembergers Erzählung "Awer er war net debei": "Sophie, heut hab i’s em Oberamtmann bsorcht! Jetzert hab i’s awer emol gsaad wie ’r’s no nooni ghert hat! Alles hab i’n zamme gheese! - "Um Gottes Wille, Johann, was hoscht denn doo agschtellt! Eischperre werd er Di losse!" - "Hab kee Sorch, Sophie, er hot’s gar nit ghert. Wu i d’ Schteiche naus gfahrn bin, hab i’s’m gsad, laut un deutli, awer er war net debei!"
Info: Hier gibt es ein Quiz mit 62 Dialektbegriffen. Lösungen können bis 23. Februar an Manfred Pfaus unter pfaus@sprachraum.de oder manfred@pfaus.de gesendet werden. Unter den Teilnehmenden verlost das Bezirksmuseum Buchen einen Bildband "Arthur Grimm". Auch bei uns gibt es ein interessantes Dialektquiz.