"Zweierpasch" wirbt für Mehrsprachigkeit
Das aus Sennfeld stammende Hip-Hop-Duo "Zweierpasch" unterstützt Initiativen für mehr Deutsch und Französisch.

Sennfeld. (pm) Was tun gegen das sinkende Interesse an Deutsch und Französisch auf beiden Rheinseiten? Gleich zwei Initiativen machen sich dafür in Deutschland und Frankreich stark. Die World-Hip-Hop-Band "Zweierpasch" unterstützt diese – nicht nur mit eigenen Songs. Die aus Sennfeld stammenden Zwillinge und Rappoeten Till und Felix Neumann sagen: "Wer den Mehrwert von Mehrsprachigkeit nicht erkennt, lebt auf einem anderen Planeten."
"Pour la diversité des langues", also "für die Vielfalt der Sprachen", heißt eine Petition, die derzeit die Runde macht, adressiert an Emmanuel Macron, Präsident der Republik Frankreich und Jean-Michel Blanquer, den französischen Bildungsminister. Die Initiatoren kämpfen dafür, dass der Deutschunterricht an französischen Schulen intensiver gefördert wird. Denn in einigen Teilen Frankreichs lernen weniger als fünf Prozent der Schüler noch Deutsch. In manchen ländlichen Gegenden sei es sogar unmöglich geworden, Deutsch als Fach in der Schule zu wählen.
Die Petition erinnert Präsident Macron daran, was er am 22. Januar 2019 bei Unterzeichnung des Elysée-Vertrags 2.0 in Aachen – in Anwesenheit von "Zweierpasch" – versprochen hat. Dort bestätigte er die entscheidende Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen in Sachen Bildung und Jugend mit der Absicht, neue Wege zu beschreiten.
Die Frontmänner von "Zweierpasch", Träger des Adenauer-de-Gaulle-Preises, stehen voll und ganz hinter dem Anliegen. Seit Jahren setzen sie sich kreativ für die deutsch-französischen Beziehungen ein und geben gerappte Sprachworkshops auf beiden Rheinseiten und weit darüber hinaus. "Wir merken in unserer Arbeit deutlich, dass an vielen Schulen gegen das schwindende Interesse an der Sprache unserer Nachbarn gekämpft wird", sagt Till Neumann, der in Freiburg lebt. Er ist überzeugt, dass dies kein unlösbares Problem ist: "Bei unseren zweisprachigen Konzerten und HipHop-Workshops sehen wir immer wieder, wie das Feuer für Deutsch oder Französisch brennt, wenn man tiefer eintaucht und Spaß daran hat."
Felix und Till Neumann arbeiten Jahr für Jahr mit mehreren tausend Schülern auf zwei Sprachen. Dafür haben sie ihre eigene Schule gegründet: Mit der "Ecole du Flow" eröffnen sie seit 2018 jährlich 1000 jungen Menschen die Möglichkeit, zweisprachig kreativ zu werden. "Wer an der Begeisterung für Fremdsprache bei jungen Menschen aus Deutschland und Frankreich zweifelt, ist herzlich zum Finale der ,Ecole du Flow‘ eingeladen", sagt Felix Neumann, zuhause in Kehl und Straßburg. "Das nächste steigt im Frühjahr 2022 in Besançon." Nachwuchskünstler werden dann beim mittlerweile größten deutsch-französischen Hip-Hop-Wettbewerb eigene Songs auf zwei Sprachen performen.
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Auch in Deutschland gibt es Bewegung für die Förderung des Fremdsprachenunterrichts. So hat die Klett-Akademie für Fremdsprachendidaktik ein Positionspapier mit dem Titel " Für eine Stärkung der zweiten und dritten Fremdsprachen" lanciert. Der Grund: "In Deutschland lernt gut ein Drittel (34,5 Prozent) der Schüler zwei Fremdsprachen, das heißt Englisch und eine andere Fremdsprache."
Damit liege Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt von 58,8 Prozent, so die Klett-Akademie. Sie stellt fest: "In der gymnasialen Oberstufe sank der Anteil der Schüler, die eine andere Fremdsprache als Englisch lernen, in den letzten zehn Jahren um mehr als acht Prozent." Dabei gebe es eine Vielzahl an Vorteilen von Mehrsprachigkeit. Unter anderem, dass "Bewerber, die nicht nur Englisch beherrschen, in vielen Berufen bessere Chancen haben". Eine Forderung der Initiative ist, dass die zweite Fremdsprache spätestens in Klasse 6 mit mindestens vier Wochenstunden unterrichtet wird.
Die Grenzgänger und deutsch-französischen Musiker Felix und Till wohnen selbst direkt an der Grenze und finden das Anliegen wichtig: "Wir merken immer wieder, was ein riesiger Trumpf es ist, mehrere Sprachen zu sprechen", betonen sie. Das eröffne viele berufliche und private Wege über Grenzen. "Bei unseren Tourneen durch Asien, Afrika oder Europa jonglieren wir oft mit Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch", berichtet Till. Ohne das sei ihr Job so nicht möglich. "Je früher man anfängt mit mehreren Sprachen, desto besser."
Für sie ist das Lernen und Sprechen mehrerer Sprachen keine Option, sondern Normalität im 21. Jahrhundert: "Mehrsprachigkeit ist Standard und Pflicht in unserer vernetzten globalen Welt." Wer das nicht fördere, lebe auf einem anderen Planeten.
Ihr aktuelles Album "Un peu d’Amour" mit Songs wie "Lichter" oder "Fessengau" zeigt, wie kreativ und kunstvoll Sprachen verfließen und Grenzen überwunden werden können. Mit dem Song "Grenzgänger-Frontalier" haben die beiden mit ihrer Band schon vor Jahren klargestellt, wohin die Reise geht: Grenzenlos über Grenzen. Für 2021 ist ihre EP "Positive Rebellion" über Jazzhaus Records angekündigt.