Neckar-Odenwald-Kreis. (RNZ) Am Montag öffnen die Grundschulen in den meisten Bundesländern wieder. Dies überwiegend im Wechselmodell. Die Zeit des reinen Fernunterrichts ist damit vorbei. Bund und Länder waren sich bei ihrer letzten Konferenz einig, dass der verlängerte Corona-Lockdown in diesem Bereich zuerst gelockert werden soll. "Und deshalb werden wir am 22. Februar schrittweise die Grundschulen öffnen”, sagte Ministerpräsident Kretschmann direkt nach Verkündung des neuen Bund-Länder-Beschlusses vom 10. Februar.
Doch die Regelungen an den Schulen in der Corona-Krise sind ganz unterschiedlich, wie die RNZ bei einer stichprobenmäßig ausgewählten Befragung in ausgewählten Grundschulen im Kreis jetzt bestätigt bekam. Hier die Situation an den Schulen:
Grundschule Walldürn: "Für die Kinder ist es Gold wert, dass wir wieder starten können." Christina Scheuermann, die Rektorin der Grundschule Walldürn, freut sich, dass sie und ihre Kolleginnen ab heute wieder die 288 jungen Schüler begrüßen dürfen. Und sie ist überzeugt davon, dass das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht: "Das wird ein großes ,Hallo‘ sein, wenn es jetzt endlich wieder losgeht." Sie habe von zahlreichen Eltern die Rückmeldung erhalten, dass die Kinder ihre Lehrer sehr vermisst hätten.
Dank der neuen Regelungen wird jeder Grundschüler ab sofort in jeder zweiten Woche mindestens für je fünf Stunden an zwei Tagen in Präsenz unterrichtet. Das "mindestens" bezieht sich darauf, dass Lehrer die Option haben, einzelne Kinder, die nicht erreicht wurden, freitags einzubestellen, um sie zusätzlich zu fördern. Die Rektorin bedauert, dass an ihrer Schule nicht noch mehr Präsenzunterricht möglich ist. Der limitierende Faktor ist die hohe Auslastung der Walldürner Grundschule mit 288 Schülern und daraus resultierenden großen Klassen, die alle geteilt werden müssen.
Scheuermann ist sich bewusst, dass nicht alle Kinder zuhause eine optimale Unterstützung erhalten, aber: "Im überwiegenden Teil funktioniert das Fernlernen mit den Eltern sehr gut – Hut ab!" Trotzdem betont sie: "Unterricht in der Schule ist nicht ersetzbar." Das wissen auch die Lehrer der Grundschule, die bei jeder Unterrichtsstunde ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. "Es ist ein Risiko, aber wir tun alles, um es zu minimieren", verspricht Rektorin Scheuermann. Das Land habe bereits die versprochenen Masken für die Lehrer geliefert. Noch in der Schwebe hängt allerdings, wie sich die Teststrategie für Lehrkräfte konkret umsetzen lässt. Sie können sich zweimal pro Woche testen lassen.
Grundschule Hardheim: Elke Stoy, Konrektorin am Walter-Hohmann-Schulzentrum, erklärt, dass die Grundschüler in Hardheim jahrgangsweise im Wechsel an die Schule kämen. Das bedeute: Die Klassen 1a und 1b sowie die Klassen 3a und 3b kommen in einer Woche zum Präsenzunterricht und in der darauffolgenden Woche wechseln sie in den Fernunterricht nach Hause. Im Gegenzug haben dann die Klassenstufen 2 und 4 Präsenzunterricht. Außerdem werde jede Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt, da alle die erlaubte Klassengröße von 14 Schülern überstiegen.
Vom Land seien zudem zehn Stunden Mindestunterrichtszeit pro Woche in der Schule vorgeschrieben. Das erreiche man bei allen Klassen: "Die Klassenstufen 1 und 2 haben 13 und die Stufen 3 und 4 haben 15 Stunden in der Woche Unterricht in der Schule", so Stoy. Normalerweise kämen die Schüler jedoch auf 25 bis 28 Stundenwochen. Und das bedeutet im Umkehrschluss: "Die Anmeldungen in der Notbetreuung nach der Unterrichtszeit steigen."
Hygienetechnisch sieht Stoy ihre Schule gut aufgestellt: "Wir haben verschiedene Eingänge, und es ist genau geregelt, wer, wo, wann in die Schule geht bzw. die Schule verlässt." An jeder Tür seien zudem Desinfektionsspender angebracht, und die Maskenpflicht bestehe sowieso nach wie vor. Die Schüler freuten sich nun sehr, dass sie sich wieder sehen können. Den Lehrern gehe es natürlich genauso, auch wenn auf sie eine Doppelbelastung mit dem speziellen Konzept zukomme.
Grundschule Rosenberg: Schulleiterin Deborah Jährling betont, dass man in der glücklichen Lage sei, dass jede Schule selbst darüber entscheiden könne, wie man die Wiederöffnung umsetze. "Das ist gut so, denn die Rahmenbedingungen sind an jeder Schule anders."
Die Grundschule Rosenberg ist eine eher kleine Schule mit gerade einmal 49 Schülern in vier Klassen. "Aus diesem Grund haben wir uns für ein Modell entschieden, das vorsieht, dass alle Klassen in dieser Woche anfangen. Montags hat die erste Hälfte Schule, die zweite kommt dann dienstags und mittwochs ist wieder die erste Gruppe dran usw."
Auch räumlich gibt es eine deutliche Trennung. Die Erst- und Zweitklässler sind im Erdgeschoss untergebracht, die dritten und vierten Klassen im ersten Stock. Um Kontakte zu reduzieren, wurden ferner die Anfangs- und Schlusszeiten der Klassen versetzt terminiert. Gleiches gilt für die große Pause, die so gestaltet wird, dass maximal 15 Kinder gleichzeitig auf dem Pausenhof sind. Diese Regelung sind das Ergebnis einer Besprechung in der Lehrerschaft, in der der einhellige Wunsch war, dass man nicht tröpfchenweise beginnen sollte, sondern mit alle Klassenstufen. Man sei zuversichtlich, dass das Rosenberger Modell gut greife, so Jährling. Lehrer und Schüler freuten sich jedenfalls sehr, dass es wieder losgeht.
Jakob-Mayer-Grundschule Buchen: "Es ist mehr als sinnvoll, die Grundschüler in den Präsenzunterricht zu lassen. Gerade die Kleinen brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen und zu ihren Lehrern", berichtet Schulleiterin Heike Busch. "Die meisten Kinder sagen uns, dass sie sich freuen, in die Schule kommen zu dürfen", so Busch. Die Kinder hätten zunehmend von Eintönigkeit berichtet – auch, weil ihnen Hobbys fehlen. Manche seien daheim gut zurechtgekommen und haben ihren Tag selbstständig oder mit Hilfe der Eltern strukturiert, das Fernlernen recht leicht geschafft und die Zeit mit der Familie genossen. "Genauso häufig hören wir von Kindern, dass es ihnen schwerfalle, eine Struktur zu finden, und die sich mit den Lernangeboten schwertun", sagt Busch. Von den Eltern kam immer häufiger die Rückmeldung, dass sich die Kinder immer weniger gut für das Fernlernen motivieren könnten.
"Wir freuen uns riesig, wieder vor Ort mit den Kindern arbeiten zu können", spricht Busch für das Kollegium. Viele Lehrer hätten sich ein Wechselmodell gewünscht. "So kann in den kleinen Gruppen optimal auf die Kinder geschaut werden, und gleichzeitig ist die Umsetzung unseres Hygienekonzepts gut machbar", meint Busch. Das Land hat die Lehrer mit Mund- und Nasenschutz versorgt, zudem können Lehrer Schnelltests machen lassen. Damit seien die Rahmenbedingungen im Vergleich zum Wiedereinstieg nach dem letzten Lockdown besser.
Der Wechselunterricht erfolgt im wöchentlichen Wechsel der Klassenstufen 1 und 3 mit den Klassenstufen 2 und 4. In der Präsenzwoche arbeiten die jeweils geteilten Klassengruppen in zwei Zeitschienen zu jeweils drei Schulstunden. So hat jedes Kind 15 Unterrichtsstunden in der Präsenzwoche. Dieser Woche schließt sich eine Fernlern-Woche an. Zudem besuchen insgesamt rund 40 Kinder die Notbetreuung.
Baulandschule Hettingen: "Schule ist so viel mehr als nur Wissensvermittlung, vielmehr geht es um das soziale Miteinander, Spaß und Spiele in der Pause. Deswegen sind wir froh, dass nun Wechselunterricht möglich ist", sagt Schulleiter Jochen Köpfle. Die Grundschüler und ihre Eltern seien mit dem Fernunterricht größtenteils zufrieden gewesen, die Sozialkontakte hätten jedoch gefehlt. "Die Kinder haben sich immer gefreut, wenn sie bei der Materialübergabe auf dem Schulhof kurz mit ihrem Lehrer sprechen konnten", sagt Köpfle.
Auch die Lehrer freuen sich darüber, dass nun Wechselunterricht möglich ist. "Beim Fernunterricht geht so vieles verloren", unterstreicht Köpfle. "Beim digitalen Unterricht hält man als Lehrer Monologe, während Mimik, Gestik und das Lächeln der Schüler fehlen. Man bekommt kein Feedback. Das strengt sehr an." Und für die Kleinsten sei digitaler Unterricht ohnehin nicht möglich.
Die Lehrer starten jedoch auch mit gemischten Gefühlen: "Wir haben Kollegen, die zur Risikogruppe gehören, und sie machen sich natürlich Gedanken, was das Infektionsrisiko angeht", berichtet der Schulleiter. Zudem seien die von der Landesregierung zugesagten Schutzmasken noch nicht angekommen. "Was die Arbeit der Landesregierung angeht, gibt es vor allem auch hinsichtlich der Kommunikation Luft nach oben. Oft erfahren die Schulen aus der Presse, dass die Landesregierung etwas Neues beschlossen hat. Die Schulen werden dann erst nach einigen Tagen informiert", kritisiert Köpfle. In den Wechselunterricht startet das Kollegium der Baulandschule jedoch fast schon routiniert: "Wir können auf bewährte Strukturen zurückgreifen, die wir nach dem ersten Lockdown erarbeitet haben", so Köpfle. Die Klassen 1 und 2 werden vom heutigen Montag bis Freitag in die Schule kommen, in der der ersten Märzwoche haben dann die Klassen 3 und 4 Präsenzunterricht. Die Klassen werden gegebenenfalls in Gruppen aufgeteilt, um den größtmöglichen Infektionsschutz zu haben.
Wie die Schüler mit der langen Fernlernzeit zurechtgekommen sind, wird sich, so der Schulleiter, erst in der ersten Schulwoche zeigen. "Wir müssen nun schauen, wo Lücken entstanden sind, und dann für jedes Kind einen individuellen Förderplan erstellen."
Etwas Positives kann er der Pandemie jedoch abgewinnen: "Es ist an den Schulen zu einem regelrechten Digitalisierungsschub gekommen, und die Medienkompetenz hat sich enorm weiterentwickelt. Davon werden die Schulen in Zukunft sicherlich profitieren."