Orgelbaumeister Hans-Georg Vleugels vor der 1968 gebauten und 2001 sanierten und erweiterten Orgel in der Pfarrkirche St. Alban.
Hardheim. (rüb) Wenn eine Königin einen runden Geburtstag begeht, dann wird das groß feiert. Nicht anders ist es bei der Königin der Instrumente: Das 50-jährige Bestehen der Orgel in der Pfarrkirche St. Alban wird am Sonntag mit einem ganz besonderen Konzert im Erftaldom gewürdigt. Wir haben uns im Vorfeld mit Orgelbaumeister Hans-Georg Vleugels unterhalten: Sein Vater Hans Theodor hatte das Instrument 1968 gebaut, und unter Hans-Georg Vleugels’ Regie wurde die Orgel 2001 renoviert und erweitert.
Wer zumindest über Grundkenntnisse der Mathematik verfügt, ist bereits über die Jahreszahlen gestolpert: Der 50. Geburtstag der Orgel war doch schon 2018! "Das ist natürlich richtig", räumt Hans-Georg Vleugels ein, "da aber die Kirche in diesem Jahr 125 Jahre alt wird, wurde beschlossen, beide Ereignisse mit einem gemeinsamen Jubiläumskonzert zu feiern."
In den ersten 73 Jahren ihres Bestehens - von 1894 bis 1967 - sorgte in der Pfarrkirche St. Alban eine von Wilhelm Bader gebaute Orgel für die musikalische Untermalung der Gottesdienste. Bader hatte die von Ignaz Dörr ins Leben gerufene Hardheimer Orgelbautradition fortgeführt. Seine Söhne Wilhelm jun., Max und Cornel betrieben später teilweise drei Orgelbauwerkstätten gleichzeitig in Hardheim.
Da es Ende der 50er Jahre keine Nachfolger für die Betriebe von Wilhelm jun. und Max Bader gab, übernahm der aus Aachen stammende Hans Theodor Vleugels die Werkstätten 1958 bzw. 1960 gemeinsam mit Paul Mund. 1967 gründete Hans Theodor Vleugels die Firma Orgelbau Vleugels GmbH.
Die Anfangszeit als Fremde in Hardheim sei für seinen Vater und seine aus Stettin stammende Mutter nicht einfach gewesen, berichtet Hans-Georg Vleugels. Umso mehr hätten sie sich damals darüber gefreut, als sie den Auftrag für den Neubau der Hardheimer Kirchenorgel erhielten. Denn auch bei den Entscheidungsträgern in den Pfarrgemeinden der Region muste sich der junge Orgelbauer aus der Fremde seine Meriten erst verdienen.
Dazu passt eine Anekdote, an die sich Hans-Georg Vleugels noch gut erinnert: Der frühere Külsheimer Pfarrer Sack habe sich in den 1960er Jahren gegen ein Angebot von Hans Theodor Vleugels entschieden, da dieser damals noch recht jung und zudem neu in der Region gewesen sei. Doch schon bald habe er diese Entscheidung bereut: Bei seinen Besuchen im Hardheimer Erftaldom habe Sack die schöne Vleugels-Orgel immer bewundert. Als gut 20 Jahre später erneut eine neue Orgel angeschafft werden musste, sei der Auftrag dann natürlich nach Hardheim gegangen ...
Doch zurück zur Hardheimer Orgel: In der Kirche seiner neuen Heimat wollte Hans Theodor Vleugels natürlich ein ganz besonderes Instrument erschaffen. Sein Opus 75 wurde ein wahres Aushängeschild, bestehend aus zwei Manualen, 30 Registern und nahezu 2000 Pfeifen. Das Schmuckstück fand überregionale Beachtung.
Die hohe Qualität zeigt sich auch an der Langlebigkeit der Orgel: Sie entstand in einer Zeit, in der häufig viel zu schnell und mit kostengünstigen Materialien gebaut worden sei, berichtet Hans-Georg Vleugels. Mit der Folge, dass viele dieser Orgeln schon 20 Jahre später ersetzt werden mussten. Hardheim bildete da eine Ausnahme.
Dennoch nagte Ende der 90er Jahre der Zahn der Zeit massiv an dem Instrument. Während Orgeln in der Regel alle 15 bis 20 Jahre ausgereinigt werden, spielte die Hardheimer auch nach über 30 Jahren noch. Vor der Ausreinigung wollten die Verantwortlichen nämlich erst noch die Kirchenrenovierung abwarten, dann fehlte es zunächst am nötigen Geld. Als schließlich die ersten Prospektpfeifen umzukippen drohten, ließ sich das Vorhaben nicht länger aufschieben.
Das Instrument wurde aber nicht nur gereinigt und saniert, sondern auch erweitert: Bereits 1968 hatte es Pläne für eine dreimanualige Orgel gegeben. Diese verschwanden aber aus finanziellen Gründen in der Schublade. Bei der Orgelsanierung 2001 wurde dieser Gedanke wieder aufgegriffen, da der große Kirchenraum durchaus drei Manuale "verträgt". Statt des ursprünglich angedachten Rückpositivs baute Hans-Georg Vleugels hinter der Orgel ein Schwellwerk mit 17 Stimmen ein.
Die übrigen Register wurden mit leichten Modifizierungen übernommen. Die Tonmechanik wurde komplett erneuert, ebenso der Spieltisch. So entstand Opus 350 aus dem Hause Vleugels, eine Orgel, die mit drei Manualen, 48 Registern und 2986 Pfeifen zu den größten zwischen Würzburg und Heidelberg zählt.
"Bei der Einweihung entstand die Idee für eine Konzertreihe", berichtet Hans-Georg Vleugels. Seiner Rolle als bedeutender Orgelstandort wird Hardheim seither durch besondere Konzerte gerecht: Der Freundeskreis "Erftaldomorgel" veranstaltet seit 2002 jährlich drei bis vier Orgelkonzerte mit national und international renommierten Organisten und Instrumentalsolisten.
Hans-Georg und Silvia Vleugels nutzen dafür ihre guten Verbindungen zu den Größen der Orgelmusik. So spielte der Prager Komponist Prof. Petr Eben sein letztes Auslandskonzert in Hardheim. Unzählige weitere Höhepunkt folgten, und so kann Hans-Georg Vleugels heute zu Recht festhalten: "Nach einer solche Konzertreihe würde sich jede Großstadt die Finger lecken."