Klaus und Christian Münkel vor ihren Fahrschul-Fahrzeugen. Der Buchener Fahrschullehrer hat die Erlaubnis zur beruflichen Fahrausbildung, insbesondere für Bus und LKW. Foto: zg
Osterburken/Buchen. (jasch) "Die Frage, wie es weitergeht, beschäftigt alle Fahrlehrer", betont Paul Wohlfart, Leiter der Fahrschule Wohlfart in Osterburken, der in Hüngheim, Seckach und Adelsheim weitere Fahrschulen im Bauland betreibt. Wie viele seiner Kollegen habe er den Corona-Gipfel der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin mit Spannung betrachtet. Das Ergebnis bezeichnet der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg als "enttäuschend": Fahrschulen dürfen frühestens erst wieder ab dem 7. März öffnen.
Durch die Verlängerung kommen noch weitere acht Wochen zu den zwei Monaten des ersten Lockdowns hinzu. Die Situation der Fahrschulen werde so immer prekärer. Viele kämpften mittlerweile verzweifelt um ihre Existenz, so der Verband, denn Unterrichtsraummieten und Fahrzeugkosten laufen trotzdem weiter. "Man muss auf Reserven und die Alterssicherung zurückgreifen", erklärt Paul Wohlfart.
Torsten Blum führt in Adelsheim als Solo-Selbstständiger „Blumi’s Fahrschule“. Wie viele andere seiner Kollegen bedauert er die Lockdown-Verlängerung bis zum 7. März. Foto: zg
So geht es vielen. Klaus Münkel, Fahrschullehrer aus Buchen, schickte seine drei Mitarbeiter in Kurzarbeit. Dabei empfand der Fahrlehrverband die ausgearbeiteten Hygiene- und Schutzkonzepte als tragfähig. Diese seien seit der Wiedereröffnung im Mai 2020 von den Fahrschulen diszipliniert eingehalten worden, wird unterstrichen. Unverständnis äußerte der Fahrlehrerverband außerdem über die Tatsache, dass in den Nachbarländern Bayern und Hessen Fahrschulen ohne Einschränkungen arbeiten dürften, obwohl die Inzidenz dort nicht günstiger sei als in Baden-Württemberg. Dies mache die inkonsequente Entscheidung der Landesregierung Baden-Württemberg einmal mehr deutlich, kritisierte der Verband in einer Pressemitteilung.
Einige Ausnahmen sieht die Corona-Landesverordnung allerdings vor: Für berufliche Zwecke, insbesondere für Lkw- und Bus-Fahrerlaubnisklassen sowie für Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, des Rettungsdienstes oder vergleichbarer Einrichtungen, ist laut Verordnung die Fahrausbildung weiter erlaubt. Klaus Münkel und Paul Wohlfart besitzen die entsprechenden Qualifikationen zur beruflichen Fahrausbildung. "So können wir wenigstens geringe Einnahmen erzielen. Andere, die keine C-Fahrerlaubnis besitzen, hätten hier nichts", so Klaus Münkel.
Torsten Blum beispielsweise, der als Solo-Selbstständiger eine Fahrschule in Adelsheim betreibt, ist wie viele andere Fahrschulen nur auf die Auto- und Motorradausbildung spezialisiert. Hierfür ist der Betrieb komplett untersagt, abgesehen von wenigen Ausnahmeregeln. Möglich ist demnach nach Absatz 8 der Corona-Verordnung Fahrunterricht, wenn: "die bereits begonnene Fahrausbildung unmittelbar vor Abschluss durch die praktische Fahrerlaubnisprüfung steht". Bei Blum sah das in der Praxis so aus: "Ich hatte am 17. Dezember und am 14. Januar vier praktische Fahrprüfungen. Per Definition durfte ich also vom 18. Dezember bis Anfang Januar keine anderen Fahrschüler ausbilden", erklärt Blum die Situation.
Paul Wohlfart betreibt im Bauland drei Fahrschul-Standorte. Er und seine Fahrschul-Kollegen machen sich Sorgen, dass der Lockdown den Abschluss der Fahrausbildung verzögert. Foto: zgMünkel, Wohlfart und Blum weisen bei der aktuellen Regelung auf ein weiteres Problem hin: "Fahrschüler, die vor dem Lockdown mit dem Fahren angefangen haben, brauchen erfahrungsgemäß durch die lange Pause mehr Übungsstunden. Es droht so ein ,Fahrschüler-Stau‘", sagt Münkel. Seine Fahrschule habe im letzten Jahr rund 450 Schüler betreut, die fertig werden müssten – auch in der Corona-Pandemie. Schon im Vorfeld müssten Fahrschüler deshalb für den Führerscheinerwerb mehr Zeit einplanen und mit Wartezeiten in der praktischen und theoretischen Ausbildung rechnen.
"Die Fahrschüler sind natürlich enttäuscht, dass sich ihr Ziel, der Erhalt des Führerscheins, einige Wochen hinauszögert. Und bei dem ein oder anderen könnten sich die Kosten der Ausbildung erhöhen, wenn nach mehrwöchiger Unterbrechung bei den Grundlagen nachgeschult werden muss", mahnt Wohlfart.
Um diesem Zustand entgegenzusteuern, bieten viele Fahrschulen Online-Unterricht an. Blum und Münkel haben kürzlich die Software für den Online-Unterricht installiert. So könne Blum wieder 24 Fahrschüler, anstatt wie vor dem Lockdown und unter Beachtung der "AHA-Regeln", acht Fahrschüler im Theorieteil unterrichten. Abgesehen vom technischen Aufwand und einer guten Internetverbindung müssten hierfür etliche Nachweise und Formulare für die Behörden erbracht werden. Trotzdem seien diese Schritte besser als gar keine, finden die Fahrschulen. So hofft Blum wenigstens auf eine Art Hybrid-Unterricht, falls der Regelbetrieb nach dem 7. März gesperrt bleiben sollte.
Wie wichtig die Fahrausbildung ist, merken Blum, Münkel und Wohlfart täglich: "Gerade die jungen Schüler wollen den Führerschein machen. Jeden Tag rufen welche an, ob es etwas Neues gibt, und leider müssen wir sie vertrösten", so Münkel. Die Führerscheinplanungen müssten immer wieder geändert werden. Das sei für alle Beteiligten frustrierend.
Frustration will man hier aber auf gar keinen Fall mit Stillstand gleichsetzen. Der Fahrlehrerverband will kämpfen, denn "diese Ungleichbehandlung ist nicht hinnehmbar!" Daher will man sich unmittelbar nach der heutigen Demo an die Politik wenden – vorrangig an die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) – und auf die prekäre Lage der Fahrschulen hinweisen und eine zeitnahe Wiedereröffnung einfordern. Außerdem prüft man den Klageweg vor dem Verwaltungsgericht.
Info: Am Donnerstag findet eine Demo des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg in Stuttgart statt.