Von Anthea Fischer
Buchen. (afi) An dem zweistündigen Forum Kirchenentwicklung nahmen am Montagabend viele interessierte Mitglieder des katholischen Dekanats Mosbach-Buchen teil. Neben einem ersten, informativen Teil hatten die Anwesenden auch die Chance, Fragen, Anregungen und Reaktion im Bezug auf das Arbeitsinstrument "Pastoral 2030" zu äußern. Hierbei wurde viel Kritik laut.
Durch den Abend führte Pastoralreferentin Johanna Vehring, die zu Beginn erklärte, dass ein Forum ein Marktplatz sei, auf dem Meinungen gebildet und ausgetauscht werden würden, wodurch auch neue Sichtweisen entstehen könnten. Nebst den anderen Beteiligten begrüßte sie auch Bürgermeister Roland Burger und Dr. Björn-Christian Kleih, den erste Landesbeamten des NOK.
In einem Rund 30-minütigen Vortrag informierte Wolfgang Müller, der das Projekt "Pastoral 2030" in der Erzdiözese Freiburg begleitet, über dieses Arbeitsinstrument, das als Ausführung des Kapitels "Kirchenentwicklung vor Ort" in den 2017 veröffentlichten Diözese Leitlinien zu verstehen ist. Hierzu zitierte er den Erzbischof: "Im Jahr 2030 lässt es sich in der Erzdiözese Freiburg gut katholisch sein." Damit sei gemeint, dass Stephan Burger sich wünsche, dass die Kirche nah beim Menschen ist, es eine lebendige Gemeinschaft gibt, die Kirche eine gesellschaftliche Relevanz hat und die Verwaltung nicht Selbstzweck ist.
Die Gründe für die notwendige Kirchenentwicklung seien vielfältig und keineswegs einzig und allein auf den Priestermangel zurückzuführen, so Wolfgang Müller: "Zu den Gründen zählt unter anderem, dass die Menschen heute ihre Religion frei wählen können und der soziale Druck entfällt, aber auch, dass die Welt kleiner wird, da der Mensch überall hinreisen kann. Außerdem werden die Gesellschaftsverhältnisse neu konfiguriert."
Zu den Anlässen zählten die Abnahme der Anzahl an Katholiken, aber auch der Rückgang an Kirchenbesuchern sowie die Personalentwicklung in allen pastoralen Berufen und die damit verbundene sinkende Bereitschaft, solche zu ergreifen als auch der Rückgang der Finanzen.
Die daraus resultierenden Konsequenzen seien starke strukturelle Veränderungen, die mit schmerzhaften Abschiedsprozessen verbunden seien. "Aus den bestehenden 224 Pfarreien sollen 40 werden. Das bedeutet auch eine Neuordnung der Dekanate. Damit verbunden ist der Aufbau von pastoralen Zentren", erklärte Wolfgang Müller.
Dabei würde die Leitung der Pfarrei bei einem Priester liegen, während die Gemeindeleitung von anderen Personen, denkbar sind sogar Ehrenamtliche, übernommen werden könnten. Welche Kompetenzen und Aufgaben wer erhält, sei aber noch klärungsbedürftig.
"Wir haben uns bewusst bis 2021 Zeit genommen, um Fragen zu klären und uns Gedanken in verschiedenen Fachgruppen zu machen, wie die Zukunft aussehen kann. Dabei sind auch alle Katholiken der Erzdiözese gefragt: Auf der Homepage kann jeder ein Rückmeldeformular ausfüllen und sich so aktiv in den Prozess einbringen", betonte der Abteilungsleiter für Grundsatzfragen.
Anschließend fand eine angeregte Diskussion statt, in der Rückfragen gestellt, aber auch Anregungen und Kritik mitgeteilt werden konnte. Dabei wurden einzelne Beiträge mit kräftigem Applaus bekräftigt. Eine Frau äußerte sich vor allem zu der Handhabung der Eucharistie: "Wenn ich die Leitung einer Gemeinde übernehmen können soll, will ich aber auch die Eucharistie feiern können, ohne auf einen Pfarrer warten zu müssen! Bei dieser und anderen Fragen sollte das Seelenheil der Menschen über dem Kirchenrecht stehen!"
Auch fände sie es wichtig, dass die Zugangsbedingungen für pastorale Berufe verbessert werden, da man nicht für die geistliche Berufung beten und gleichzeitig viele Menschen ausschließen könne.
Dieser Punkt wurde von vielen Anwesenden in verschiedenen Varianten aufgegriffen, da einige den Priestermangel als großes Probleme einstufen. Damit verbunden ist auch die Frage mit dem Umgang des Zölibats, für dessen Abschaffung sich mehrere Personen starkmachten, aber auch die Stärkung der Frauen und damit die Herstellung von Gleichberechtigung bei pastoralen Berufen.
Kritik wurde auch gegenüber der Herangehensweise bei der Kirchenentwicklung geäußert: "Vieles ist von dem Aspekt des Priestermangels hergedacht. Aber bei Glauben- und Gemeinschaftsfragen sind wir alle gefordert. Das hängt nicht nur am Priesteramt!"
Neben Dr. Björn-Christian Kleih wiesen auch andere Anwesenden auf die Schwierigkeiten hin, die vor allem im ländlichen Raum mit größeren Einheiten entstünden. Denn die Wege seien meist schon weit genug und würden dadurch noch länger werden. Der erste Landesbeamte brachte zwei Wünsche mit: "Zum einen wünschen wir uns vom Landratsamt dezentrale Strukturen unter Berücksichtigung der geografischen Gegebenheiten aber auch mit der Rücksichtnahme auf das Ehrenamt. Dieses ist nicht unbegrenzt belastbar und kann das Hauptamt nicht substituieren. Zum anderen haben wir den Wunsch, dass Sie die Sondersituation der Wallfahrt in Walldürn bei den Planungen bedenken."
Weitere Themen, die den Menschen unter den Nägeln brannten, waren Fort- und Weiterbildungen, deren Organisation sowie Finanzierung; im Allgemeinen die Finanzen der katholischen Kirche, dabei aber auch im speziellen unnötige Ausgaben sowie die Frage, wie mit den Geldern der Gemeinden nach der Umstrukturierung zu größeren Pfarreien umgegangen werde, die Ökumene und damit verbunden die Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche, da diese auch mit ähnlichen Problemen zu kämpfen habe. Auch die bislang unklaren Formulierungen des Papiers "Pastoral 2030" wurden kritisiert.
Während der Diskussionsrunde und der anschließenden Möglichkeit, Wünsche, Vorstellung, Visionen und Ängste auf Plakaten festzuhalten, wurde deutlich, dass neben einer großen Unzufriedenheit auch viel Klärungsbedarf besteht. Abschließend ermutigten Dekan Johannes Balbach, die Vorsitzende des Dekanatsrates, Elisabeth Hell und Johanna Vehring die Anwesenden, sich aktiv einzubringen und nicht vor den Herausforderungen und Veränderungen zurückzuschrecken, sondern am Ball zu bleiben.
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