Haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt (v. l.): Frieda, Emil, Lina, Stefanie und Ralf Zang aus Gerolzahn blicken auf ein Jahr zurück, in dem alles anders war. Mit der RNZ sprachen sie über Höhen und Tiefen während der Pandemie. Foto: Kristina Wagner
Von Tabea Laier
Walldürn-Gerolzahn. Das Jahr 2020 ist vorüber – ein Jahr, von dem wohl die wenigsten behaupten können, es sei ein Jahr wie jedes andere gewesen. Für Familie Zang aus Gerolzahn, die die RNZ bereits zu Beginn der Corona-Krise über mehrere Wochen begleitet hat, hielt 2020 Höhen und Tiefen bereit.
Alles begann damit, dass Stefanie Zang mit ihrer ältesten Tochter Lina in der Mutter-Kind-Kur festsaß und aufgrund des ersten Lockdowns erst einmal nicht mehr nach Hause konnte. Währenddessen war Ehemann Ralf zuhause parallel zu seiner Arbeit im technischen Außendienst von Gießereien mit den zwei jüngeren Kindern beschäftigt. Nach einigen Wochen konnten Stefanie und Lina Zang dann zum Glück doch wieder nach Hause reisen. Ab da nahm für alle Familienmitglieder ein ungewöhnliches Jahr seinen Lauf.
Ein Jahr fast ohne soziale Kontakte: Die Kontaktbeschränkungen waren für Familie Zang eine Last, und das nicht nur organisatorisch. Denn die Großeltern, die eigentlich ab und zu auf die Kinder aufpassen sollten, gehören zur Risikogruppe. So mied Familie Zang den Kontakt zu den Großeltern zunächst einmal ganz. Aber auch die Kontakte zu Freunden litten unter den Maßnahmen. "Um manche Kontakte im Beruf kommt man einfach nicht herum, deshalb versuchen wir zumindest die privaten zu beschränken", erzählt Ralf Zang. "Besonders für die Kinder ist die Beschränkung sehr schwierig, wir mussten klare Ansagen machen, dass nicht jeden Tag ein anderer Freund getroffen wird", bedauert Stefanie Zang. Für die Kinder war es besonders schwierig, dass keine Kindergeburtstage gefeiert werden konnten. Vor dem zweiten Lockdown im November traf sich das Ehepaar dann noch einmal mit drei Freunden. Auf der einen Seite sind sie sehr froh darüber, sich noch einmal gesehen zu haben. Auf der anderen Seite setzte aber gleich das schlechte Gewissen ein. "Denn eigentlich finden wir, dass man nicht alles ausreizen muss, nur weil man es darf."
Ein Jahr mit Homeschooling: Die drei Kinder der Zangs waren unterschiedlich vom Homeschooling betroffen. "Beim Homeschooling gab es bei uns Höhen und Tiefen", berichtet Stefanie Zang. "Bei unserer großen Tochter lief das super, manchmal haben wir uns aber auch allein gelassen gefühlt." Dadurch, dass die Kinder in verschiedenen Bundesländern zur Schule gehen, waren sie fast nie gleichzeitig und regelmäßig vom Homeschooling betroffen. Erst nach 13 Wochen gab es in der Familie einen Tag, an dem wieder alle Kinder gleichzeitig in der Schule waren. "Das haben wir dann genutzt, um zu zweit frühstücken zu gehen", sagen Stefanie und Ralf Zang. Insgesamt sei die Situation, so viel gemeinsam zu Hause zu sitzen, schon eine Belastung gewesen und es habe deutlich öfter Streit gegeben. Schultechnisch hat sich die Familie inzwischen eingespielt. Darauf, wie es nun im neuen Jahr mit dem Unterricht weitergeht, sind sie noch gespannt.
Ein Jahr eingeschränkt arbeiten: Zwischen Homeoffice und Blumenstand – die Arbeitsroutine von Stefanie und Ralf Zang hat sich deutlich verändert. Ralf Zang ist beruflich normalerweise viel in Europa unterwegs. Doch nur wenige Reisen waren in diesem Jahr möglich. "So kann man nie richtig planen", bedauert der Gießereimeister. Eigentlich stünde aktuell ein Termin in Ungarn an, aber er wurde abgesagt. So muss Zang seiner Arbeit aus dem Homeoffice nachgehen. Stefanie Zang ist gelernte Event-Floristin. Normalerweise macht sie Blumenschmuck für Feste wie Hochzeiten, Kommunionen oder Konfirmationen. "Natürlich sind mir sehr viele Hochzeiten weggebrochen", erzählt sie. Eine Alternative musste her: Seit Juli verkauft sie mit ihrem "Flowertruck" Blumenschmuck auf dem Buchener Wochenmarkt. "Das ist etwas, was ich auf jeden Fall beibehalten werde", betont sie. Diese neue Verkaufsform hat nicht nur zu neuer Kundschaft beigetragen, sondern bereitet der Floristin eine Menge Spaß.
Höhepunkte im Corona-Jahr: Die jüngste Tochter Frieda wird eingeschult. Foto: privatEin Jahr mit Reisebeschränkungen: Familie Zang bangte um ihre Urlaubsreise. Ganz ohne Reisen musste die Familie zum Glück aber nicht auskommen. Der erste Lichtblick für das Ehepaar seit Beginn der Krise war ein Wochenende zu zweit in Hamburg. Im Sommer ergab sich dieser Ausflug durch einen Geschäftstermin von Ralf Zang. Außerdem war ein Familienurlaub nach Belgien geplant und schon gebucht. "Wir haben lange überlegt, ob wir das wirklich machen sollen", erinnert sich Stefanie Zang. Letztendlich war Belgien zu dem Zeitpunkt kein Risikogebiet und Familie Zang reiste hin. "Dass wir diese Reise gemacht haben, war wirklich wichtig für uns", meint Familie Zang. "Es war menschenleer, so konnten wir die Leute gut vermeiden." Aber auch die freie Zeit zuhause brachte die Familie gut herum. 2019 noch hatten sie einen Pool im Garten gebaut. "Das war ein guter Schachzug", freut sich Ralf Zang. So fühlten sich die Zangs in Gerolzahn nicht eingesperrt. Jeden Sonntag machte die Familie einen Ausflug in der Gegend und war erstaunt, was direkt vor der Tür alles zu entdecken ist.
Ein Jahr ohne große Feiern: Die Familie beschränkte ihre Feste auf ein Minimum. Große Geburtstagsfeiern gab es dieses Jahr bei Familie Zang nicht. Auch Weihnachten feierten sie nicht einmal mit den Großeltern. Dennoch gab es Anlässe für Feierlichkeiten. Zum einen hatte Sohn Emil im September seine Erstkommunion. Schwierig blieb die Organisation bis zuletzt. Vonseiten der Kirche war die Lage kompliziert und dann musste auch noch eine Gaststätte gefunden werden. Und natürlich spielte die Kontaktbeschränkung wieder eine Rolle: Die Gästeliste für die Kirche musste auf wenige Personen gekürzt werden. Trotzdem war diese Feier natürlich ein großes Highlight in diesem Jahr. Kurz danach wurde die jüngste Tochter Frieda eingeschult – in abgespeckter Variante. "Aber sie hat sich darüber gefreut, das ist das Wichtigste", meinen die Eltern.
Sohn Emil feiert seine Erstkommunion. Foto: privatEin Jahr Zeit für Kreativität: Ralf Zang nutzte die freie Zeit mit einer Art Videopodcast. Auf Instagram gründete er im März das sogenannte "Steinacker TV". Jeden Freitag um 21 Uhr redet er vor inzwischen über 400 Zuschauern mit interessanten Menschen über alles Mögliche. Mit dabei war unter anderem bereits Dr. Harald Genzwürker. "Es geht darum, Lustiges und Informatives zu verbinden", erklärt Ralf Zang die Idee.
Die Highlights des Jahres waren für die Familie definitiv der Urlaub in Belgien, die Kommunion und die Einschulung. "So merkt man erst einmal, wer und was einem wirklich am Herzen liegt", meint Stefanie Zang. Für sie war die Erfindung ihres "Flowertrucks" ein echter Höhepunkt, auf den sie sehr stolz ist. "Ohne Corona wäre er nie entstanden", sagt sie. Dass irgendwann mal wieder alles normal ist, ist für das Ehepaar fast unvorstellbar, so sehr haben sie sich doch an ein Leben ohne Menschenmassen gewöhnt. Umso mehr freuen sie sich darauf, endlich wieder ein Konzert besuchen zu können.
Für die begeisterten Fastnachter ist es besonders schlimm, dass die fünfte Jahreszeit dieses Jahr wohl ausfallen wird. Umso mehr schätzen sie jetzt, dass die Fastnacht 2020 noch stattgefunden hat. "Es war nicht alles schlecht", ist ihre Gesamtbilanz für das Corona-Jahr 2020. "Wir haben das Beste draus gemacht und stecken auch jetzt den Kopf nicht in den Sand, denn Jammern nützt nichts!"