Das Drei-Glocken-Gelände, vom Bahnhof aus betrachtet: Die Fraktionen interessieren sich für die neuen Ideen, kritische Untertöne sind aber unüberhörbar vorhanden. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Der Inhaber des Drei-Glocken-Centers will sein Gelände neu ausrichten, und die Fraktionen haben dafür Verständnis: Nach dem Abgang des Ankermieters, dem Hit-Markt, blieb ja wenig anderes übrig. Und natürlich wollen alle nun erst einmal Unterlagen sehen. Doch ist es eine gute Idee, den Neuanfang mit einem Dreisternehotel und der Ansiedlung einer geriatrischen Einrichtung zu verbinden? Die ersten Statements aus den sechs Fraktionen gehen hier durchaus auseinander, wie eine Umfrage dieser Zeitung ergibt. Es folgt die Zusammenfassung – verbunden mit einem Dank an die Fraktionen für die zügigen Antworten.
> Uli Sckerl (GAL) erinnert an die Debatten um die erste Umnutzung der früheren Teigwarenfabrik: "Damals konnte man mangels anderer Pläne einem Hotel positiv gegenüberstehen." Damals wie heute müsse die Kommunalpolitik jedoch dem Hotel-Bedarf – vor allem für Geschäftsleute – folgen, aber keinen Verdrängungswettbewerb entfachen. Ob Rihms Orientierung an Einrichtungen, die es bereits gibt, Sinn macht, "darf bezweifelt werden", so Sckerl. Die Frage nach einer Anpassung des benachbarten Hotel-Konzepts an der Mannheimer Straße stelle sich für ihn nicht: Schon vor Corona habe es keinen Bedarf an gleich zwei neuen Hotels gegeben. Jetzt ändere sich das Reiseverhalten. Der Bedarf orientiere sich nun eher an Qualität denn an Bettenzahlen.
> Günter Bäro (Freie Wähler) erwähnt das Einzelhandelsgutachten von 2008. Damals habe er betont, dass man die Konkurrenz von Drei-Glocken-Areal und Weinheim-Galerie (damals im Bau) nicht verhindern dürfe. Auch die Freien Wähler seien einem Hotel gegenüber nicht abgeneigt gewesen, schon wegen der Nähe zu Bahnhof und Stadthalle. "Wir freuen uns über jede Initiative zur Belebung Weinheims, gleichzeitig möchten wir vermeiden, dass aufgrund fehlender Überlegungen Leerstände entstehen", fordert Bäro eine Analyse der coronabedingten Probleme im Hotelbereich. "Eine geriatrische Einrichtung in Verbindung mit einer Beherbergung wäre vielleicht überlegenswert", sagt er. "Und wir wollen wissen, warum es an der Mannheimer Straße nicht weitergeht", sagt er zu dem Konzept gegenüber.
> Heiko Fändrich (CDU) hält ein Hotel in Bahnhofsnähe für "grundsätzlich sinnvoll". Daher habe die CDU 2019 das Projekt an der Mannheimer Straße befürwortet. Man hatte damals nur für das Konzept eines anderen Investors gestimmt, war aber unterlegen. "Wir hätten es begrüßt, wenn Rihm damals sein Investitionsinteresse bekundet hätte." Grundsätzlich sei das Hotelprojekt auf dem Drei-Glocken-Areal eine städtebauliche Chance. Aber auch die CDU bezweifelt, dass es eine Nachfrage für zwei ähnliche Hotels gibt. Einen ruinösen Wettbewerb zulasten der Ansässigen wolle man nicht. Rihm solle die Gepflogenheiten des politischen Diskurses respektieren; und die Stadt solle erklären, warum das Projekt an der Mannheimer Straße offenbar stockt.
> Auch Stella Kirgiane-Efremidou und die SPD waren rund um das Jahr 2010 offen für einen Beherbergungsbetrieb auf dem Gelände der alten Nudelfabrik, wobei es damals kein Investorenkonzept gab. "Die Fraktion war immer der Meinung, dass die Ausgestaltung eines Hotelneubaus an die aktuelle Lage angepasst werden müsste." Zu den aktuellen Plänen wollen die Sozialdemokraten noch nichts sagen: "Eine Beurteilung unsererseits wird erst erfolgen, wenn wir die Vorlage gewissenhaft durcharbeiten können", teilt die Fraktion mit. Daher sehe die SPD auch keinen Grund, sich zu dem 105-Zimmer-Konzept auf der anderen Seite der Bahntrasse zu äußern. "Da es noch keine belegbaren Informationen zum Vorhaben am Drei-Glocken-Center gibt, ist für uns die vorhandene Entscheidung für das Hotelkonzept an der Mannheimer Straße bindend.
> Carsten Labudda (Die Linke) steht dazu, "dass Weinheim ein neues Hotel vertragen kann". Das Drei-Glocken-Gelände sei geeignet: für Anreisende, aber auch städtebaulich. Deshalb habe die Verwaltung Rihm kontaktiert – vor der Entscheidung für das Konzept an der Mannheimer Straße. Er erteilte einer Hotelnutzung damals eine Absage. Wie Rihm nun kommuniziert, "empfinden wir als befremdlich." Der Gemeinderat müsse über die städtebauliche Veränderung entscheiden. Dennoch scheine Rihms Konzept "Hand und Fuß" zu haben. Wenngleich auch Labudda angesichts zweier Hotels am Bahnhof vor einer Investitionsruine warnt und an die eingesessenen Hoteliers erinnert. Es komme auf die Investoren an der Mannheimer Straße an. Sollten diese scheitern – da sich ein halbes Jahr lang wenig tat –hätte Rihm gute Karten, so Labudda.
> Für Wolfgang Wetzel und die FDP stand die Zulässigkeit von Beherbergungsbetrieben rund um das Jahr 2010 nicht im Vordergrund. Die neuen Ideen für eine geriatrische Reha könnten Lücken schließen, so der Liberale. Ob die Kombination mit Betreutem Wohnen funktioniert, bleibe abzuwarten, solche Vorstellungen seien schon in den Schlossbergterrassen nie zum Tragen gekommen. "Jeder Akteur in einer Marktwirtschaft muss eigenverantwortlich kalkulieren, dies hat der Investor an der Mannheimer Straße getan." Eine Aufstockung von 105 auf 120 Zimmer erscheine nicht logisch. Angesichts der Prognosen für die Hotel-Landschaft bezweifle er, dass es eine hinreichende Auslastung für zwei Hotels (gleicher Standort und Segment) gibt. Ein Verdrängungswettbewerb gehe zu Lasten der Eingesessenen.