Das Weinheimer Klimabündnis erinnerte mit wenigen Aktiven, aber vielen angezündeten Teelichtern daran, dass sich die Welt 2015 darauf geeinigt hatte, den Klimawandel einzudämmen. Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim. Vor etwas mehr als fünf Jahren, am 12. Dezember 2015, wurde in Paris das erste Klimaschutzabkommen der Vereinten Nationen unterzeichnet. Nach vielen Jahren intensiver Verhandlungen haben sich darin alle damals 195 Staaten der Erde dazu verpflichtet, die Weltwirtschaft auf klima-freundliche Weise zu verändern und die Erderwärmung auf unter eineinhalb Grad Celsius zu drosseln. Damals gab es viel Hoffnung, dass dies den Wendepunkt markieren würde.
"Doch von den hehren Zielen des Abkommens ist bislang kaum etwas umgesetzt worden", zeigt sich Kerstin Treber-Koban vom Weinheimer Klimaschutzbündnis enttäuscht. 2020 habe man es noch immer nicht geschafft, die globale Emissionskurve nach unten zu biegen.
Ressourcenschonung mit Wohlstand in Einklang bringen
Gemeinsam mit der Jugendbewegung "Fridays for Future" und den "Parents for Future" ("Eltern für die Zukunft") setzen sich die Mitglieder des Weinheimer Klimaschutzbündnisses dafür ein, die Versprechen von Paris einzuhalten, um "das Fieber der Erde zu senken". Dem Bündnis gehören auch die Bürgerinitiative Breitwiesen, der örtliche Naturschutzbund (Nabu), der lokale Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club sowie GAL, Grüne und Jusos an.
Allein ambitionierte Maßnahmen aller Beteiligten könnten die Wucht der Klimaerhitzung noch abmildern. Alle Staaten müssten jetzt ihre Klimaziele drastisch erhöhen und konkrete Instrumente beschließen.
Klimaschutz sei inzwischen ein Thema, welches überall diskutiert wird, so Treber-Koban im Verlauf einer kleinen Mahnwache vor dem Marktplatzbrunnen, die noch vor dem Lockdown stattfand. Mithilfe von 112 brennenden Teelichtern bezwecke man in einer "coronakonformen Aktion anstelle einer großen Demo" dreierlei, so die Bündnissprecherin im Beisein des Landtagsabgeordneten Uli Sckerl (Die Grünen). Zum einen wolle man auf das Scheitern der bisherigen Bemühungen, die Klimakrise einzudämmen, aufmerksam machen. Durch die Kerzen solle darüber hinaus ein Zeichen der Hoffnung gesetzt und damit nicht zuletzt der unmissverständlichen Forderung "#Fight-For1Point5" ("Kämpfen für 1,5 Grad") Ausdruck verliehen werden. Diese eineinhalb Grad markieren den Wert, den anerkannte Wissenschaftler als Obergrenze errechnet haben, um unumkehrbare Veränderungen des Weltklimas zu verhindern.
Auch in Weinheim fühle man sich der globalen Klimaschutz-Bewegung verbunden und begreife, dass die Menschen weltweit miteinander verbunden sind. Deshalb sei auch in der Zweiburgenstadt ein engagiertes Handeln für die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles von Bedeutung. Allerdings gebe es immer noch zu viele Widerstände gegenüber notwendigen Veränderungen, kritisierte Treber-Koban. So werde die Wirtschaft wieder und wieder als Gegenpol zum Klimaschutz benannt und dabei stets das Gespenst der Wettbewerbsschwäche als Argument gegen den Klimaschutz bemüht.
Diese Argumentation sei aber längst widerlegt, verweist Treber-Koban auf "zukunftsweisende Wirtschaftskonzepte, die beides vereinen". Dazu braucht es allerdings den "Mut, diese umzusetzen, Erfahrungen zu sammeln und sie weiterzuentwickeln".
Das heute existierende weltweite Wirtschaftswachstum, in dem zumindest ein vergleichsweise großer Teil der Menschheit in Wohlstand, Reichtum und scheinbar nicht enden wollendem Wachstum lebt, sei nicht kaputt, "es funktioniert". Aber es basiere auf Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Deshalb sei es an der Zeit, einen grundlegenden Wandel in die Wege zu leiten.
Solange die Menschheit kein System hat, das den Schutz der Menschen überall und letzten Endes des Planeten Erde als "unser Haus" zum Ziel hat, seien alle "außer den Reichsten" mit zunehmender Unsicherheit und Armut konfrontiert. Der Übergang müsse in hohem Tempo, aber auf gerechte Weise vonstattengehen. Aktuell hat die Europäische Union ihr Klimaziel verschärft. Bis 2030 soll der Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent sinken.